Frank Boos Moving Organizations - Rezension - xm-institute - Dr. Oliver MackHeute geht es um ein Change Buch, das neu im Schäffer-Poeschel Verlag erschienen ist. Laut Cover beantwortet das Autoren-Duo die Frage – “Wie Sie sich durch agile Transformation krisenfest aufstellen”. So reiht sich das Buch gut in die Serie von agilen Transformationsbüchern ein, die aktuell auf den Markt kommen. Frank Boos ist jedoch kein Unbekannter. Er ist bereits seit 35 Jahren Organisationsberater und hat bereits zusammen mit Barbara Heitger einen Sammelband zu Veränderung und mit Gerald Mitterer ein Büchlein in der Carl-Auer Kompaktreihe zur “Einführung in das systemische Management” geschrieben.  Auch Barbara Buzanich-Pöltl ist wie Frank Boos Partner*in bei der Beratergruppe Neuwaldegg, einer traditionsreichen systemischen Beratergruppe in Wien. 

Das Buch selbst ist in fünf Hauptkapitel unterteilt, die ich im folgenden etwas näher erläutere:

Das erste Kapitel ist mit Moving Organizations überschrieben. Beginnend mit der wie bei allen Büchern dieser Art zu findenden Notwendigkeit, Unternehmen agiler aufzustellen, um ihr zukünftiges Überleben zu sichern, beschreiben die Autoren Moving Organizations als Unternehmen, die sowohl agil, wie resilient sind, sich ihrer gesellschaftlichen Rolle bewusst sind und den Fokus auf Mitarbeitende legen. Hierzu entwickeln sie im Anschluss sechs Thesen, die Moving Organizations und ihren aktuellen Kontext ausmachen. Abschließend begründen sie, warum sie von Agiler Transformation und nicht mehr von Change Management sprechen. Der Grund liegt hierbei im Nichtfunktionieren klassischer Change-Ansätze und sie betonen hieraus die Notwendigkeit eines neuen Namens. Interessant finde ich die Erweiterung der drei systemischen Dimensionen nach Luhmann um eine räumliche Dimension. Dies kann ich nur unterstreichen: So arbeiten wir am xm-institute auch bereits seit mehreren Jahren mit einer ähnlichen Erweiterung, die Architektur und Räumlichkeit bei Transformationen mit in den Blick nimmt.

Kapitel zwei heißt “Krisenfest durch Residenz und Agilität”, was bereits deutlich macht, dass Agilität und Resilienz zusammengehören. Zunächst wird das Thema Resilienz vertieft. Neben einer Beschreibung des Begriffs gibt es neuere und klassische wirksame Ideen für Resilienz, wie das Tension Quadrat und das Konzept von Highly Reliable Organizations und zum Abschluss den Zusammenhang mit Agilität. Dann geht es tiefer in der Thema “Agile Methoden”. Nachdem hier eher Einzelteam-orientierte Ansätze (siehe hierzu auch unser xm-i Agile Prisma) vorgestellt wurden, geht es in einem weiteren Teil um “Agile Organisationsfomen”, wobei Holacracy (auch Selbstversuch der Beratergruppe Neuwaldegg) ausführlich, andere Formen eher kurz dargestellt werden. Bevor eine Fallstudie das Kapitel schließt, geht es um den Bezug zwischen Agilität und Systemtheorie.

Im dritten Kapitel gehts um die neun Hebel der agilen Transformation. Laut der Autoren haben sie diese aus ihren vielen Jahren Transformationsbegleitung als entscheidend erkannt:

  • Hebel 1: Entscheidungen in Organisationen
  • Hebel 2.: Kultur, Organisation, Transformation
  • Hebel 3: Purpose – Gemeinwohl und Transformation
  • Hebel 4: Role-Taking, Role-Making und Rollenvielfalt
  • Hebel 5: Organisation als Resonanzzentrum für Wachsen und Entwickeln
  • Hebel 6: Zehn Fähigkeiten die Individuen brauchen
  • Hebel 7: Führung, Macht und die Umstellung
  • Hebel 8: Agile Teams
  • Hebel 9: Soziale Innovation

Jeder Hebel wird mit mehr oder weniger ausführlichen Unterkapiteln beschrieben und schließen immer mit Empfehlungen für den jeweiligen Hebel als Zusammenfassung ab. Auch hier werden wieder bewährte, sehr wirksame Modelle und Ansätze der systemischen Beratung mit neuen und innovativen Gedanken aus dem agilen Bereich und der neueren Literatur verknüpft. Es wurden hierzu viele Ansätze aus anderen Werken zusammengetragen und neu kombiniert sowie mit eigenen Erfahrungen und Ideen gespickt. Auch wenn ich persönlich nicht alle Gedanken und Schlussfolgerungen immer so uneingeschränkt teilen würde, war das Kapitel für mich und ist das Kapitel für jedermann voll mit wertvollen Aspekten und Anregungen. Es hat Freude gemacht, zu lesen. 

Kapitel vier dreht sich um den “Prozess der agilen Transformation”. In diesem Kapitel findet sich zunächst die Klärung, was die Autoren unter “Agilem Transformieren” verstehen. Dann wird die “Neuwaldegger Schleife”, wie sie auch ähnlich in anderen systemischen Beratungsunternehmen Verwendung findet, als generisches, iteratives Veräderungsmodell vorgestellt. Ergänzend wird diese Schleife durch das Thema Hypothesenbildung, Stoßrichtungen festlegen und Architektur entwickeln sowie ein Unterkapitel zur  Transformationslandkarte ergänzt.

Im fünften und letzten Kapitel finden sich, wie inzwischen bei Büchern der systemischen Wiener Szene üblich, zahlreiche bekannte und doch auch einige neue Tools zu den Themen aus Kapitel 3. Ein Literaturverzeichnis mit den verwendeten Quellen und ein Stichwortregister schließen das Buch ab. 

Alles in allem aus meiner Sicht ein sehr gelungenes Buch auf das Thema Agilität und Transformation. Nichts radikal neues, aber eine solide und sehr gute Weiterentwicklung des systemischen Transformationsbaukastens in Richtung Agilität. Einiges an erprobtem und solidem Fundament, gewürzt mit eigenen Erfahrungen der Beratergruppe Neuwaldegg auf dem Weg in die Agile Welt und einigen neuen Begrifflichkeit und interessanten neu integrierten Modellen und Konzepten. Das Buch sei allen Experten im Bereich der Transformation, wie internen Agile Coaches, Change Agents aber auch Beratern empfohlen, die sich intensiver mit dem Thema der modernen Transformation von Organisationen auseinander setzen wollen.

   

Boos, F./ Buzanich-Pöltl, B. (2020). Moving Organ Organizations. Schäffer-Poeschel: Stuttgart.

 

Anmerkung zur Transparenz: Das Buch wurde dem Autor dieses Artikels vom Verlag kostenlos zur Rezension zur Verfügung gestellt. Die Meinung des Autors ist hiervon jedoch nicht beeinflusst.