Richtig und Falsch: Ein Hinterfragen der Sprache im Management

Richtig - Dr. Oliver Mack - xm-instituteViele Beratungsangebote im Netz aber auch darĂ¼ber hinaus versprechen es endlich mal “richtig” zu machen und nicht mehr “falsch”. Wenn man nur mal am entsprechenden Training teilnimmt wird alles gut. Oder im Unternehmensalltag sollte der Kollege oder die Kollegin es endlich mal “richtig machen”, so, wie ich es mir vorgestellt habe.

In der dynamischen und komplexen Welt des Managements sind Begriffe wie “richtig” und “falsch” oft zu starr und unflexibel. Diese Sprache kann FĂ¼hrungskräfte dazu verleiten, nach universellen Lösungen zu suchen, die in der Praxis selten funktionieren. Stattdessen sollten wir Begriffe wie “nĂ¼tzlich” und “hilfreich” verwenden, um unsere Herangehensweisen flexibel und kontextsensitiv zu gestalten.

Konstruktivismus und Kontextabhängigkeit

Der Konstruktivismus lehrt uns, dass Wissen und Realität durch soziale Interaktionen und individuelle Wahrnehmungen konstruiert werden und nicht absolut “sind”. Gerade in komplexen Umfeldern und Systemen gilt: Was in einem Kontext als “richtig” empfunden wird, kann in einem anderen völlig unangebracht sein. Und so ist ein “richtig moderieren”, “richtig präsentieren”, “richtig Mitarbeitergespräche fĂ¼hren”, etc. oder andere heilbringende Beratungsangebote eher kritisch anzusehen. Die Perspektive des Konstruktivismus fordert uns eher auf, Managementpraktiken nicht als universelle Wahrheiten zu betrachten, sondern als kontextabhängige Strategien, die flexibel und anpassungsfähig sein mĂ¼ssen.

Die Problematik des Begriffs “Richtig”

Wenn wir von “richtig” sprechen, implizieren wir eine objektive Wahrheit, eine Methode oder ein Vorgehen, das unabhängig von den spezifischen Umständen anwendbar ist. Dies ist bestenfalls in sehr engen Themenfeldern, die auf festgelegten Regeln basieren, wie die Mathematik, der Fall. “Richtig” ignoriert oft   die Vielfalt der Situationen und die individuellen Unterschiede, die in jeder Managementaufgabe eine Rolle spielen. Ein Ansatz, der in einem multinationalen Konzern funktioniert, könnte in einem kleinen Start-up scheitern, und umgekehrt. Der Begriff “richtig” kann daher einschränkend und irrefĂ¼hrend sein, da er die Komplexität und Nuancen der Realität nicht adäquat widerspiegelt.

Eine “nĂ¼tzliche” Alternative: “NĂ¼tzlich” und “Hilfreich”

Statt “richtig” zu sagen, sollten wir uns auf Begriffe wie “nĂ¼tzlich” und “hilfreich” konzentrieren. Diese Worte betonen die Funktionalität und den Kontext einer Handlung oder Entscheidung. Eine nĂ¼tzliche Verhandlungsstrategie ist eine, die in der gegebenen Situation die gewĂ¼nschten Ergebnisse erzielt, nicht unbedingt eine, die in jedem Lehrbuch als korrekt beschrieben wird.

Ein hilfreicher Onboarding-Prozess ist bspw. einer, der neuen Mitarbeitern effektiv hilft, sich in die spezifische Unternehmenskultur und die Anforderungen ihres Jobs einzugewöhnen. Dabei wird berĂ¼cksichtigt, dass unterschiedliche Menschen unterschiedliche BedĂ¼rfnisse und HintergrĂ¼nde haben, die maĂŸgeschneiderte Ansätze erfordern.

Praktische Anwendungen im Management

Ein wesentliches Element ist es, in der FĂ¼hrung auch die eigene Sprache zu achten und das “richtig” weitestgehend aus dem Wortschatz zu verbannen (es sei denn, man erklärt eine Matheaufgabe oder eine Statikbereichnung!). Vielmehr könnte man sich angewöhnen, eher von “nĂ¼tzlich(er)” oder “hilfreich(er)” zu sprechen. Dies lässt immer Optionen offen, motiviert zum Dialog und ist an vielen Stellen, wo eine Absolutheit nicht angebracht ist (gerade auch in Situationen von Ambiguität) die bessere Wahl.

Ergänzend können neben der Sprache auch verschiedenste FĂ¼hrungsmethoden helfen, ein “richtig” im Alltag zu vermeiden. Und so stellt sich die Frage, wie wir diese Erkenntnisse im täglichen Management umsetzen können? Anstatt uns auf starre, als “richtig” geltende Methoden zu verlassen, sollten wir flexibel und kontextsensitiv agieren. Um dies im Alltag umzusetzen sind hier einige allgemeine Ideen, die durch konkrete Beispiele veranschaulicht werden:

1. Situationsanalyse: Bevor eine Entscheidung getroffen oder eine Handlung ausgefĂ¼hrt wird, sollte eine grĂ¼ndliche Analyse der spezifischen Situation erfolgen. Dies umfasst das Verständnis der beteiligten Personen, der kulturellen HintergrĂ¼nde und der besonderen Umstände.

Beispiel: Ein Teamleiter, der ein neues internationales Projekt startet, sollte die individuellen Stärken und Schwächen der Teammitglieder berĂ¼cksichtigen und Aufgaben entsprechend verteilen, anstatt starr einem vorgegebenen Plan zu folgen.

2. Flexibilität und Anpassungsfähigkeit: Methoden und Strategien sollten flexibel gehandhabt und bei Bedarf angepasst werden. Was in einer Situation funktioniert, kann in einer anderen ineffektiv sein.

Beispiel: Ein Verkaufsleiter könnte unterschiedliche Verkaufsstrategien testen und basierend auf den Ergebnissen entscheiden, welche Strategie fĂ¼r welches Produkt und welche Zielgruppe am besten geeignet ist.

3. Feedbackkultur etablieren: Eine offene Feedbackkultur ermöglicht es, ständig zu lernen und sich zu verbessern. Mitarbeiter sollten ermutigt werden, ihre Erfahrungen und Vorschläge zu teilen, um Prozesse kontinuierlich zu optimieren.

Beispiel: Nach jeder Projektphase fĂ¼hrt ein Projektmanager strukturierte Feedback-Runden durch, in denen spezifische Fragen zu Herausforderungen und Erfolgen gestellt werden. Die gewonnenen Erkenntnisse werden genutzt, um die Vorgehensweise kontinuierlich anzupassen.

4. Individuelle BedĂ¼rfnisse berĂ¼cksichtigen: Es ist wichtig, die individuellen BedĂ¼rfnisse und Perspektiven der Beteiligten zu erkennen und zu berĂ¼cksichtigen. Dies schafft eine unterstĂ¼tzende und effektive Arbeitsumgebung.

Beispiel: Ein Personalmanager entwickelt flexible Arbeitszeitmodelle, die es den Mitarbeitern ermöglichen, ihre Arbeitszeiten an ihre persönlichen BedĂ¼rfnisse anzupassen, was die Zufriedenheit und Produktivität steigert.

5. Erfahrungen und Best Practices teilen: Wissen und bewährte Praktiken sollten innerhalb der Organisation geteilt werden, um voneinander zu lernen und Synergien zu nutzen.

Beispiel: In regelmĂ¤ĂŸigen Meetings teilen FĂ¼hrungskräfte und Mitarbeiter ihre erfolgreichen Ansätze und Herausforderungen, wodurch alle von den Erfahrungen der anderen profitieren.

Fazit

Die Sprache im Management hat einen tiefgreifenden Einfluss auf die Denkweise und die Praktiken innerhalb einer Organisation. Indem wir Begriffe wie “richtig” durch “nĂ¼tzlich” und “hilfreich” ersetzen, können wir eine Kultur der Flexibilität, Anpassungsfähigkeit und Kontextsensibilität fördern. Dies fĂ¼hrt nicht nur zu besseren Ergebnissen, sondern auch zu einer inklusiveren und dynamischeren Arbeitsumgebung. In einer Welt, die sich ständig verändert, ist es entscheidend, dass auch unsere Sprache und unser Denken im Management sich weiterentwickeln. Durch die Anwendung dieser Prinzipien können wir nicht nur flexibler und anpassungsfähiger werden, sondern auch eine Kultur des kontinuierlichen Lernens und der Innovation fördern. Langfristig fĂ¼hrt dies zu einer höheren Mitarbeiterzufriedenheit, besseren Geschäftsergebnissen und einer stärkeren Marktposition. Lassen Sie uns die Art und Weise, wie wir sprechen und denken, weiterentwickeln, um die Herausforderungen von heute und morgen besser zu meistern. Daher ist Sprache ein wesentliches Element bei unseren Interventionen und Workshops in Transformationen und in FĂ¼hrungsteams.