Das Buch und die Autoren

Immersive Unternehmenswelten - Jeremy Dalton Olaf Acker - Rezension - Dr. Oliver Mack - xm-instituteHeute geht es um ein soeben bei Schäffer-Poeschel erschienenes Buch, das den Untertitel “Wie Virtual, Augmented und Mixed Reality die Wirtschaft verändern können” trägt. Es ist eine Übersetzung aus dem Englischen und ist zunächst 2021 im Original unter dem Titel “Reality Check” von Jeremy Dalton erschienen. Jeremy Dalton ist Berater und Global Director of Team Metaverse Technologies bei PwC US. Bei PwC war auch der zweite Autor, Olaf Acker bis vor vor 9 Monaten tätig. Inzwischen ist er Managing Director bei EPAM Continuum, einer globalen Innovationsberatung. Das Buch ist im Deutschen als Paperback sowie als eBook erschienen. Da ich die englische Version nicht gelesen habe, kann ich keine Vergleiche anstellen, bin aber neugierig auf diese Übersetzung.

Das Buch beschäftigt sich mit einem Thema und Technologien, die es schon mehrere Jahre gibt: Virtual Reality im weitesten Sinne. 

Für diejenigen unter den Lesern, die nur wenig mit den Begriffen anfangen können:

  • Virtual Reality lässt die Nutzer mittels eines den Kopf völlig umschließenden Headsets 
  • oder eines Surround-Displays in eine vollkommen digitale Umgebung eintauchen. Diese Umgebung kann entweder von einem Computer erzeugt werden oder eine Aufnahme der physischen Umgebung sein. 
  • Augmented Reality zeigt digitale Informationen, Objekte oder Medien in der physischen Welt mithilfe eines mobilen Geräts oder eines Headsets. Diese Elemente können als zwei- dimensionale Bilder erscheinen oder sich wie scheinbar echte 3-D-Objekte verhalten. 
  • Extended Reality steht für das Spektrum der Technologien von der teildigitalisierten Welt der Augmented Reality bis zu den vollständig immersiven Erlebnissen der Virtual Reality. Manchmal werden auch die Begriffe »Immersive Technologien« oder »Spatial Computing« benutzt.” (Dalton/ Acker, 2023, S. 15)

Ich erinnere mich noch an die Zeiten, als ich einen Prototypen an einer Hochschule testen durfte. Er war so schwer, dass mir der Kopf nach kurzer Zeit schmerzte, obwohl er mit einem Gestell auf den Schultern aufsaß und die Qualität der Displays war so schlecht, dass sich nicht wirklich ein “VR Feeling” einstellen wollte. Doch inzwischen ist die Technologie soweit, dass es sich lohnt, über Einsatzgebiete im Unternehmensalltag nachzudenken. Das Buch soll hierzu Ideen liefern, auch wenn die Autoren anmerken, dass vermutlich das Buch bereits schon veraltet sein wird, wenn es auf dem Markt ist, da sich die Technologien aktuell so schnell weiterentwickeln. Also bleibt auch zu überprüfen, inwieweit das Buch dennoch seine Daseinsberechtigung hat. Steigen wir genauer ein:

Das Buch umfasst rund 250 Seiten und neben den 15 Hauptkapitel (die zwischen 3 und 13 Unterkapitel beinhalten) noch Vorwort, Glossar und Stichwortverzeichnis. Auf ein Quellenverzeichnis wurde verzichtet. Diese sind als Fußnoten in Form von Links (im eBook klickbar) in den Text integriert.

Die Inhalte

Betrachten wir die einzelnen Kapitel im Detail:

  • “Kapitel 1: Wird geladen” gibt einen Überblick Über die Begrifflichkeit und die Zielsetzung und Struktur des Buchs. 
  • “Kapitel 2: XR ist keine Spielerei” beschreibt die Vorteile von VR, AR, XR generell und in verschiedenen Unternehmensbereichen.
  • “Kapitel 3: Weiterbildung” beschreibt verschiedene Einsatzmöglichkeiten, Vorteile und Beispiele im Bereich der betrieblichen Weiterbildung, wie Softskill Trainings, Diversity und Inclusion oder dem Erwerb praktischer Fertigkeiten in verschiedensten Bereichen. Auch Beispiele der Nutzung von Augmented Reality im Servicemanagement und Gesundheitswesen wird beschrieben.  
  • “Kapitel 4: Betriebsabläufe” beschäftigt sich mit der Verbesserung bestehender Betriebsabläufe. In einem ersten Unterkapitel werden hierzu Aspekte der Zusammenarbeit, von Konferenzen und Remote Work mit AR/VR Unterstützung beschrieben.  In einem zweiten Unterkapitel gehts dann um Beispiele, die Umgebungen visualisieren, wie Stadtplanung, Urlaubsorte oder moderne Ladenkonzepte und Innenarchitekturen. Im nächsten Unterkapitel gehts dann um die Visualisierung unsichtbarer Strukturen, wie unterirdischer Versorgungsinfrastrukturen. Aber auch Beispiele aus der Kriminaltechnik in einem vierten Unterkapitel dürfen nicht fehlen. 
  • “Kapitel 5: Marketing und Vertrieb” beschreibt Beispiele aus der Welt des Verkaufes und Bewerbens, wie die Möglichkeit Dinge virtuell aus- und anzuprobieren, Neues in die bestehende Kundenumgebung einzubetten. Aber auch Ideen für die Anwendung im Bereich der Marktforschung werden diskutiert. Auch könnten virtuelle Welten als neue Werbekanäle fungieren. 
  • “Kapitel 6: Die fünf Phasen der Implementierung von XR-Technologien” geht nun nach den zahlreichen Anwendungsbeispielen auf die Frage ein, in welchen Schritten XR-Technologien eingeführt werden können. Auf drei Seiten beschreiben die Autoren knapp fünf Schritte, die zur Implementierung von XR berücksichtigt werden sollten, bevor diese dann ausführlicher in den drei Folgekapiteln dargestellt werden. So beschreibt Kapitel 7 die Herausforderungen bei der Anforderungs- und Nutzenanalyse, Kapitel 8 jene der Konzeption und Entwicklung und Kapitel 9 diejenigen bei der Bereitstellung und Auswertung. Jedes dieser Kapitel beinhaltet mögliche Stolperfallen und Beispiele. So wird beispielsweise die Frage diskutiert, ob eher 360° Video oder Computergerenderte Bilder für das eigene Projekt Verwendung finden sollten, oder etwa die Frage, welche Kompetenzen im Team für ein Projekt dieser Art nötig sind oder wie man mit der Hardware zu einem solchen Projekt umgehen sollte.
  • “Kapitel 10: Leitfaden für Einsteiger zur Erstellung von 360-Grad-Videos” wurde von einer Gastautorin erstellt. Alex Rühl ist bei PwC Großbritannien aktiv und Expertin für die Erstellung von VR-Medien. Uns so gibt sie in diesem Kapitel einen kleinen Einblick in ihre Erfahrungen Thema 360° Videos allgemein sowie in den Erstellungsprozess mit Vorproduktion, Produktion und Postproduktion. Am Beispiel eines Dialogs mit einer “schlechten” Führungskraft wird aufgezeigt, welche Vorteile sich der Möglichkeit ergeben können, so etwas einmal als Führungskraft aus den Augen des Mitarbeitenden zu erleben.
  • Kapitel 11 versucht häufige Missverständnisse und Kritikpunkte im Zusammenhang mit XR aufzuklären. Ist es nur eine neue Unterhaltungform? Macht VR seekrank oder besser cybersick? Oder: Ist das denn für große Organisationen skalierbar? 
  • Kapitel 12 beschäftigt sich dann mit der Frage, warum nach Ansicht der Autoren gerade jetzt ein guter Zeitpunkt zum Einstieg wäre. Sie sehen deutliche technologische Sprünge und gesunkene Kosten. Auch nutzen sie eine PwC Studie, um den Markt für XR etwas tiefer zu analysieren. 
  • Im Kapitel 13 beleuchtet Olaf Acker dann speziell den deutschen XR Markt. Er beschreibt hierzu knapp konkrete Beispiele und Anwendungsfelder. Ein kurzes Fazit in Kapitel 14 rundet das Buch ab. 
  • Als eine Art Anhang kann Kapitel 15 verstanden werden. Es geht etwas tiefer auf die Technologie und Hardware hinter XR ein. So werden einige technische Details zu Head-Mounted Displays, mobilen Geräten, Projektionssystemen und Großleinwänden vermittelt.  

Das Fazit

Mir hat das Buch sehr gefallen. Für alle, die sich intensiver mit dem Thema beschäftigen und einen leichten Einstieg finden wollen, ist es sehr gut geeignet. Es richtet sich weniger an Techniker und IT Freaks, denn an technikinteressierte Manager, Entscheider, Fachkräfte oder Berater, die die Business.- und Anwendungsseite der XR-Technologie etwas intensiver unter die Lupe nehmen wollen. Das Buch bietet mit vielen Beispielen Anregungen für das eigene Geschäft und macht mit den Vorgehensmodellen und dem Kapitel von Alex Rühl den konkreten Einstieg leichter. Auch meine Sorge, dass das Wissen eines bereits 2021 im Original erschienenen Buchs veraltet sein könnte, hat sich nicht bestätigt. Den Autoren gelingt es, sich nicht auf die neuesten Trends zu fokussieren, sondern eine breite Grundlage zum XR Verständnis zu leisten. Auch das häufige Problem, dass bei Büchern dieser Art die meisten Internetquellen nach kurzer Zeit nicht mehr verfügbar sind, wurde gelöst: So wurden alle Links der Referenzen über den Service “perma.cc” archiviert. Dies bedeutet, dass die Links aus dem Buch auch dann abrufbar bleiben, wenn die Websites bereits verschwunden sind. Dies ist gerade bei diesem Buch wichtig, da viele Websites, die auf Beispiele referenzieren, im Netz bereits nicht mehr live verfügbar sind. Auch die Anreicherung um ein Kapitel zum deutschen XR Markt, das im Original nicht vorhanden ist, fand ich nützlich, auch wenn dieses für meinen Geschmack noch etwas umfänglicher hätte ausfallen können. Alles in allem eine runde Sache, die auch von der Übersetzung her gut ins Deutsche übertragen wurde und so einen angenehmen Lesefluss ermöglicht.

Dalton, Jeremy/ Acker, Olaf (2022). Immersive Unternehmenswelten. Schäffer-Poeschel: Stuttgart. 

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Anmerkung zur Transparenz: Das Buch wurde dem Autor dieses Artikels vom Verlag kostenlos zur Rezension zur Verfügung gestellt. Die Meinung des Autors ist hiervon jedoch nicht beeinflusst.