Das Buch und die Autoren

Das Buch trägt den Untertitel “Zu mehr Engagement und besseren Ergebnissen dank geteilter Führung” und ist Anfang 2023 bei Haufe als Paperback und eBook erschienen. Es umfasst rund 300 Seiten. Der Autor Thomas Wilhelm ist Philosoph, Berater und ist seit kurzem Professor an der internationalen Hochschule SDI in München, wo er seit 2020 unterrichtet. Randalf Jesse ist gelernter Journalist und Berater im Bereich Führung.

Das besprochene Buch untersucht Formen, Chancen und Grenzen der Verteilung von Verantwortung und Führung auf unterschiedliche AkteurInnen. Der Text wird von einem umfassenden Inhaltsverzeichnis und Vorwort, sowie am Ende von einem Resümee Stichwortverzeichnis und vier Seiten Endnotenliste eingebettet.

Der Inhalt

Das Buch gliedert sich in vier Hauptkapitel, wobei Kapitel 2 vom Umfang von knapp 150 Seiten und der tiefen Gliederung her sofort als Hauptkapitel erkennbar ist.

Kapitel 1 “Einführung: Wenn alle führen und alle folgen” führt zunächst auf gut 90 Seiten in das Thema ein. Dabei wird gleich zu Beginn ein anderes Buch bemüht, das in Beraterkreisen kein unbekanntes ist: L. David Marquet’s “Turn that ship around”. Ein Buch über das Atom-Uboot “USS Santa Fe”, auf dem Marquet Kommandant war und auf dem er aus einer hierarchischen Führung mit großem Erfolg in eine eher dezentralere partizipativere Form übergegangen ist. In einem zweiten Schritt wird heroische Führung als Illusion entlarvt und Führen als Prozess mit den Elementen des Leaders, des Followers und der Aufgabe näher beschrieben und Macht, Autorität, Reputation und Vertrauen als Konzepte und Basis näher erläutert. Im fünften Unterkapitel wird dann der Begriff des Shared Leadership definiert. Dabei differenzieren die Autoren zwischen vier Formen des Shared Leadership (Jesse/ Wilhelm, 2023, S. 53): 

  • Doppelspitze: Hier wechseln die Führungsaufgaben eher selten zwischen den Beteiligten und die Zahl der Führenden ist überschaubar.
  • Distributed Leadership: Hierbei gehts um die funktional verteilte Führung unter vielen.       
  • Top-Sharing: Hierbei gehts um die gemeinschaftlich geteilte Führung unter zwei Beteiligten, wie dies inzwischen bereits bei Teilzeitführungskräften praktiziert wird.
  • Shared/ Collective Leadership hingegen bezeichnet die im Buch betrachtete Variante, bei der Führung als Aufgabe verstanden wird und unter vielen aufgeteilt wird.

Neben der Frage, welche Führungsaufgaben man grundsätzlich teilen kann, geht es weiter auch entsprechend des vorgestellten Dreiklangs um die Rolle der formalen und informalen Führungskräfte sowie der Follower. Hierbei werden fünf bzw. vier Kristallisationspunkte herausgearbeitet, in denen sich Führung besonders zeigt. Abschließen diskutiert Kapitel 1 die Grenzen des Ansatzes von Shared Leadership.

Kapitel 2 fokussiert sodann auf Methoden, Skills und Instrumente des Shared Leadership. Hierbei identifizieren die Autoren vier Handlungsräume: Den Vertrauensraum, den Leistungsraum, den Kompetenzraum und den Entschiedungsraum. Alle spiegeln entsprechende Aspekte der Führung und die dazugehörigen Kommunikationskompetenzen und -methoden wider. Der Vertrauensraum schafft ein Umfeld psychologischer Sicherheit, wobei hier der Dialog als wichtigste Kommunikationsform angesehen wird. Der Leistungsraum fokussiert auf die Wertschöpfungsaufgabe und damit lt. Autoren auf Kundenstrategie, OKR und Überzeugung wie auch Feedback. Der Kompetenzraum fokussiert auf Konfliktklärung und -lösung, der Entscheidungsraum auf die Entscheidungsfähigkeit im Team. 

Kapitel 3 befasst sich mit der Umsetzung von Shared Leadership im Unternehmen. Hierzu wird zunächst das Fallbeispiel “Greaterthan”, ein Projektnetzwerk aus mehr als 20 Partnern vorgestellt. Dem folgt das Beispiel Visa, eine niederländische Beratungsgesellschaft für Immobilienfinanzierung. Das dritte Beispiel ist Atruvia, der IT-Dienstleister der Genossenschaftsbanken, als viertes cosee, ein Softwareentwickler und als fünftes die SAP AG. Abschließend wird noch die Anonymous AG als Beispiel beschrieben, bei der zunächst Shared Leadership eingeführt und durch eine Krisensituation vom neuen Management wieder zurückgedreht wurde.

Im Kapitel 4 gehts dann um eine Sammlung von Quellen und Tools zum Thema Shared Leadership. Dieses Kapitel lässt sich am Besten als kommentiertes umfangreiches Literaturverzeichnis beschrieben. Hier werden abschließend Websites, Bücher und Zeitschriftenartikel vorgestellt, die das Thema vertiefen.   

 

Das Fazit

Zahlreiche Bücher zum Thema Selbstorganisation und Verteilte oder Neue Führung sind in letzter Zeit erschienen. Vor allem aus der Agile Community. So ist dieses Buch hier eine angenehme Ausnahme, das das Thema einmal aus einer anderen Sicht beleuchtet. Nicht neue agile Konzepte und Tools stehen im Vordergrund, sondern fundierte Gedanken und Methoden zum Thema. Hier hilft wohl die Erfahrung und der Hintergrund der Autoren aus der “philosophischen Beratung”. Unaufgeregt und eher leise kommt es daher, das Buch. Und umso mehr hat es mich an der einen oder anderen Stelle zum Nachdenken zum Thema in einer größere Tiefe angeregt. Es sei daher Führungskräften, Beratern und Experten empfohlen, die sie mit dem Thema der Selbstorganisation von Teams und Verteilung von Verantwortung nähern möchten, ohne nur agile Schlagworte präsentiert zu bekommen. Der “Müsli-Riegel” benötigt ein etwas längeres Kauen, das sich allerdings aus meiner Sicht durchaus lohnt. Die “Take-Aways” am Ende der Kapitel 1 und 2 helfen zusätzlich, den Überblick und Fokus zu behalten.

Jessl, Randalf/ Wilhelm, Thomas (2023). Shared Leadership: Zu mehr Engagement und besseren Ergebnissen dank geteilter Führung. Haufe Fachbuch: Freiburg. 

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Anmerkung zur Transparenz: Das Buch wurde dem Autor dieses Artikels vom Verlag kostenlos zur Rezension zur Verfügung gestellt. Die Meinung des Autors ist hiervon jedoch nicht beeinflusst.