Ein großer deutscher Systemtheoretiker, Psychiater und Organisationsberater unserer Zeit, Fritz B. Simon, legt mit seinem Buch “Formen” ein neues Werk vor, das ich mir ein wenig genauer angesehen habe. 

Fritz B. Simon selbst beschreibt auf der zugehörigen Website zum Buch den Inhalt des Buches als Klärung oder zumindest Näherung zur Form und damit “(…) der Frage nach den Wechselbeziehungen zwischen dem Organismus des Menschen, seiner Psyche und den sozialen Systemen, in denen er lebt bzw. an denen er sich beteiligt – genauer gesagt: den Wechselbeziehungen zwischen der Dynamik biologischer Prozesse, der individuellen Psychodynamik und den Kommunikationsmustern in gesellschaftlichen Systemen.” (https://carl-auer-akademie.com/blogs/formen/)

Startet man mit dem Buch, fällt dem geneigten Leser sofort eine Anleihe ins Auge, die Simon nicht zufällig gewählt haben dürfte: Das Buch ist nich in einfache Kapitel, sondern ganz dem Traktats von Wittgenstein entsprechend in Form eines Numemrnsystems gestaltet. Dabei haben die Einzelthemen entsprechende Kapitelnummern und werden dann je nach Thema immer weiter in Unternummern differenziert, so dass wie ein moderner Hypertext entsteht. Das Buch ist, aufgrund des beschriebenen Anspruchs sehr abstrakt gehalten und kann wohl als erstes wirklich systematisches Werk gelten, dass die Ideen von systemtheoretischen Größen wie Freud, Maturant, Luhmann, Watzlawick, George Spencer-Brown oder Wittgenstein in prägnanter Art und Weise formell zusammenführt und um eigene wichtige Aspekte des Autors ergänzt. Dabei legt Simon großen Wert auf eine klare Definition von Begriffen und bringt diese in einen logischen Zusammenhang, so dass eine Art philosophisch-systemtheoretisches Werk entsteht, das seines Gleichen sucht. 

Beginnend mit Festlegungen zu Themen, wie Beobachter, Beobachten, Form, Merkmale oder Raum und Zeit, geht Simon dann über zu komplexeren Aspekten, wie Fremd- und Selbstorganisation, lebendige und nicht lebendige Systeme oder psychische und soziale Systeme bis hin zu Beziehungsformen, Konflikten oder psychischen Störungen. Selbstverständlich endet das Buch in Kap. 85 mit dem Thema “Tod (= Ende der Autopoiese)”.

Simon verzichtet wohl bewusst auf das korrekte Zitieren des verwendeten Materials. Die Anleihen und Wurzeln der einzelnen Elemente sind dem geneigten Leser jedoch in der Regel nicht fremd.    

Als Struktur-liebender Mensch und Hobby-Logiker bin ich daher von “Formen” sehr angetan. Es beinhaltet eine Fülle an Inspiration zum Nachdenken und Weiterdenken. Obwohl es dem Praktiker keinerlei direkte Hinweise oder Tipps gibt, regt es in seiner klaren und abstrakten Art an, praktische Sachverhalte mit der im Buch entwickelten Sprache zu betrachten und damit klarer zu sehen. “Formen” ist sicherlich nicht abschließend und vollständig, bietet aber der Community an systemischen Forschern und Praktikern eine gute Basis, um in einer einheitlichen Art in den Diskurs zu gehen. Auch die zum Buch gehörende Website will einladen, in den Dialog und die Kommentierung der Kapitel einzutreten.

Glückwunsch zu diesem “Werk”, das sicherlich bereits heute als eines der “Lebenswerke” von Fritz B. Simon bezeichnet werden kann.

Fritz B. Simon, Formen, Carl-Auer Verlag: Heidelberg, 2018

Anmerkung zur Transparenz: Das Buch wurde dem Autor dieses Artikels vom Verlag kostenlos zur Rezension zur Verfügung gestellt. Die Meinung des Autors ist hiervon jedoch nicht beeinflusst.