Das Buch und die Autoren

Impact Business Design Playbook - Grabmeier - Petzold - Rezension - xm-institute - Dr. Oliver MackDas vorgestellte Buch ist mit dem Untertitel “Der Guide zur Modellierung enkelfähiger Organisationen” versehen. Die beiden Autoren haben hierzu die Methoden “Impact Business Design” entwickelt, die als systemische-integrales Modell in 13 Schritten die Gestaltung von Organisationen in einer neuen Art und Weise ermöglichen soll.

Stephan Grabmeier ist Berater und beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Fragen zur nachhaltigen Transformation. Er war u.a. in verschiedenen Stationen am Zukunftsinstitut, bei Kienbaum, Haufe und der Deutschen Telekom aktiv. Er ist ebenso als Autor und Keynote Speaker aktiv. 

Stephan Petzold ist ebenfalls Berater und Coach und bereits seit 2010 als Gründer des “Instituts für praktische KyberEthik”, ganz getreu des Begriffs von Heinz von Foerster am Markt. Es folgt nach eigenen Angaben seit 10 Jahren dem integral-systemischen Beratungsansatz.

Das Buch umfasst knapp 300 Seiten und ist bei kürzlich Vahlen im modischen Querformat Paperback erschienen.

In der Einleitung machen die Autoren auf ihre neue Methodik neugierig: “Mit dem Playbook Impact Business Design zeigen wir Dir Schritt für Schritt, wie Du die Transition hin zu einer Impact First Organisation gestalten kannst und wie es dir gelingt, dein Bewusstseinsprofil und das deiner Organisation gezielt weiterentwickeln.” (Grabmeier/ Petzold, 2023, S. 8).

Das Buch baut zum Teil auf dem “Profile Dynamics®” Instrumentarium auf, einem Diagnostikwerkzeug, das sich an den integralen-systemischen Entwicklungsansatz von Grawes und Spital Dynamics anlehnt. Das  gleichnamige Beratungsunternehmen “Profile Dynamics” mit seinem Sitz in den Neiderlanden ist auch mit einem Team in Deutschland vertreten. (https://www.profiledynamics.com/wie-zijn-wij/team/)

Die Inhalte

Neben einem “Check-In” und “Check-Out” , der die Einleitung und den Anhang mit einem Glossar und einem Nachwort darstellt, gliedert sich das Buch in drei weitere Hauptkapitel, die mit “Transparenz”, “Transzendenz” und “Immanenz” überschrieben sind. In diesen finden sich neben einer jeweiligen Einleitung zum Kapitel jeweils 3 bz.w 6 bzw. 4 Schritte des angekündigten 13 Schritte-Vorgehens.

Dabei wird das Buch von drei “Modulen” getragen, die die Autoren differenzieren und die sich durch die Methodik ziehen:

  • Als “Impact Business Oszillogramm” bezeichnen sie eine Art aus ihrer Sicht “systemische-integrales Organisationsmodell”. Dieses fußt lt. den Autoren auf Stefan Tewes Buch “Geschäftsmodelle in die Zukunft denken” und wird im Check-In überblicksartig vorgestellt. Dabei unterscheiden sie eine Art Mikro-,Meso- und Makro-Ebene, denen sie entsprechend der Ebene sogenannte Transitionshebel, Subhebel und insgesamt 28 Elemente zuordnen. Diese bilden in meinen Worten das Analysegerüst ab, das alle wichtigen Elemente des State-of-the-art Business Modelling, der Strategieentwicklung und Organisationsgestaltung sowie des Marketing/ Branding beinhaltet und ordnet.  
  • Als “Impact Business Architect” bezeichnen sie das 13-Schritte Vorgehensmodell dem der Hauptteil des Buches folgt und den die Autoren als kostenlose Miro-Board Vorlage den Lesern zur Verfügung stellen.
  • Schließlich gibt es noch den sogenannten “Impact Profiler”, einem Online-Analyse Tool, das auf den Integralmodell von Graves bzw. Spiral Dynamics beruht. Die Autoren bieten einen Link an, über den man das Tool derzeit kostenlos nutzen kann, unter der Voraussetzung der vollständigen Registrierung mit dem Einverständnis eines persönlichen Auswertungsgesprächs zur Übergabe des Ergebnisberichts.   

Doch tauchen wir in die drei Hauptkapitel etwas näher ein:

Transparenz

Dieser erste Teil beinhaltet drei Schritte, die an Simon Sinek’s “Golden Circle” angelehnt sind. Dementsprechend sind die drei Unterkapitel mit “Why”, “How” und “What” betitelt. Die Autoren erweitern die “Why” Frage um ein “Warum”, das eher ein “weg von” definiert – im Gegensatz zum “Wofür”, das eher das “hin zu” adressiert. Im “Wie” gehts dann um die Themen Stakeholder, Handlungsmaximen und Kommunikationsdesign und schließlich im “what” um die Bereiche “Scope” und das “WHOOP” Modell von Gabriele Oettingen. Neben den Templates, die mit den Schlüsselfragen auch im Miro Board vorhanden sind, liefert das Buch noch etwas Hintergrund zu den drei Aspekten in Form von je 1-2 Seiten Deep Dives sowie einem Literaturverzeichnis.

Transzendenz

Im zweiten Hauptkapitel geht es um den Übergang zum Neuen, zu dem in der Einleitung zunächst Steve de Shazer zur Kontextualisierung genutzt wird, um die Reise ins “Neue” in Form einer von den Autoren so bezeichneten “Betamorphose” zu erreichen.

Hierzu werden im folgenden sechs Schritte beschrieben:

In einem ersten Phasencheck soll versucht werden, die Verortung der Organisation in ihrer aktuellen Entwicklungsphase zu ermöglichen. In einem zweiten Schritt soll dann anhand des “Impact Business Oszillogramms” der Stand des Unternehmens anhand von 28 “Aspekten” und “6 Werthebel-Kopplungen” beschrieben werden. Ich würde diesen Schritt in meinen Worten als klassische strukturierte Ist-Analyse bezeichnen, wie sie seit jeher für Strategie- und Organisationsprojekte gängig ist. Neu ist hier eine Art Deep Dive in die Aspekte Kapital und Kommunikation, wobei das Kapital von den klassischen zwei Dimensionen Finanz- und Human- um die Dimensionen Sozial- und Naturkapital erweitert wird.

Im dritten Schritt soll nun nach der “qualitativen” eine eher quantitative Analyse anhand des “Impact Profilers” erfolgen. Hierzu benötigt man ein Online-Analyse Tool, das wie beschrieben derzeit kostenlos (da es sich noch in der Entwicklung befindet), aber mit der Notwendigkeit einer Terminvereinbarung mit den Autoren zur Übergabe des Ergebnisberichts. Die Fragen, die sich mir in diesem Zusammenhang stellen, bespreche ich etwas später in meinem Fazit.

Im vierten Schritt dieses Teils oder insgesamt dem 7. Schritt geht es um die Idee, nun den Schritt 2 nochmals durchzuführen und anhand des “Impact Business Oszillogramms” zukünftige Wunschzustände für alle 34 Parameter zu definieren. Hierzu stellt das Buch wieder Fragen zur Verfügung, die sich auch auf dem Miro Canvas widerspiegeln.

Der nächste Schritt fünf bzw. der 8. Schritt im Gesamtvorgehen ist dann eine Gap-Analyse, in der die Ergebnisse der 34 Parameter verglichen und in Form einer SWOT Analyse herausgearbeitet werden und diese dann priorisiert und konkretisiert werden. Dieser Schritt soll auch als Lernschritt verstanden werden.

Im abschließenden Schritt sechs dieses Teils bzw. dem 9. Schritt “Execution” insgesamt gilt es dann Maßnahmensteckbriefe in Form einer OKR Logik zu erarbeiten und in einer Art Stakeholder Kommunikationsplan (“Stakeholder Transformation Journey”) diese gezielt durch Kommunikation mit ins Boot zu holen.

In einem letzten Teilkapitel wird in einem Exkurs das Thema “Impact Economy” etwas näher beschrieben: Es geht unter anderem in einem Kurzabriss um B Corps, Impact und GWÖ, um Genossenschaften und Impact Investing und die Value Balance Alliance. Auch werden unterschiedliche Wertmodelle, das Konzept des regenerativen Wirtschaftens, die Donut-Ökonomie oder der EU Green Deal vorgestellt. Das Kapitel liefert so einen Einblick in “Enkelfähige Organisationen”, allerdings für mich persönlich etwas entkoppelt zum Rest des Vorgehens (und daher als Exkurs).

Immanenz

Im letzten Hauptkapitel werden vier weitere Schritte beschrieben, die die Verankerung bzw. “Integration, Versöhnung und Wertschätzung” (Grabmeier/ Petzold, 2023, S. 238) beschreiben:

  • Im Schritt “Check” geht es um die Wirkmessung der definierten Maßnahmen nach Innen aber auch in Richtung Umfeld (“Öko-Check Template”) und den richtigen “Skalierungszeitpunkt” mit dem “Kairos Template”. 
  • Im Schritt “Temper” geht es um die Frage, wie das “fragile Neue” stabilisiert werden kann – ganz im Sinne eines “Freeze” von Kotter. Hier springen die Autoren wieder auf die individuelle Ebene und es wird nun Maja Storch und das ZRM bemüht, um mit der Affektbilanz und weiteren “Fragen zur Verstetigung” eine Stabilisierung herbeizuführen.
  • Im Schritt “Learn” so dann wieder ein Lernstop eingelegt werden, ähnlich wie bei der Gap-Analyse. Hierzu wird knapp eine Differenzierung in assimilatives, akkomodatives und transformatives Lernen vorgenommen und dann Lernfragen dargestellt, die sich auch wieder auf dem Miro-Board in einem Template finden.
  • Im Schritt “Celebrate” wird noch auf die Wichtigkeit hingewiesen, die bei allen modernen Prozessen nicht fehlen darf: Das Feiern am Ende eines gemeinsamen Prozesses, um die positiven psychologischen Effekte einer gemeinsamen Belohnung mitzunehmen.

Das Fazit

Mein persönliches Fazit fällt nach dem Lesen des Buches gemischt aus: Auf der einen Seite stellt das vorgestellte Vorgehensmodell ein umfassendes und solides, sehr praktisch anwendbares Werkzeug dar, mit welchem Transformationen gut angegangen werden können. Andererseits ist es nicht vollständig neu, auch wenn es auf den ersten Blick aus meiner Sicht versucht, diesen Anschein zu erwecken. Viele neuartige Begriffe für einzelne Aspekte des Vorgehens bleiben aus meiner Sicht entweder zu unklar oder hätten auch mit den bisher gebräuchlichen Begriffen den gleichen Nutzen. Auch werden viele Ideen aktueller Ansätze verarbeitet und integriert, wie dem Golden Circle und Purpose und OKR, aber auch älterer Ansätze, die gerade wieder in einigen Bereichen der Agilen Community und Berater-Community etwas mehr in der Aufmerksamkeit stehen, wie das Entwicklungsmodell von Graves/ Beck’s Spiral Dynamics oder systemtheoretische und systemische Gedanken oder das ZRM. Dies schafft zwar einerseits eine gute Möglichkeit, diese integrativ in einem ganzheitlichen Modell zu verbinden und anzuwenden. Andererseits bleiben aber einige methodische Fragen offen. So weisen die Autoren zwar zu Beginn auf die Notwendigkeit des Springens zwischen den Ebenen des Individuums, des Teams, der Organisation und Gesellschaft hin, bleiben aber teilweise zumindest für mich die Antwort schuldig, warum gerade jetzt jeweils in diesem Moment die jeweilige Ebene und das jeweilige Tool auf der einen oder anderen Ebene auftaucht.

Das Titel-Versprechen zur Gestaltung “enkelfähiger Organisationen” wird im Gesamtvorgehen aus meiner Sicht nicht immer ausreichend deutlich, sondern blitzt nur an einigen Stellen immer wieder auf, wie beispielsweise durch die beschriebene erweiterte Kapitaldefinition oder die expliziten Erläuterungskapitel am Ende des Buchs. Eine durchwegs intensive Betonung und Bearbeitung dieses Themas fehlt mir persönlich etwas – hier hätte es m.E. sowohl mehr sein dürfen, als auch in Form einer besseren Integration.

Ein großes Plus des Buches stellt die sehr praxisnahe Vorgehensweise mit entsprechenden Fragelisten dar, die in Form zahlreicher Templates dem Leser kostenlos als Miro-Board Vorlage zur Verfügung gestellt werden, die sicherlich einen umfassenden Fundus für erfolgreiche Transformationen darstellen.

Der Versuch, das Entwicklungsmodell von Graves/ Spiral Dynamics einzubetten, ist für mich nur teilweise gelungen. Ungeachtet meiner generellen Bedenken zur Arbeit mit diesem Modell (Entwicklungsmodelle haben immer einen Art Defizitcharakter, den sie betonen) bleibt für mich die Frage offen, wie die praktische Handhabung des Impact Profilers als eines der drei Schlüsselelemente des Buches funktionieren soll: Aktuell befindet sich das Online-Tool (das elementarer Bestandteil der vorgestellten Vorgehensweise ist) in der Testphase und wird laut Website aktuell daher kostenlos für die Leser angeboten. Allerdings verpflichten sich die Nutzer im Gegenzug dazu, ihre Daten zur Kalibrierung des Tools bereitzustellen und an einem Auswertungsgespräch mit den Autoren zur Übergabe des Ergebnisberichts teilzunehmen. Sollte das Buch ein großer Erfolg werden und die kostenlose Bereitstellung weiterhin bestehen, stellt sich die Frage nach der Bewältigbarkeit und dem Businessmodell hinter diesem Aspekt. Sollte das Buch eher für eine kleine Gruppe (potenzieller) Kunden geplant sein, stellt sich mir die Frage, ob es sich beim Vorgehensmodell vorrangig um eine Marketing-Direktansprache in Form eines Buches handelt.

Ungeachtet diesem Aspekt bietet das Buch jedoch auch für die breite Leserschaft ohne die Nutzung des Impact Profilers eine Fülle an verschiedenen Ideen, Vorlagen und Fragelisten, die für Organisationsentwickler, Strategen, Berater und Experten in Organisationen durchweg sehr nützlich sein können. Schön ist auch die graphische Aufbereitung des Buchs, die sehr zu einer Übersichtlichkeit beiträgt. Auch sei nochmals der Versuch durchaus gelobt, unterschiedlichste aktuelle Aspekte verschiedenster Autoren und Methode in einem Ansatz zu integrieren.

Grabmeier, Stephan/ Petzolt, Stephan (2023). Playbook Impact Business Design. Vahlen.

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Anmerkung zur Transparenz: Das Buch wurde dem Autor dieses Artikels vom Verlag kostenlos zur Rezension zur Verfügung gestellt. Die Meinung des Autors ist hiervon jedoch nicht beeinflusst.