Crashkurs Change Management - Probst - Rezension - Dr. Oliver Mack - xm-instituteDas Buch und die Autorin

Der Crashkurs Change Management trägt den Untertitel “Transformation erfolgreich gestalten” und ist soeben bei Haufe als eBook und Paperback in der “Reihe Crashkurs” erschienen. Es umfasst kompakte rund 160 Seiten, auf denen Grundlagen, Zusammenhänge und Wirkmechanismen in allen Phasen des Change-Prozesses ebenso dargestellt werden sollen, wie ein Praxisbeispiel einer Post-Merger Integration. Die Autorin, Heike Pröbstl, deren Erstlingswerk ich hier in den Händen halte, kommt ursprünglich aus dem Bereich Banken und Versicherungen und berät Organisationen im Bereich HR und Change.

Die Inhalte

Schauen wir genauer ins Buch, so finden wir neben Einleitung, Schlusswort, Literaturverzeichnis, einem Anhang und einem Stichwortverzeichnis auf knapp 140 Seiten sechs Hauptkapitel, bei denen eines, die Change Phasen (Kapitel 4) mit gut 50 Seiten dominiert, was auf den ersten Blick deutlich macht, dass sich sich wohl um ein prozessorientiertes Buch handelt. Doch steigen wir tiefer in die einzelnen Kapitel ein:

  • Im Kapitel 1 werden “grundlegende Erkenntnisse zum Change Management vermittelt” (Pröbstl, 2023, 8). So werden zunächst Begriffe wie Veränderung, Wandel oder Transformation voneinander abgegrenzt und klassische von agilen, evolutionäre von revolutionären Ansätzen zueinander abgegrenzt. Weiter geht es dann mit den vielzitierten Veränderungen des Umfelds, wie Digitalisierung, COVID und VUKA, bis abschließend auf die Unternehmenskultur geschwenkt wird. Hier werden das Eisbergmodell und Schein’s Seerosen-Modell vorgestellt und nach Chancen und Hürden bewertet. Umfassender wird nachfelgend in diesem Kontext das Spiral Dynamics Modell behandelt. Zwar betont die Autorin, dass die verschiedenen Ebenen nicht bewertend betrachtet werden sollen, dennoch handelt es sich um ein “Evolutionsmodell”. Auch wenn das Spiral Dynamics Modell sehr hilfreich scheint und auch in der Agilen Welt aktuell weit verbreitet ist, gilt es für uns am Institut aufgrund seiner “Reifegradlogik” nicht als bevorzugtes Transformations-Modell, da es Individuen und Kulturen in “Reifegrade” einordnet, die (auch ungewollt) schnell zu Abwertungen einzelner Individuen und Gruppen in einer Organisation führen können und so das Abwehrsystem im Veränderungsprozess unnötig stark aktivieren. Die Autorin sieht hier in ihrer Chancen-/ Hürdeneinschätzung vor allem den hohen generellen Anspruch, den der Ansatz mit sich bringt. In der Folge thematisiert Pröbstl weitere aktuelle kulturelle Fragen und Aspekte, wie das Thema Vertrauenskultur und Selbstverantwortung, Netzwerk- und Selbstorganisation. Letztere wird mit dem Thema Lebendigkeit in Verbindung gebracht und und vorrangig auf den Aspekt der Unternehmer im Unternehmen reduziert. Selbstorganisation wird weniger als Merkmal verstanden, das allen lebendiger Systemen gemein ist, sondern vielmehr als besondere Form der Gestaltung einer Organisation in einem höheren Reifegrad. Auch in diesem Kontext argumentiert die Autorin wieder stark mit dem Spiral Dynamics Modell. Dann gehts um das Thema Widerstand und Emotionen im Change. Hier wird die bekannte Change Curve im Sinne des Kübler-Ross Modells herangezogen. Abschließend wird in einem kurzen Unterkapitel noch der Unterschied zwischen internen und externen Change-Experten thematisiert.
  • Kapitel 2 beschäftigt sich dann mit den Zusammenhängen und Wirkmechanismen im Change und beschreibt das Bild der Autorin vom Unternehmen als System. Wobei die Autorin unter “systemisch” einerseits implizit auf das St. Gallener Management Modell referenziert, wie auch praktische Aspekte der Sichtweisen der systemischen Beratung einbezieht. Doch auch hier schwingt ein eher klassisches Modell eines stabilen Systems im Gleichgewicht mit, das es in bestimmter Art und Weise zu bewegen gilt. In einem weiteren Unterkapitel thematisiert Pröbstl den Mehrebenen-Ansatz mit der Differenzierung von Individuum – Gruppe – Organisation, der helfen kann, diese differenzierter zu analysieren. Doch auch hier vereinfacht die Autorin stark, wenn sie konstatiert: “Es gilt stets die Frage zu beantworten, auf welcher Ebene ein Problem entstanden ist, auf welcher sich eine Reaktion zeigt und auf welche es sich auswirkt.”(Pröbstl, 2023, S. 46) Hierbei bleibt der Charakter komplexer lebendiger Systeme unbeachtet, deren Ursache Wirkzusammenhänge nicht linear, sondern eben komplex sind. Alles wirkt auf alles und wir können nur versuchen, uns gemeinsame Modelle hierüber zu bilden. Die tatsächlichen Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge sind meinst nicht zu ergründen. Nützlich fährt sie dann fort, dass alle Ebenen in einem Changeprozess einer gleichwertigen und gleichzeitigen Betrachtung bedürfen. Praxisnah beschreibt die Autorin dann in einem weiteren Unterkapitel die Bedeutung von Interaktionsmustern, um dann hierzu den  Gedanken der Musterveränderung aufzusetzen, den sie als wichtigen Kern von Change-Prozessen identifiziert.    
  • Kapitel 3 behandelt dann die Erfolgsfaktoren des Change Managements. Pröbstl hat hierzu 10 Studien zum Change Management zwischen 2010 und 2020 ausgewertet, aus der sie fünf Erfolgsfaktoren ableitet: Führung, Kommunikation, Prozess, Partizipation und Befähigung. Jeder identifizierte Erfolgsfaktor wird in einem Unterkapitel näher dargestellt und wichtige Aspekte für Veränderungsvorhaben erläutert. Die Autorin stellt hier einen guten, praxisnahen Blick auf Begrifflichkeit und wichtige Aspekte in einer strukturierten Art und Weise bereit. So werden beispielsweise die besonderen Aufgaben der Führungsebenen im Changeprozess ebenso erläutert, wie verschiedene grundlegende Kommunikationsformate im Change, Change-Architektur oder verschiedene Partizipationsformen oder die Befähigung auf personeller und unternehmensweiter Ebene. 
  • Im dominanten Kapitel 4 werden dann die einzelnen Phasen des Change Prozesses anhand der klassischen Aufteilung in Analyse, Planung, Umsetzung, Integration und Evaluation näher erläutert. Dies liefert eine schöne Struktur, um die einzelnen Aspekte des Change Managements gedanklich zu durchwandern, was der Autorin sehr gut gelingt, indem sie konkrete Tools und Ansätze in jeder Phase des Prozesses beschreibt. In der Analysephase ist die Intention hierbei die Frage zu beantworten, ob eher eine klassische, weiterentwickelte oder agile Vorgehensweise zielführender ist. In der Planungsphase diskutiert Pröbstl dann klassische Phasenmodelle für ein klassisches Change Management, Einbindung durch Großgruppen für ein weiterentwickeltes und Methoden der schrittweisen (Weiter-)Entwicklung für ein agiles Change Management. Diese werden in einem guten knappen Überblick dargestellt. Leider wird im Bereich der agilen Methoden nur auf die Klassiker Diesen Thinking, SCRUM und KANBAN verwiesen. Neuere spezifische Ansätze des agilen Change Managements, wie Lean Change bleiben außen vor. In der Umsetzungsphase werden u.a. verschiedenste Paradoxien mit Lösungsvorschlägen diskutiert, die während des Veränderungsprozesses auftreten können.   
  • Kapitel 5 beschreibt einen Post-Merger-Prozess als Praxisbeispiel.
  • Kapitel 6 schließt mit einer praxisnahen Zusammenfassung ab.

Das Fazit

Das Buch ist kompakt und gut strukturiert. Es liefert trotz seiner Kürze ausgewählte Frameworks und Ansätze, die einen guten Einstieg in die Materie des Change Managements ermöglichen. Es hilft Führungskräften so, Experten die richtigen Fragen zu stellen und liefert Studierenden und Einsteigern einen ersten sortierenden Blick. Ich habe es gerne gelesen und kann es aus meiner Sicht als ersten “Crashkurs” empfehlen, auch wenn man danach vielleicht noch die eine oder andere Vertiefung anstreben sollte, um beim nächsten Change Vorhaben keinen “Crash” zu erleiden. 

Pröbstl, Heike (2023). Crashkurs Change Management. Haufe: Freiburg.

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Anmerkung zur Transparenz: Das Buch wurde dem Autor dieses Artikels vom Verlag kostenlos zur Rezension zur Verfügung gestellt. Die Meinung des Autors ist hiervon jedoch nicht beeinflusst.