Das Buch und die Autor*innen

Karp Von Artificial zu Augmented Intelligence - Rezension - xm-institute - Dr. Oliver MackIm Campus Verlag ist kürzlich (im März 2023) dieses spannendes Buch erschienen, das sich passend zum aktuellen Hype um ChatGPT und generative AI mit einer Frage auseinandersetzt, die aktueller nicht sein könnte: Sollten wir anstelle von Künstlicher Intelligenz nicht besser von Augmented Intelligence sprechen? Ähnlich wie beim der Augmented Reality, deren Brillen virtuelle Bilder in die “Echtwelt” projizieren (siehe hierzu auch unseren Blog – Virtual Reality: AR, VR, MR und Magie! Was?), sollte die maschinelle Intelligenz weniger als Konkurrenz oder Ersatz zur menschlichen Intelligenz verstanden werden, sondern vielmehr mit ihr verschmelzen, um ihr volles Potenzial auszuschöpfen.

Die Autor*innen des Buchs sollten sich hierzu gut auskennen. Sie sind allesamt von einem der weltweit führenden Unternehmen aus dem Bereich Data Analytics Software: Palantir. 

Dieses ist international unter anderem erfolgreich in den Bereichen Militär, Polizei und Behörden seit Jahren mit neuesten Daten-Technologien am Markt vertreten. So saß beim Silicon Valley Gipfeltreffen mit Donald Trump damals nicht nur Tim Cook (Apple), Elon Musk (Tesla) und Jeff Besos (Amazon), sondern auch Alexander Karp von Palantir mit am Tisch, auch wenn das Unternehmen noch signifikant kleiner war, als die andere Tech Giganten (Siehe WiWo online, 2017). Das Autorenteam des Buchs sind allesamt hochkarätige Topkräfte des Unternehmens: Dr. Alexander C. Karp ist Mitgründer und CEO von Palantir, Jan Hiesserich ehemaliger SAP Mitarbeiter und aktuell der Europa Strategie-Chef von Palantir sowie Paula Cipierre, die den Bereich EU Privacy und Public Policy von Palantir leitet.

Unter dem Untertitel “Was wir von der Kunst lernen können, um mit Software die Zukunft zu gestalten” haben die Autor*innen auf knapp 50 Seiten nicht nur ihre Sicht der Dinge dargelegt, sondern eigerahmt von einem eigenen Einführungskapitel und Schlusswort zahlreiche Interviewpartner*innen zu Wort kommen lassen, deren Gespräche den Rest des Buches mit seinen gut 250 Seiten füllen. Es wird durch ein Glossar 

Das Buch selbst stellt eine Art Standortbestimmung in der aktuellen Zeitenwende dar, in der Europa nicht nur seinen eigenen Weg finden muss, sondern sich nach Ansicht der Autor*innen klar zu einem transatlantischen Weg der gemeinsamen westlichen Werte bekennen sollte. Technologie spielt hierbei eine wichtige Rolle. Die Autor*innen vergleichen Software mit Kunst. Beide ermöglichen es, Unschärfen z u produzieren, Antrieb zu sein und Freiheit im Sinne von Ideen, Alternativen und Möglichkeiten zu erzeugen und können so dazu dienen, die freiheitliche moralische Grundordnung zu schützen (Karp et al., 2023, S. 8) – oder aber einzuschränken. Doch steigen wir etwas detaillierter in die Inhalte des Buches ein.

Die Inhalte

Das Vorwort und die ersten drei Kapitel “Mehr Zukunft wagen”, “Eine Standortbestimmung” und “Wegbeschreibung” sind vom Autorentrio verfasst. Wie bereits oben angedeutet geht es hier um eine aktuelle Verortung und den Blick auf die aktuelle Situation zwischen Politik, Gesellschaft und Technologie:

  • Das Vorwort setzt den Rahmen und appelliert auch für die Zukunft an einen konsequenten Schulterschluss der westlichen Welt. 
  • “Mehr Zukunft wagen” ruft die Leser dazu auf, die Digitalisierung nicht nur geschehen zu lassen, Donnern vielmehr verantwortungsvoll mit dem immer schneller werdenden technologischen Fortschritt umzugehen. Keine maschinellen Superintelligenzen, die intelligenter als jeder Mensch sind, können die Zukunft sein. Vielmehr sehen die Autor*innen die sogenannte Augmented Intelligence als den einzuschlagenden Weg. Hierunter verstehen sie die Verschmelzung von Technologie mit den Kompetenzen die nur Menschen haben um in der wertvollen Verbindung von Mensch und Maschine zukünftig zum Wohle Aller diese gepaarten Kompetenzen noch besser einzusetzen. 
  • “Eine Standortbestimmung” versucht, unsere aktuelle Position im Prozess der fortschreitenden Digitalisierung zu verorten und einzuordnen. Hierzu werden Querbezüge zu Philosophen, Vordenkern und Managementberatern hergestellt, Aspekte wie Algorithmen und Künstliche Intelligenzen betrachtet sowie aktuelle Technologien wie Blockchain oder das Metaverse gestreift. Ein Appell der klaren Einschränkung und Differenzierung zwischen menschlicher und maschineller Intelligenz führt hoffentlich zu einer intelligenten Symbiose zwischen Mensch und Maschine.
  • “Wegbeschreibung” zeigt bereits gedachte historische Pfade und weitere Ideen auf, wie die Idee der Augmented Intelligence vielleicht gelingen kann. Hierzu verweisen die Autor*innen auf die Kunst, die uns wertvolle Hinweise auf diesem Weg geben kann.

Die weiteren Beiträge sind als Interviews abgedruckt, greifen Facetten der Gedanken aus den Einleitungskapiteln auf und lassen verschiedenste interessante Persönlichkeiten zu Wirt kommen:

  • Mathias Döpfner – Mit AI zur Künstlergemeinde: Mathias Döpfner ist CEO des Springer Verlags und sicherlich einer der Vorzeige-Vordenker der Digitalen Transformation in Deutschland. Er spricht über die Zukunft des Journalismus, Kunst, Management und die Kraft interdisziplinärer Gedanken.
  • Alexander Pretschner – Auf die Perspektive kommt es an: Pretschner ist Professor für Software und Systems Engineering an der TU Pünschen und Gründungsdirektor des Bayrischen Forschungsinstituts für Digitale Transformation. Er spricht über Software,  Kunst und Handwerk des Software-Engineering, Künstliche Intelligenz, Interdisziplinarität und Kunst.
  • Simone Menne – Innovation braucht Mut: Simone Menne war CFO bei Lufthansa, sitzt in zahlreichen Aufsichtsräten und betreibt eine Kunstgalerie in Kiel. Sie spricht über Wirtschaft, Kunst, KI und Frauen in einer Männerwelt.
  • Achim Daum – Innovation negiert nicht historisch Entstandenes: Daub lebt in den USA und hat deutsche Wurzeln, ist Berater und Investor. Zuvor arbeitete in der Konsumgüter-Industrie, u.a. bei P&G und Symrise. Er spricht über seinen Werdegang und den Einsatz Künstlicher Intelligenz in der Duftkreation.
  • Kai Franz – Schlechte Kunst ist auch ok: Kai Franz ist Künstler, Professor an der Rhode Island School of Design und nutzt häufig Technologie in seinem Schaffen. Er spricht über seinen Werdegang, die zwei Gesichter des Softwareentwicklers und Künstlers, Kreativität und Kunst. 
  • Chris Boos – Wir müssen lernen, Menschen zu sein: Boos ist IT Unternehmer, Investor und Mitglied des Digitalrats der Bundesregierung. Er plädiert für möglichst umfassende Automatisierung, um es uns so wieder zu ermöglichen Mensch zu sein und kreativer Tätigkeit nachzugehen. Es geht ferner um Algorithmen, Kunst und Musik, aber auch zum die Frage, wie KI zukünftig sinnvoll eingesetzt werden sollte.
  • Timotheus Höttges – Erst die Symbiose zwischen Mensch und Maschine schafft Mehrwert: Höttges ist Vorstandsvorsitzender der Deutschen Telekom AG. Er spricht in seinem Interview über seinen Blick auf die Kunst, über Werte und Gesellschaft und die Verantwortung, Digitalisierung im Einklang mit diesen zu gestalten. 
  • Miriam Meckel und Léa Steinacker – Immer schön geschmeidig bleiben: Das Duo ist CEO und CIO bei ada Learning GmbH, einem Unternehmen der Erwachsenenbildung. Meckel ist Professorin für Kommunikation, war zuvor Chefredakteurin der WiWo und ist Gründerin von ada. Steinacker ist Journalistin, war Chief Innovation Officer bei der WiWo und ist derzeit Chief Innovation Officer von ada. Es geht um Bildung im Technologiebereich, Kreativität und Intelligenz von Maschinen, darum mit Zuversicht in die Zukunft zu gehen und die Frage nach einem Enhancement und einer Augmentation des Menschen durch Technologie.
  • Sebastian Dettmers – Mit der Kunst die Gegenwart aus der Zukunft zu sehen: Dettmers ist CEO von Stepstone, einer der führenden Jobplattformen. Es geht um die Arbeit der Zukunft, Bildung, die Förderung von Kreativität in Unternehmen und den “German Dream”. 
  • Adina Popescu – Der Weg zu einer nachhaltigeren Gesellschaft führt über das Entwickeln kollektiver Intelligenz: Popescu ist Philosophin und Gründerin der Schweizer Firma Ærth, die sich mit dem der Idee eines Digital Twins der Erde beschäftigt. Sie spricht in ihrem Interview über Open AI.
  • Matthias Röder – KI hat (noch) keine Freiheit: Röder ist Unternehmer, Technologie-Vordenker und Musik-Entrepreneur. Er ist ferner der Gründer der Karajan Music Tech Conference. In seinem Beitrag spricht er über Künstliche Intelligenz und Musik.

Im Schlusswort “Ein jeder Romandichter seiner selbst” schließt das Autor*innentrio das Buch mit einer Sammlung von Kompetenzen, die sie als dem Menschen eigen identifizieren. Diesen Kompetenzen durch Technologie zu weiterer Blüte zu verhelfen und die Künstliche Intelligenz so zu nutzen, dass sie in Cokreation und dem Zusammenspiel mit dem Menschen konkreten Mehrwert schafft, statt ihn überflüssig zu machen, sollte unsere Zukunftsvision sein. Hierzu gilt es auch, Bildung und unser Bildungssystem zu überdenken. 

Das Fazit 

Das Buch trifft mit seinem Titel und Thema den aktuellen Zeitgeist und die aktuelle gesellschaftliche Diskussion gleichermaßen. Mit ChatGPT, Dall.e oder durch die Integration von generativer KI in weit verbreitete Tools wie Bing, Microsoft Office ist die rasante Verbesserung der Künstlichen Intelligenz endgültig im Alltag der Menschen angekommen. Und damit stellt sich auch auf breiterer Front die Frage nach der Bedeutung des Menschen in einer Welt, in der KI bereits kreative Tätigkeiten, eine Domäne des Menschen (zumindest zum Teil) übernimmt.

Das Buch möchte hier mit dem Begriff der Augmented Intelligence und einem befruchtenden Nebeneinander von Mensch und Maschine eine Antwort geben. Wer eine akademisch-wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema sucht, ist hier falsch. Aber dies will das Buch auch nicht. Es bietet mit seinen rahmenden Kapiteln des Autorentrios einen tiefgründigen Essay zum Thema, der dann durch zahlreiche Interviews verschiedenster interessanten Persönlichkeiten aus der Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft ergänzt wird. So zeichnet es ein Bild unterschiedlichste Ansichten und Blickwinkel und regt zum ausgiebigen Denken an. Mit der Auswahl der Interviewpartner ist den AutorInnen eine hochkarätige Zusammenstellung gelungen, die wohl so nur durch das Netzwerk und die Kontakte von Palantir möglich wurden. 

Ich hätte mir gewünscht, bereits auf dem Cover die Form des Buches zu erkennen (Essay & Interviews). Ansonsten ist das Buch eine Leseempfehlung für Führungskräfte, Berater,Politiker und Interessierte, die sich mit dem Thema KI, Kultur, Kunst und Menschsein näher auseinander setzen und andere Blickwinkel kennen lernen wollen. Das Buch macht Mut, dass KI den Menschen zukünftig nicht ersetzen oder gar überflüssig machen wird, sondern uns als Menschheit zu weiteren Höhen verhilft. Auch, wenn es einen vielleicht etwas zu positiven Bias hat, der sicherlich (auch) der Herkunft und dem Hintergrund der AutorInnen geschuldet ist.

Karp, Alexander/ Hiesserich, Jan/ Cipierre, Paula (2023). Von Artificial zu Augmented Intelligence. Campus, München.

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Anmerkung zur Transparenz: Das Buch wurde dem Autor dieses Artikels vom Verlag kostenlos zur Rezension zur Verfügung gestellt. Die Meinung des Autors ist hiervon jedoch nicht beeinflusst.