Das Buch und die Autoren

Zukunftsorientierte Personalentwicklung - Flesch - Rezension - Dr. Oliver Mack - xm-instituteDas heutige Buch “Zukunftsorientierte Personalentwicklung – Eine werteorientierte Lernkultur im Unternehmen etablieren” ist zu Beginn des Jahres bei Haufe als Paperback und eBook erschienen. Es reiht sich in eine Reihe Bücher ähnlicher Thematik ein, die wir hier schon besprochen haben. So etwa:

Der Autor, Christian Flesch, ist Praktiker, HR-Berater und Dozent an der FOM zum Thema HR/ Personalentwicklung und stellt sich die Frage, wie eine werteorientierte Lernkultur im Unternehmen entwickelt werden kann und so Mitarbeitende langfristig gewonnen und gebunden werden können. Anhand des Beispiels eines Versicherungskonzerns (Flesch war in seiner Laufbahn Führungskraft in einem solchen) führt er durch die von ihm entwickelte Methode des Personalentwicklungs-Checks (=PE-Check°). Das Buch will sich hierbei als Werkzeugkoffer mit sofort in der Praxis anwendbaren Tools verstanden wissen.(Flesch, 2023)

Es hat einen Umfang von rund 240 Seiten und umfasst neben Vor- und Schlusswort, Literatur- und Stichwortverzeichnis 8 Hauptkapitel. Steigen wir nun genauer ein. 

Die Inhalte

In der Einleitung liefert Flesch zunächst einen Abriss über Ziele und Struktur des Buches und thematisiert hierzu knapp die gängigen Trends, wie VUCA, Agilität, Homeoffice und Economy 5.0, die allesamt eine Herausforderung auch für die Personalentwicklung von Organisationen darstellen. “Mit dem PE-Check°, den ich Ihnen in diesem Buch vorstelle, zeige ich einen Weg auf, wie Unternehmen und Organisationen feststellen können, wo sie heute mit der Personalentwicklung stehen und wie sie in einem lernenden Prozess den Wandel im Unternehmen mit Hilfe der Personalentwicklung erfolgreich gestalten. (…) Ganz gleich, ob Sie Unternehmenslenkerin, Führungskraft, Experte, Projektleiterin oder Berufseinsteiger sind: Ich habe zielführende Hinweise und Übungen für Sie eingebunden. Dem Motto von Steve Jobs folgend – »Einfachheit ist die höchste Form der Raffinesse« – habe ich dieses Buch für Sie geschrieben.” (Flesch, 2023, 16).

Kapitel 2 – Kompetenzen beschäftigt sich zunächst mit dem Kompetenzbegriff, der aus Sicht des Autors die Basis moderner Personalentwicklung darstellt. In Kapitel 2.1 vertritt er dabei die These, dass für den zukünftigen Erfolg Mindset und Fähigkeiten einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil darstellen werden. Kapitel 2.2. betont die Bedeutung von Kompetenzen als Persönlichkeitsmerkmale, die sich in Kenntnissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Einstellungen widerspiegeln. Der Autor verwendet hier das Instrument des Kompetenzatlas von Erpenbeck & Heyse, um die Erstellung möglicher Anforderung- und Kompetenzprofile zu erleichtern. Dabei stellt Flesch  die Frage, wie Kompetenzen bei Mitarbeitenden evaluiert und identifiziert werden können; handelt es sich dabei doch nicht um Qualifikationen, die man in den Unterlagen findet. Im Folgenden wird dann ein Selbsttest zum Thema Selbst-Fremdeinschätzung angeboten und über einem Kompetenzprofilvergleich dargestellt, wie praktisch mit diesen Profilen gearbeitet werden kann. Auch wird dargestellt, wie sich der Autor die Ableitung von Kompetenzaspekten aus der Anforderung von mehr Homeoffice vorstellt. In einem weiteren Unterkapitel gibt Flesch dann Tipps, wie sich Kompetenzen im Rahmen von (Bewerber-)Interviews “entschlüsseln” lassen. Eigentlich ganz einfach: Kompetenzprofil bereithalten und zu jeder Kompetenz ein Beispiel des Interviewten aus der Vergangenheit erzählen lassen.

Im 3. Kapitel gehts dann um das Grundverständnis zur Personalentwicklung. Nach einer Begriffsklärung geht es zunächst um die veränderten Aspekte der Arbeitswelt von morgen. Es geht um die Unterschiede vom Maschinenzeitalter zum Digitalzeitalter ebenso, wie um die neuen Werte der Gen Y. Hieraus leitet Flesch die Notwendigkeit einer stärkeren Vernetzung der Personalentwicklung nach Innen und Außen ab und macht anhand der Aufgaben der PE die Notwendigkeit der Veränderung auch in diesem Bereich deutlich.

Kapitel 4 – Megatrends und ihr Einfluss auf die Personalentwicklung vertieft die Einführung aus Kapitel 3 und beschreibt umfassend die Auswirkung der Megatrends Digitalisierung, Wertewandel, Demographischer Wandel und Globalisierung auf den Arbeitsmarkt sowie die Personalentwicklung.

Im Kapitel 5 – Digital unterstütztes Lernen gehts dann um auf 7 Seiten um neue, andere Formen des Lernens, die über den Classroom hinausgehen. In einem Schnelldurchlauf werden wesentliche Aspekte von Lernplattformen, digitalem Content und individuellem Lernen angerissen.

Kapitel 6 setzt sich dann mit dem Thema “Lernkultur und Führungskräfte-Entwicklung” auseinander. In einem ersten Teil geht es um die Frage der Lernkultur im Unternehmen. Zum Aufbau einer solchen empfiehlt der Autor die Bestandsaufnahme mit dem im Kapitel 7 beschriebenen PE-Check° und eine hieraus erfolgte Ableitung von weiterführenden Fragen an das PE Team, mit dem es darum geht, ein gemeinsames Verständnis für die PE zu schaffen, um dann nach Außen aktiv an der Lernkultur arbeiten zu können. In einem zweiten Teil des Kapitels geht es dann um das Thema Führung. Es wird mit dem Fokus auf Führungspersönlichkeit eingeleitet, geht über die Führungsstile hin zu Führungskompetenzen und Führungswerkzeugen, wobei klassische Tools, wie Malik’s Führungsrad, Mitarbeitergespräch, Teammeetings oder die Delegation von Aufgaben und die SMARTness von Ziele vorgestellt werden. Ein dritte Teil geht dann auf einer Seite knapp auf “aktuelle Entwicklungen im Bereich Führung” ein.

Kapitel 7 ist mit “Der PE-Check°” überschrieben. Der Autor weist zu Beginn darauf hin, dass er diesen zwar ausführlich vorstellt, aber dennoch eine neutrale externe Durchführung von einem Berater empfiehlt, um so die Neutralität und Glaubwürdigkeit der Ergebnisse zu wahren. In einem ersten Schritt des Check erfolgt eine Arbeitgeber-/ PE-Befragung mit geschlossenen Ja/ Nein-Fragen zu den Rahmenbedingungen im Unternehmen, der Diagnostik und des Onboardings, Angeboten zur Aus- und Weiterbildung, zum Thema “Führung” und “Digitalisierungsgrad in der Aus- und Weiterbildung”. Für die Auswertung werden die Fragen sieben verschiedenen vom Autor definierten “Qualitätskriterien” zugeordnet. Die Fragebögen sind im Detail in den folgenden Unterkapiteln abgedruckt und beschrieben. In einem zweiten Schritt erfolgt eine Mitarbeiterbefragung mit dem Ziel, Hinweise auf die Wirksamkeit der PE Angebote zu erhalten. Auch hier werden die notwendigen Fragen dargestellt und diesmal auf Skalen bewertet. Der dritte Aspekt ist die Sammlung von Unternehmenskennzahlen zum Thema HR/ PE, die dann als Benchmark mit anderen Unternehmen verglichen werden können. Als abschließender Schritt wird eine Zusammenfassung der Ergebnisse empfohlen. Die Fragebögen und Ausfüllhilfen gibts als Download zum Buch. 

Im 8. Kapitel “Die XYZ Versicherung und der PE-Check°” erfolgt dann die Beschreibung des Verfahrens anhand eines konkreten Fallbeispiels. Viel Raum neben der Prozessbeschreibung nimmt hier die Darstellung der in diesem Falle abgeleiteten Maßnahmen ein. Dabei werden die Einrichtung eines High-Potential Förderkreises im Vertrieb ebenso beschrieben, wie die Überarbeitung des Führungskräfte-Seminars. Besonders umfangreich beschreibt Flesch den eingeführten “Führungskräfte-Reminder”, mit 52 Führugnsimpulsen in 52 Wochen.

Ein kurzes Schlusswort rundet das Buch ab.

Das Fazit

Mir scheint das Buch stark durch die Herkunft und den Werdegang des Autors geprägt. Aus einer sehr konservativen Branche kommend, der Versicherungsbranche, zeigt sich auch der Inhalt des Buchs zu Themenkomplex PE entsprechend traditionell. Die ist keineswegs wertend, sondern eher einordnend beschreibend gemeint: So ist der eher traditionell-konservative Leser hier mit der Arbeit mit Kompetenzmodellen, dem vertretenen PE-Verständnis sehr gut aufgehoben. Die einleitenden Kapitel geben einen guten Überblick über die aktuellen Trends und die Herausforderungen für die konservative PE in diesem Kontext. Der PE-Check° ist ein solides klassisches Beratervorgehen für die gestellte Aufgabenstellung, mit allen Vorteilen der Vereinfachung, aber auch allen Nachteilen traditioneller Befragungsinstrumente, wie soziale Desirabilität und anderen Biases.

Das dem Buch zugrundeliegende Bild ist stark vom einzelnen Individuum geprägt und damit von der Idee, dass PE die Aufgabe der Weiterentwicklung der einzelnen Individuen in einer Organisation hat. Dies blendet meines Erachtens moderne systemische Ansätze aus. So sind moderne PE Ansätze, die eine Lernkultur und Weltkultur in Organisationen fördern wollen, aus unserer Sicht immer nur integriert mit dem Thema OE zu denken. Hierbei zeigt sich der Erfolg von kooperativer Arbeit und Führung weniger am Individuum, sondern mehr an der Art und Weise der Zusammenarbeit, was signifikante Auswirkungen auf die verzahnte Arbeit der PE und OE in Organisationen hat. Auch kann die “Kompetenzarbeit am Individuum” von diesen als wenig wertschätzend oder gar übergriffig empfunden werden – gerade dann, wenn es sich um die jüngeren Generationen handelt. Auch etwas zu kurz kommen mir die Ableitungen zu neuen Formen des Lernens in Organisationen sowie die im Titel aufscheinende Thematik der Wertorientierung, so dass für mich der Titel die Inhalte nicht ganz trifft. Klarer wäre etwa z.B. gewesen: “Das PE-Check – Praktische Überprüfung des Status Quo der Personalentwicklung und Ansatzpunkte zur Weiterentwicklung”.

Das Buch sei somit allen HR Expert*innen und Berater*innen empfohlen, die in eher traditionell-konservativen Unternehmen und Organisationen unterwegs sind und systematische klare Raster zur Kompetenzerfassung und Individualentwicklung sowie der damit verbundenen Weiterentwicklung der PE-Funktion suchen. Auch Leser, die ein pragmatisches klassisches Berater-Tool zur Bestandsaufnahme der PE-Situation in Organisationen suchen, sind gut bedient. Leser, die eher einen integrierteren PE-OE-Blick auf die Materie suchen, seinen eher auf andere Werke verwiesen. 

Flesch, Christian (2023). Zukunftsorientierte Personalentwicklung. Haufe: Freiburg.

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Anmerkung zur Transparenz: Das Buch wurde dem Autor dieses Artikels vom Verlag kostenlos zur Rezension zur Verfügung gestellt. Die Meinung des Autors ist hiervon jedoch nicht beeinflusst.