Sir Jonathan Ive hat im Juni 2019 angekündigt Apple zu verlassen. Ein legendärer Designer, der die letzten Jahrzehnte bei Apple geprägt hat. Vorbild von Ive war u.a. Dieter Rams, einer der einflussreichsten deutscher Designer. Sprechen wir über modernes Organisationsdesign, so ist der Design Begriff ebenso wichtig wie der Organisationsbegriff.

Bereits in den 70er Jahren stellte der legendäre Braun Designer Dieter Rams zehn Prinzipien für gutes Produktdesign (http://www.designwissen.net/seiten/10-thesen-von-dieter-rams-ueber-gutes-produktdesign) auf, die sich i.w.S. auch auf das Organizational Design von Unternehmen übertragen lassen, die heute für die Zukunft gut gerüstet sein wollen. Inspiriert durch diese Kriterien von Rams habe ich versucht, diese einmal in einem ersten Wurf auf Organisationen zu übertragen. Für Rückmeldung und Input bin ich wie immer dankbar.

1. Gutes Design ist innovativ

Die Möglichkeiten, die heute der rasante Fortschritt in fast ellen Lebensbereichen bietet ist bei weitem noch nicht in Organisationen angekommen. Prozesse und Arbeitsstrukturen vor allem in größeren Unternehmen ähneln noch sehr stark denen der Industrialisierung und schöpfen noch kaum die vollständigen Potenziale neueer Technologien aus. So wie die Ablösung der Dampfmaschine durch Elektromotoren erst mit deutlicher Verzögerung Auswirkungen auf die Optimierung der industriellen Arbeitsprozesse und Shop-Floor Layouts hatte, so stehen wir erst am Anfang revolutionärer neuer Arbeitsprozesse im Bereich des “Brainworks” und des Management. Technologieeinsatz zum Organisationdesign darf nie Selbstzweck sein und dennoch zu radikaleren Veränderungen genutzt werden.

2. Gutes Design macht eine Organisation lebendig und erfolgreich

Organisationen sind Mittel zum Zweck. Menschen arbeiten gemeinsam in Abstimmung und Arbeitsteilung an einer gemeinsamen Sache. Dabei ist nicht nur der Organisationszweck und die Ziele relevant. Vielmehr strahlt die Organisation auf alle Lebensbereiche ihrer Mitglieder aus. Dies sollte Grund genug sein, den Menschen wieder ganzheitlich in die Organisation zu reintegrieren und Organisationen auf die Bedürfnisse aller Mitarbeiter und nicht nur der Shareholder und externen Stakeholder auszurichten.

3. Gutes Design ist ästhetisch

Die Ästhetik einer Organisation ist integraler Bestandteil des Organisationsdesigns. Branding, Raumgestaltung, Ausstattung und Farbgestaltung haben signifikante Auswirkung auf die “Brauchbarkeit” einer Organisation. Das Organisationsdesign ist damit nicht nur Papier und Organigramm sondern vielmehr reale Gestaltung der Arbeitswelt mit signifikantem Einfluss auf das persönliche Umfeld und Wohlbefinden aller Mitglieder. Ein reiner Fokus auf die Zweckmäßigkeit greift ebenso zu kurz wie der Fokus auf das Organigramm und die Vernachlässigung der Architektur und Räume, in denen wir zusammenarbeiten.

4. Gutes Design macht die Organisation verständlich

Ein gutes Organisationsdesign macht auf einfache Weise die Arbeitsweise und Kultur der Organisation deutlich. Mit einem einfachen Blick sollten Verantwortlichkeiten, Rollen und Zuständigkeiten klar sein. Besonderer Wert sollte bei der Gestaltung auf klaren Strukturen und Verantwortlichkeitsbereichen liegen, die sowohl nach Innen als auch nach Außen leicht erklärbar oder gar selbsterklärend sind.

5. Gutes Design ist ehrlich

Ein gutes Design bildet bildet die tatsächliche Organisation ehrlich ab. Verantwotlichkeiten sollten nicht durch Titel verschleiert oder verwässert werden. Die Organisation sollte nicht größer oder komplexer scheinen als sie tatsächlich ist/ sein muss. Organisationsdesign orientiert sich an der Notwendigkeit und Machbarkeit, nicht an der reinen Utopie und dem Ego einzelner mit dem Wunsch nach Rollen, Titeln und Macht.

6. Gutes Design ist unaufdringlich

Das Organisationdesign sollte nur einen Werkzeugcharakter und keinen Selbstzweck haben. Pompöse unnötige Macht- und Prestigesymbole, die nicht der Funktion dienen, sollten nicht implementiert werden. Die Organisation sollte dem Menschen Raum zur Selbstverwirklichung geben. Gutes Organisationsdesign stützt die Organisation wie ein Skelett, um zu wachsen und zu gedeihen. Es schränkt sie nicht ein, wie eine starre Eisenrüstung, die allzu leicht die Wendigkeit opfert, die Sicht einschränkt oder Sicherheit zu Lasten von Geschwindigkeit vorspielt.   

7. Gutes Design ist langlebig

Gutes Organisationdesign vermeidet modisch zu sein und wirkt deshalb nie antiquiert. Es überdauert die Jahre und Management Moden und orientiert sich nicht an diesen. Auch wenn Organisationsdesigns “qua Natur” immer oszillieren, sollte dies systematisch und rhythmisch geschehen. Organisationsdesigns sollten sich nicht an Moden oder neuen Einzelpersonen orientieren. Sie sollten vielmehr eine Konstante sein, die sich zwar wie unser Körper durch Zellteilung regelmäßig erneuert, in ihrer Gestalt aber an die Funktion und Zweck angepasst bleiben.

8. Gutes Design ist konsequent bis ins letzte Detail

Nichts darf der Willkür oder dem Zufall überlassen werden. Gründlichkeit und Genauigkeit der Gestaltung sind letztlich Ausdruck des Respekts den Mitarbeitern und Kunden gegenüber. Oft widmeten sich Organisationen mehr dem Außen als dem Innen, mit der Folge nachhaltiger Innovations- und Performanceschwäche. Gutes Organisationsdesign kann zwar nur iterativ gestaltet werden, da es sich im das Design eines sozio-technischen Systems handelt. Nichts desto trotz sollte hier bei der Gestaltung nicht planlos gestartet werden und bereits beim ersten Designprozess Konsequenzen durchdacht werden, die aus dem Design entstehen können. Seien es beispielsweise Auswirkungen auf die Abstimmung und Kommunikation, die Entscheidungsqualität und -geschwindigkeit, Flexibilität und Umweltwahrnehmung.

9. Gutes Design ist umweltfreundlich

Das Organisationsdesign leistet einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung der Umwelt. Es bezieht die Schonung der Ressourcen ebenso wie die Minimierung von physischer und visueller Verschmutzung ein. Dies gilt sowohl für die Wertschöpfungskette als Ganzes (Wer, was wo?) wie auch die operativen Prozesse auf Ebene der Administration und Managementprozesse. Jegliche Art von Verschwendung und Friktion wirkt sich in der Regel direkt auch auf die Belastung der Umwelt aus. Gutes Organisationsdesign verhindert unnötige physische Reisetätigkeiten und versucht, durch intelligente Organisationsdesigns die Abstimmungsnotwendigkeit so gering wie möglich zu halten. Ist diese nötig, bedeutet gutes Design auch, hier virtuelle Meetings über physischen Meetings zu präferieren.

10. Gutes Design ist sowenig Design wie möglich

Weniger Design ist mehr, konzentriert es sich doch auf das Wesentliche, statt die Organisation mit Überflüssigem zu befrachten. Zurück zum Puren, zum Einfachen! Keine Überadministration und Über-Governance. Freiräume, die von den Mitarbeitern durch eine Kultur der Selbstverantwortung gefüllt werden sollten. Die aktuelle Bewegung hin zu mehr Selbstorganisation in Unternehmen ist starker Ausdruck dieser Regel. Je weniger Strukturen sichtbar werden, umso besser entwickeln sich die handelnden Personen und die Organisation als Ganzes.