K. Doppler/ L. Mpahlwa - Die Logik der Anderen, Rezension, Dr. Oliver Mack - xm-instituteKlaus Doppler ist ein Urvater der deutschsprachigen Change Management Szene. Er hat neben anderen Büchern auch das seit 25 Jahren auf dem Markt befindliche und immer wieder aktualisierte Standardwerk “Change Management” in der nunmehr schon 14. Auflage zusammen mit Christoph Lauenburg veröffentlicht. Grund genug, ein nun neu im Campus Verlag erschienenes Buch genauer unter die Lupe zu nehmen.

Der Untertitel des Buches heißt “Warum wir Andersheiten akzeptieren und verstehen müssen, um zukunftsfähig zu sein”. Kein reißerisches Digital Transformation oder Agile, sondern vielmehr ein Grundthema, das vielleicht auch diese beiden Modebegriffe abdeckt und mich neugierig macht. Zu Klaus Doppler habe ich bereits einige Worte gesagt, der Co-Autor des Buches ist Architekt und Leiter/ Direktor der DesignSpaceAfrica in Kapstadt. So scheint auch im Autorenduo bereits Andersartigkeit gegeben.

Bereits im Vorwort wird das Anliegen des Buches deutlicher: Mit der zunehmenden Globalisierung sind wir auch mit einer zunehmenden Diversität tagtäglich konfrontiert.

Das Buch selbst gliedert sich in drei Teile mit insgesamt 19 Kapiteln, die durch drei schöne Kapitel eingeleitet werden, die die beiden Autoren vorstellen und sie dann durch einen Dialog in Verbindung bringen. Hierbei geht es um Ähnlichkeiten und Unterschiede in Lebenswelten, Handlung und Haltung sowie die Chancen einer gegenseitigen Befruchtung weit über die beiden Disziplinen Beratung und Architektur hinaus.

Der erste Teil ist mit dem Titel “Veränderungen und Andersheiten: Ein Leitfaden” überschrieben. Auf rd. 100 Seiten geht es zunächst um die Veränderungen in unserem Lebensumfeld und die Entwicklung eines neuen Handlungsrahmens, der diese Veränderungen in ausreichendem Maße berücksichtigt. Referenzen beziehen die Autoren aus dem Agilitätsansatz, eine anderen Fehlerkultur und Kundenorientierung und Innovation. Schön ist hier auch die Betonung der emotionalen Seite, die Sehnsucht nach Sicherheit und Stabilität, gerade in Zeiten starker Umfelddynamik. Dann erfolgt eine Vertiefung der Frage, inwieweit die Vielfalt  ´von Andersheiten eher Bedrohung oder Bereicherung darstellt und der Frage, was es bedeuten kann, wenn man einem eher konstruktivistischen Weltbild folgt, bei dem unterschiedliche Menschen unterschiedliche Sach- und Psychologien haben, um die Welt zu verstehen und in ihr zu handeln und es nicht “die eine Wahrheit” gibt. Dies wird ergänzt um Gedanken zur Frage nach dem eigenen Selbstbild, der Abgrenzung zu anderen und dem Erleben dieser Andersheiten. Es wird die Komplexität aufgezeigt, mit der wir Anderseits wahrnehmen und damit umgehen. Hieraus leiten die Autoren 10 Möglichkeiten ab, wie mit Anderen angegangen werden kann.  Dann geht es um den “Wir” Begriff. Einfach dahingesagt, beinhaltet er doch viele unterschiedliche Facetten, die in diesem Kapitel beschrieben werden. Im nunmehr 6. Kapitel gehts um “Beziehungsaufbau”, um das “Auf sich auf das Andere einlassen”. Hierzu beschreiben die Autoren als Metapher eine Brücke mit drei Pfeilern, die hierzu notwendig sind: die Schaffung eines Emotionales Fundaments, die Sicherstellung eines stabilen Selbstwertgefühls aller Beteiligten und eine Annäherung durch echten Dialog. Der Dialog ist auch Thema des nächsten Kapitels, das vom “Kontrollierten Dialog”, einer Übung aus der Gruppendynamik handelt. Dem folgt im 8. Kapitel die “Bedrohung von Außen” als Mittel, sich auch bei unterschiedlichsten Interessen rasch zusammenzufinden. Der erste Teil schließt mit einem Kapitel zu “(Leit-)Kultur als mögliches gemeinsames Fundament für Andersheiten” und einem zum Übergang vom “Wollen” zum “Handeln”. 

Der zweite Teil “Praktische Beispiele und aktuelle Handlungsfelder” beschreibt sechs Beispiele und Themen in sechs Unterkapiteln. Hieraus werden entsprechende Aspekte für Veränderungsvorhaben abgeleitet. Diese reichen vom derzeit aktuellen Coronavirus über Delaney Street, einem besonderen Programm für Straffällige in den USA, das West-Eastern Divan Orchestra, einem Orchester aus israelischen und arabischen Jugendlichen , die afrikanische Lebensphilosophie des “Ubuntu”, der südafrikanischen Wahrheits- und Versöhnungskommission bis hin zur Architektur als Design für sozialen Wandel.

Der abschließende Teil 3 des Buches “Die Zukunft ist jetzt” beinhaltet 3 Kapitel. Im ersten Kapitel wird das Thema Digitalisierung aus der Perspektive der Möglichkeiten von Emotion und Wahrung von Vertraulichkeit behandelt. Im Folgekapitel die Frage nach der Wahrung des eigenen Schutzes in der Vielfalt von Andersartigkeiten. Das letzte Kapitel ist mit “Ein Plädoyer” überschrieben. Hier werden verschiedene Gedanken aus den vorherigen Kapiteln aufgegriffen und, wie der Name sagt, zu einem Plädoyer verwoben.

 

Alles in allem verarbeitet das Buch viele Erkenntnisse aus Konzepten und Ideen verschiedenster Bereiche der Psychologie, Soziologie und andere Disziplinen zu einer gut lesbaren Melange zum Umgang mit Neuem und Andersheiten. Dem Experten bietet das Buch nicht viel Neues. Vieles findet sich in anderen Büchern über Transformation, Change, OE oder Coaching ausführlicher, konkreter oder theorielastiger. Für Führungskräfte jedoch, die sich mit Andersheiten, aber auch Change, Transformation und Veränderung beschäftigen wollen oder müssen, ist dies Buch eine schöne und leicht lesbare Form, das gesamte Wissen und die langjährigen Erfahrungen von Klaus Doppler in diesem Feld kompakt dargeboten zu bekommen. Es geht über seine bisherigen Veröffentlichungen hinaus, indem es sich breiter darstellt und viele Anwendungsgebiete über die reine Unternehmenstransformation hinaus adressiert. Durch die Verbindung mit dem Co-Autor Luyanda Mpalhwa kommen andersartige Aspekte, wie eine stärkere Gesellschaftsorientierung, der Blickwinkel einer anderen Profession (Architekt) und einer anderen Lebenskultur (Südafrika) ins Spiel. Dies macht das Buch einerseits besonders und anders. Auf der anderen Seite habe ich hin und wieder den Fokus verloren und war so darauf angewiesen, mich in dieser Form der Andersartigkeit treiben und diese auf mich wirken zu lassen. Gut gelungen ist es m.E. verschiedene Erklärungsansätze zur Skepsis bei Andersheiten aber auch Ideen zu deren Überwindung, nicht nur im geschäftlichen Umfeld. 

 Doppler, Klaus/ Mpahlwa, Luyanda. Die Logik der Anderen. Campus 2020.

Anmerkung zur Transparenz: Das Buch wurde dem Autor dieses Artikels vom Verlag kostenlos zur Rezension zur Verfügung gestellt. Die Meinung des Autors ist hiervon jedoch nicht beeinflusst.