Diese Blog-Serie beschäftigt sich mit dem Thema Krisen… Warum dies so wichtig ist? Nun ja, die Welt wird immer mehr zur VUCA Welt und so kann es leicht geschehen, dass Individuen oder Unternehmen schneller oder häufiger in eine Krise geraten, als erwartet. Auch fürchten bereits viele nach einigen guten Jahren nun die nächste Finanz- oder Wirtschaftskrise. Und die Digitale Transformation tut ihr übrigen, bisher stabile und sichere Branchen, wie gerade die Automobilindustrie in Deutschland in ihren Grundfesten zu erschüttern.

Da tut man gut daran, ein wenig mehr zum Thema Krisen zu wissen und sich mit dem Thema ausgiebiger zu beschäftigen. In dieser Serie werden wir verschiedene Aspekte zu Thema Krise im Wirtschaftsumfeld näher beleuchten. 

Krisen können dabei auf vielfältige Art und auf unterschiedlichen Ebenen in Erscheinung treten:

  • So können besondere Vorkommnisse auf der Ebene des Individuums, sei es Führungskraft oder Mitarbeiter zu einer bedrohlichen Situation führen. Unvorhergesehen und überraschend können Krisen über uns hereinbrechen; mit Krankheiten, einem Todesfall oder einer Kündigung. Diese stellen akute Belastungskrisen dar, die wir als Mensch zu meistern haben. Sie gehören zum Leben dazu und stellen einen extrem unangenehmen Teil von Veränderung dar, da häufig alte Gewohnheiten und Verhaltensweisen, mit denen wir bisher Probleme gelöst haben, nicht mehr ausreichen. Es bedarf neuer, anderer oder zusätzlicher Verhaltensweisen, die es zu entwickeln gilt. Neben akuten Belastungskrisen erfordern auch chronische Belastungskrisen, wie z.B. eine länger anhaltende Doppelbelastung in Familie und Arbeit, ein schwelendes Mobbing oder eine längere Arbeitslosigkeit entsprechende Veränderungsfähigkeit des Individuums. Schließlich sind es auch Entwicklungskrisen, die den Übergang zwischen verschiedenen Lebens- und Berufsabschnitten prägen können, Situationen, die besondere Belastbarkeit und Veränderungsfähigkeit verlangen. (Amann, 2015)
  • Auch in einzelnen Teams in Organisationen kann es zu Krisensituationen kommen, die ohne fremde Hilfe nicht mehr überwunden werden können. Häufig sind diese von tiefen Konfliktsituationen mit längerer Historie geprägt. Aus Sicht des Einzelnen Teammitglieds kann dann zur individuellen Krise werden. Teams sind dann kaum oder nicht mehr handlungsfähig und können ihre Primäraufgabe nicht mehr wahrnehmen, da sie sie stark mit ihren eigenen Themen beschäftigen, so dass sich eine Teamkrise auch zu einer Bereichs- oder Unternehmenskrise ausweiten kann.  
  • Auch ganze Unternehmensbereiche können in die Krise geraten. So hängen beispielsweise bei Bosch geschätzte 50.000 von rd. 410.000 Arbeitsplätzen von der Dieseltechnologie ab. ( n.n., 2019) Und der CEO macht bereits heute in Interviews deutlich, dass diese ein Ablaufdatum hat. (Klammert, 2019) Dass hier in den betroffenen Bereichen eine gewisse Krisenstimmung herrschen kann, lässt sich gut vorstellen. 
  • Noch existenzkritischer aus Unternehmenssicht sind Unternehmenskrisen als die bekannteste Form der Krise, die die Gefahr einer Insolvenz birgt und somit oft das Ende ganzer Unternehmen, gerade auch von Traditionsunternehmen im Mittelstand, bedeuten kann. (Lauer, 2019) Und mit Griechenland wurde uns erst kürzlich wieder vor Augen geführt, dass auch ganze Staaten in eine Krise geraten können, bei denen es deutliche gemeinsame Anstrengungen benötigt, um diese zu überwinden. (Schmitz, 2019)

Ebenso vielfältig wie die Arten und Ebenen von Krisen sind die Konzepte und Maßnahmen, die wir ergreifen, um Krisen zu verhindern oder mit akuten Krisen umzugehen. In unserer Serie werden wir immer vor unserem Hintergrund von Change und Transformation einige Konzepte und Praxiserfahrungen vertiefen. Dennoch möchte ich hier einen kurzen Überblick über einige Aspekte liefern, die mit dem Thema Krise in engem Zusammenhang stehen:

  • Risikomanagement: Das Risikomangement ist ein Instrument zur Krisen-Prävention. Es geht hierbei darum, mögliche negative Effekte in der Zukunft zu identifizieren, zu bewerten und Gegenmaßnahmen zu definieren. Hierbei geht es einerseits um Aufmerksamkeitsfokussierung in dem Sinne, als dass man kleinere Anzeichen einer Risikorealisierung erkennt und schnell handeln kann. Andererseits um das Vorbereiteten, um nicht erst im Eintrittsfall nach Lösungen suchen zu müssen, sondern das Risiko bereits im Vorfeld zu vermeiden, zu reduzieren oder schnell, wirksam und effizient mit Gegenmaßnahmen reagieren zu können.
  • Konflikt: Konflikte entstehen in der Regel auf der Individualebene und können als eine vom Individuum als unangenehm empfundene Spannung definiert werden. Im Gegensatz zu Krisen stellen Konflikte nicht zwangsläufig eine Gefährdung der Unternehmensziele bzw. Unternehmensexistenz dar. 
  • Störung: Eine Störung beschreibt die Einwirkung externer oder interner Störgrößen auf sachlicher Ebene, die zu Dysfunktionalitäten führen können. Diese Störungen sind im Sinne von “Pannen” im normalen Geschäftsbetrieb unvermeidbar und beeinflussen in der Regel nicht die grundlegende Existenz des Unternehmens, können aber zu höheren Kosten der Beseitigung führen und damit bei einer Häufig oder Kombination mit anderen Aspekten eine Ursache für eine spätere Krisensituation darstellen.  
  • Fragil, Robustheit, Resilienz, Anti-Fragilität: Fragile Systeme sind äußerst anfällig für Krisen, da sie bei Störungen und äußeren Schocks leicht beschädigt werden können und in einen “Gesundheits-“Zustand unterhalb des Ausgangszustands fallen können. Unter Robustheit verstehen wir die Fähigkeit eines Systems, Störungen zu verkraften, ohne seine anfänglich stabile Struktur anzupassen. (Wikipedia, 2019) Es ist in diesem Sinne fehlertolerant. Resilienz beschreibt hingegen die Fähigkeit eines Systems, sich von Schocks oder Krisen schnell und gut zu erholen und wieder zum ursprünglichen Zustand zurückzukehren. Anti-Fragilität sogar noch einen Schritt weiter und beschreibt die Fähigkeit, nicht nur gut, sondern als System besser oder stärker aus einer Krise hervorzugehen, als man in diese gegangen ist. Krisen machen das System stärker. (Taleb, 2012)

Aus dieser Aufzählung wird m.E: bereits deutlich, wie aktuell und vielschichtig das Thema Krise im Business Kontext sein kann. In weiteren Artikeln wollen wir uns mit verschiedenen Facetten von Krisen vor allem vor dem Hintergrund von Transformation und Change beschäftigen. Krisen stellen immer auch Lernchancen und Lernmöglichkeiten für Organisationen, Teams und Individuen dar, die genutzt werden können und sollten. Krisensituationen sind qua definition immer existenzbedrohend für das betroffene System und daher mit Gefühlen wie Angst oder Sorge belegt. Kombiniert mit dem uns als Menschen innewohnenden Bedürfnis nach Sicherheit sind Krisen sicherlich nicht der Zustand, den wir uns als Lernumgebungen wünschen. Versucht man das existenzbedrohende Risiko einmal auszublenden, das auch den Untergang oder Tod des Systems zur Folge haben kann (und daher ist dieses Gedankenspiel nicht einfach), bieten gerade Krisen ein hohes Lern-“Upside”, da plötzlich vieles möglich wird, was vielleicht in der Vergangenheit als undenkbar angesehen wurde. 

Gerade aufgrund der hohen Angespanntheit des gesamten Systems im Krisenmodus, der häufig vor allem von einem gefühlten  “Überlebenskampf” geprägt ist, bedarf es besonderer systematischer Anstrengungen, um neben dem Krisenmanagement in Form eines produktiven Transformationsmanagements Lernprozesse in Gang zu setzen und zu erhalten, die das soziale System während der Krise handlungsfähig halten und vielleicht sogar deutlich gestärkt aus der Krise hervorgehen lassen.

Erfahrungen hierzu aus zahlreichen Projekten habe ich gemeinsam mit meinem Kollegen Lothar Köppl in einem Artikel in der Zeitschrift Organisationsentwicklung zusammengefasst, der im Heft 1/2020 erscheinen wird. (Mack/ Köppl, 2020) Weitere Gedanken und Erfahrungen folgen hier in loser Reihe auf dem Blog.

Literatur

Amann, E.G. (2015). Resilienz. 2. Aufl. Haufe-Lexware: Freiburg. 

Klammert, L. (2019). Bosch-CEO: Der Dieselmotor hat ein Ablaufdatum. Traktuell online, https://traktuell.at/a/bosch-ceo-der-dieselmotor-hat-ein-ablaufdatum, received: 28.12.2019

Lauer, R. (2019). Nach Loewe-Pleite: Diesen Traditionsunternehmen ging das Geld aus. Augsburger Allgemeine, https://www.augsburger-allgemeine.de/wirtschaft/Nach-Loewe-Pleite-Diesen-Traditionsunternehmen-ging-das-Geld-aus-id54760551.html, received: 28.12.2019

Mack, O./ Köppl, L. (2020). Auf der Talfahrt wenden. ZOE 1/2020, S. 34-40.

N.n. (2019). Bosch streicht bis Ende 2022 mehr als 2.000 Stellen in Deutschland. Zeit online, https://www.zeit.de/wirtschaft/unternehmen/2019-10/autozulieferer-bosch-stellenabbau-autokonzerne-dieselmotoren-krise, received: 28.12.2019

Taleb, N.N. (2012). Antifragile. Random House: New York.

Schmitz, F. (2019), Griechenland nach dem Rettungsprogramm. DW online, https://www.dw.com/de/griechenland-nach-dem-rettungsprogramm/a-47629670, received: 28.12.2019

Wikipedia (2019). Robustness. https://en.wikipedia.org/wiki/Robustness, received: 28.12.2019