Das Buch und die Autoren

Oestereich - Schroeder - Essenzen agiler Organisationsentwicklung - Rezension - Dr. Oliver Mack - xm-institute

Das Autoren-Duo ist im Themenfeld agiler Organisationsentwicklung kein unbekanntes. Haben sie doch bereits zwei Bücher zu diesem Thema veröffentlicht. Diese wurden seinerzeit in der agilen Community, wie auch weit darüber hinaus mit großer Zustimmung aufgenommen:

  • Oestereich/ Schröder. (2017). Das kollegial geführte Unternehmen. Vahlen: München.
  • Oestereich/ Schröder. (2019). Agile Organisationsentwicklung. Vahlen: München.

Das aktuelle Buch trägt einen ähnlichen Titel, wie das bereits 2019 erschienene, außer dass ihm der Begriff “Essenzen” vorangestellt wurde. Und so basiert auch dieses neue Werk vorrangig auf Ersterem. Es stellt laut Autorenduo eine Art Aktualisierung und Essenz dar, die aus der Vorbereitung einer englischsprachigen Übersetzung des Buches entstanden ist. Mit gut 150 Seiten ist es um gut 110 Seiten kürzer als sein Vorgängerwerk. Was sich genau verändert hat, listen die Schröder/ Oestereich auf einer abschließenden Seite im Buch auf, so dass für Leser des ersten Werkes ein schneller Überblick sichergestellt ist. Am Ende meines Beitrags gilt es sicherlich die Frage zu beantworten, ob dieses Buch das alte vollständig ersetzt oder aber ergänzend genutzt werden sollte. Sich dazu am Ende im Fazit mehr.

Starten wir zunächst mit der Zielgruppe: Auch dieses Buch richtet sich an alle, die “kollegiale Führung und agile Selbstorganisation ganz praktisch erproben möchten – entweder in der eigenen Organisation oder als professionelle externe Begleitung einer Organisation” (Schröder/Oestereich, 2023, S. 3). Das Buch verfolgt hier den Ansatz “Kollegialer Führung”, wie er bereits im Buch von 2017 als spezifische Form eines selbstorganisierten Unternehmens näher ausgeführt wurde. Die inhaltliche Struktur  

Die Inhalte

Die inhaltliche Struktur des Buches entspricht weitestgehend der des umfassenderen Vorgängerwerks: 

Als Vorkapitel werden fast unverändert in einem ersten Schritt auf wenigen Seiten die Grundlagen agiler Organisationsentwicklung in zu einer “kollegialer Führung” dargelegt. Nach der Klärung des “Wozu?”, der Einordnung der “kollegialen Führung” im Verhältnis zu anderen Entwicklungsmodellen sowie einem leicht weiterentwickelten Überblick über die verschiedensten Einflüsse und Quellen, aus denen die Autoren Aspekte ziehen.

In einem 1. Teil “Basiselemente agiler Organisationsentwicklung” werden dann die aus Sicht der Autoren vier wichtigsten Elemente agiler Organisationsentwicklung dargelegt:

  • Eine professionell systemische-integrale Haltung, bei der das Entwicklungsstufenmodell “Spiral Dynamics” von Beck/Cowan ebenso eine Rolle spielt, wie eine systemische Haltung, die vorrangig an der Organisation und nicht am Individuum und dessen Haltung ansetzt (was für mich immer ein entscheidender und aus meiner Sicht richtiger und wichtiger Punkt ist).
  • Ein iteratives erprobendes Herantasten, das mit einem agilen OE-Rad, einer Art systemischen Entwicklungsschleife eine schrittweise gemeinsam lernende Herangehensweise propagiert. 
  • Eine kollegial verteilte und ziehende Führung, die einerseits die Führung auf viele Schultern verteilt und kundenfokussiert handelt, andererseits auch im Sinne eines Pull-Prinzips dazu dient, nicht Vorgaben zu machen, sondern auftretende Spannungen in der Organisation zu lösen. 
  • Struktur- und Prozesssicherheit, die einen klaren Rahmen setzt uns so für die Umsetzung Sicherheit schafft.

Teil 2 “Das Adaptionsmodell” beschäftigt sich mit einer Art Metamodell zur Einführung kollegialer Führung. Dieses wird nach einem kurzen Überblick über die idealtypischen zeitlichen Phasen in seinen einzelnen Elementen erklärt. Tools, wie die Delegationsmatrix zur Festlegung des Rahmens der Selbstführung, die Kontextbrücke zum Übergang von Führungskraft zur Führungsaufgabe und der Führungsmonitor zur Beobachtung und Bearbeitung führungsrelevanter Aktivitäten. Aber auch verschiedene Entscheidungsformate im Überblick, das Kreismodell und Selbstorganisationsrollen werden erläutert.

Im Teil 3 “Kommunikation und Moderation” geht es um eine Vielzahl verschiedener Vertiefungen, Kommunikationsmodelle, Moderationsformate und andere Anleitungen, Hilfestellungen, Beispiele und Ideen, die die Einführung erleichtern:

  • Kommunikation, Spannungen und Konflikte
  • Moderation – Neutralität versus Führung
  • Kommunikative Grundfertigkeiten und kollegiales Lernen
  • ZDF (Zahlen-Daten-Fakten) Jour Fixe
  • Entscheidungsformate im Detail (Widerstandsabfrage, Wahl aus der Mitte, Kollegiale Rollenwahl, Konsultativer Fallentscheid, Kollegiale Einwandsintegration, Themenzentrierte Einwandsintegration)
  • Diskussionsmarktplatz-Format (Lean Coffee)
  • In Runden sprechen und Organisationsvorrang 
  • Retros und Reviews
  • Soziale Systemprinzipien
  • Kulturbildende Momente

Der Teil 4 “Metainformation”, der ein Litzeraturverzeichnis, ein Glossar, einen Index und Informationen über das Autorenduo beinhaltet, schließt das Buch ab.

Das Fazit

Wie bereits sein umfassenderes Vorgängerwerk zeichnet sich auch dieses Buch durch seine Klarheit und praktische Anwendbarkeit aus. So sei es allen empfohlen, die sich mit dem Thema Agile Arbeitsweisen und Selbstorganisierte Teams in Form der kollegialen Führung näher vertraut machen wollen.

Ersetzt es denn nun das umfassendere Vorgängerwerk? Aus meiner Sicht zum Teil. Wer sich rein praktisch ans Werk machen will, erhält in diesem Buch alles, was er/sie hierzu benötigt. Man hat nicht das Gefühl dass etwas fehlt oder sich signifikante Lücken zum Vorgängerwerk auftun. Alles wirkt etwas aufgeräumter und strukturierter. Dennoch fehlen auch ein paar wertvolle Theorie- und Praxiselemente, die so das vorherige Werk nicht ganz überflüssig machen. Und fragt man sich nun: “Ja was denn nun? Das Umfassendere, die Essenzen oder Beide?” so kann man dies aus meiner Sicht nicht so einfach beantworten. Einen guten Start liefern die Essenzen. Möchte man noch mehr Vernetzung zu angrenzenden Konzepten, wie Cynefin, Agiler Softwareentwicklung und anderen vertiefenden Elementen, muss man auf das Ursprungswerk zurückgreifen. Für BesitzerInnen des Ursprungswerks lohnt sich aus meiner Sicht ein Kauf der Essenzen, da hier vieles noch stärker auf den Punkt gebracht wurde und noch klarer dargestellt ist. 

Und so ist dieses kompakte Werk wie schon das Ursprungswerk eine uneingeschränkte Leseempfehlung für alle Organisationsentwickler*innen, Führungskräfte mit Ambitionen mehr Selbstorganisation zu fördern und selbstverständlich alle externen Berater, die sich in diesem Metier tummeln. Unaufgeregter als manches Agile Transformationsbuch bietet es eine Vielzahl sehr konkreter Hinweise und Methoden. Schön ist auch, dass viele Schaubilder zu den Methoden des Buchs wieder unter einer Creative Commons Lizenz weiterverwendet werden dürfen und auf der Website der Autoren zum Download zur Verfügung stehen. Danke an Claudia Schröder und Bernd Oestereich für diese wertvolle Überarbeitung. Der noch anstehenden englischen Version wünsche ich den Erfolg, den diese deutsche Version auf dem Markt sicherlich wieder haben wird.  

Schröder, C./ Oestereich, B. (2023). Essenzen agiler Organisationsentwicklung. Vahlen.

 

Hat Ihnen der Beitrag gefallen? Mit dem Klick und der Bestellung über die Affiliate Links helfen sie uns mit einer kleinen Unterstützung, diesen Blog auch zukünftig weiter aufrechtzuerhalten. Sie kostet es nichts zusätzlich und wir erhalten bei Bestellung über diesen Link eine kleine Provision, die wir für den Betrieb und die Weiterentwicklung der kostenlosen Services nutzen. Danke. 

Anmerkung zur Transparenz: Das Buch wurde dem Autor dieses Artikels vom Verlag kostenlos zur Rezension zur Verfügung gestellt. Die Meinung des Autors ist hiervon jedoch nicht beeinflusst.