Das Buch und der Autor

Im letzten Jar um diese Zeit hatte ich Carsten Schermuly’s Buch “New Work Utopia” auf diesem Blog rezensiert (hier) und es hatte mir sehr gut gefallen. 

Nun ist sein Folgewerk erschienen, das, zumindest laut Titel genau das Gegenteil prophezeit: Statt einer New Work Utopie eine New Work Dystopie. Und so war ich auch neugierig und gespannt auf das neue Werk. Es ist vor kurzem ebenso wie das Erste bei Haufe erschienen. Der Autor Prof. Carsten C. Schermuly unterrichtet an der SRH Berlin University of Applied Science, ist Diplom-Psychologe und wird als einer der führenden Köpfe der HR Community gehandelt. Doch steigen wir gleich in die Inhalte des gut 210 Seiten starken Buchs ein.

Die Inhalte

Das Buch gliedert sich in vier Hauptteile. Vorgeschoben ist ein kurzes Vorwort, das die Idee des Buchs als Gegenpol zum vorherigen Pendant beschreibt. Auch wird das generelle Konzept erläutert und dargestellt, wie Schermuly New Work Aspekte in Organisationen erforscht. Die Idee hierzu ist es, vom Buzzword „New Work“ weg, hin zu einem klareren Verständnis von konkreten New Work Praktiken und deren Wirkung in Organisationen zu kommen. Im Kern geht es darum, durch diese New Work Praktiken, die von Persönlichkeitsfaktoren der Beteiligten und Kontextfaktoren beeinflusst werden, gezielt einen positiven Einfluss auf das psychologische Empowerment der handelnden Mitglieder der Organisation zu nehmen. War im letzten Buch die Basis die Geschichte des Unternehmens „Stärkende“, das New Work gezielt zum Wohle der Mitarbeitenden und des Unternehmens einsetzt, geht es diesmal um das Unternehmen „Kaltenburg“, das kaum ein Interesse am psychologischen Empowerment der Mitarbeitende hat, sondern eher bestehende Strukturen und Verfahren verfestigt und „New Work“ als Feigenblatt für ein „Weiter so“ nutzt.   

  • In Teil I führt der Autor in die Geschichte des Unternehmens ein, um das es in diesem Buch geht. Die Wurzeln von „Kaltenburg“, wie Geschichte, Struktur und Geschäftsbereiche werden beschrieben und die handelnden Protagonisten vorgestellt.
  • Teil II beschreibt die wichtigsten Axiome im Sinne von Arbeitsprinzipien, die das Handeln im Unternehmen „Kaltenburg“ täglich leiten. So geht es hier vor allem um die Maschinenmetapher von Unternehmen, die Idee der Kontrolle und eine eher konservativ-destruktive Art von Führung, die eine Kooperation und Motivation der Mitarbeitenden eher verhindert, als fördert. Der Autor beschreibt hierbei die Werte von Kaltenburg als defensiv, aggressiv und diskriminierend. 
  • Im Teil III beschreibt Schermuly den Umgang des Unternehmens Kaltenburg mit New Work. Dabei beschreibt der Autor, wie das Unternehmen versucht, New Work Prinzipien mit Hilfe verschiedener Unternehmensberater im Unternehmen durchzusetzen. Eigentlich möchte das Unternehmen sich ja gar nicht mit diesem Thema beschäftigen, doch steigt der Druck aus dem Umfeld, das Thema aufzugreifen. Anstatt sich tiefgreifend mit dem Thema auseinanderzusetzen und eine echte Transformation zu wagen, passiert das, was ich als Berater aktuell auch in der einen oder anderen Organisation in Projekten erlebe: Die Themen New Work und Agilität werden einerseits dazu missbraucht, klassische teils überholte und eher kritische Führungsmethoden und Arbeitsweisen einfach nur weiterzuführen und nun mit einem anderen Label umzudeuten oder den Fokus noch stärker auf Effizienz und „Maschinenoptimierung“ zu legen.
  • In einem Teil IV geht es nun darum, das Buch nicht negativ zu beenden, sondern vielmehr Maßnahmen zu definieren, die dabei helfen, New Work in wirksamer und guter Art und Weise in einer Organisation zu verankern. Sie greifen dabei die Fehler aus der Geschichte der „Kaltenburger“ auf und liefern Ideen wie New Work aus einer wünschenswerten Zukunft der Organisation und Zusammenarbeit heraus gedacht werden kann und wie diese als Stärkung des psychologischen Empowerments verstanden und gelebt werden kann. Er macht dabei auch deutlich, dass psychologisches Empowerment auf den Ebenen der Organisation, des Teams oder Individuums gemessen werden kann und so eine New Work Einführung einer wirksamen Umsetzung zugänglich wird.
  • Zum Abschluss findet sich ein für diese Art von Buch umfangreiches Literaturverzeichnis mit zahlreichen Quellen zur Vertiefung der Themen.

Das Fazit 

Alles in allem dies dieses Buch eine äußerst gelungene Ergänzung des ersten Buchs – Schneeweißchen und Rosenrot, Brüderchen und Schwesterlichen, Engelchen und Teufelchen. Im Zusammenspiel der beiden Bücher gelingt es Schermuly, beide Seiten der Medaille „New Work“, wie sie aktuell in Organisationen sichtbar werden, plastisch und lebensnah darzustellen. Gerade die Dystopie könnte einigen Führungskräften die Augen öffnen, ob und in welcher Form sie aktuell verzweifelt versuchen, „New Work“ in der eigenen Organisation einzuführen. Beide Bücher zusammen ergeben ein schönes Bild. Doch auch ohne das erste Buch der „Utopie“ kann dieses Werk aus meiner Sicht gut bestehen. Bietet es doch am Ende die eine oder andere Idee, wie bei dystopischen Realitäten positiv eingelenkt werden könnte. Vom Stil her besticht es wieder mit einer leichten, unterhaltsamen und doch präzisen Sprache, die bunte Bilder im Kopf des Lesers erscheinen lässt. Und damit nicht genug der Bilder: Schön auch, dass der Autor sein Buch mit eigens angefertigten Skizzen und Bildern ausgestaltet. So ist auch dieses Buch wieder eine uneingeschränkte Leseemfehlung für alle BeraterInnen, Führungskräfte und HR/ OE Expertinnen, die sich aktuell oder zukünftig mit dem Thema New Work praxisnah auseinandersetzen wollen.

Schermuly, C. (2023). New Work Dystopia – Scheitern im Wandel und wie es besser geht. Haufe: Freiburg/ München/ Stuttgart.

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Anmerkung zur Transparenz: Das Buch wurde dem Autor dieses Artikels vom Verlag kostenlos zur Rezension zur Verfügung gestellt. Die Meinung des Autors ist hiervon jedoch nicht beeinflusst.