Heute geht es um das bereits dritte Buch von Michael Lewrick, das im Vahlen Verlag erst kürzlich erschienen ist. Es setzt die Reihe fort, die der Autor mit zwei erfolgreichen Büchern zum Thema Design-Thinking begonnen hat:

 

Business Ökosystem Design - Michael Lewrick - Rezension - xm-institute - Dr. Oliver MackIn seinem ersten Buch “Design Thinking Playbook” beschreibt Lewrick bereits das “Problem to Growth and Scale Framework”, das ausgehend von einem Kundenproblem über die Lösungsentwicklung mit Hilfe von Design Thinking bis hin zum Thema Skalierung reicht. Das vorliegende Buch greift hierbei einen Aspekt von Wachstum und Skalierung vertieft auf, das sogenannte Business Ökosystem Design.

Das Buch selbst ist wie die anderen Bücher dieser seiner Reihe im modernen Querformat als Paperback gestaltet. Wie die anderen Bücher kommt es bunt daher, ist mit vielen Zeichnungen im Comic-Stil gehalten und verbindet Druckschrift mit Schreibschrift-Überschriften.

Doch um was gehts inhaltlich: Das Buch erweitert den klassischen Blick eines einzelnen Unternehmens mit seinen Dienstleistungen und Produkten zur Befriedigung von Kundenbedürfnissen über die traditionellen Unternehmensgrenzen hinaus. In der Wissenschaft nichts Neues, habe ich mich doch bereits in den 1990ern und Anfang 2000 mit diesem Thema unter dem Titel “Unternehmensnetzwerke” in meiner Dissertation auseinandergesetzt (Mack, 2003) Was jedoch häufig fehlt, sind Ideen und Ansätze zur praktischen Umsetzung in der Unternehmenspraxis. Und hier will das Buch von Lewrick ansetzen. Das Buch möchte ein Vorgehensmodell zur Gestaltung von Business Ökosystemen liefern, das allen beteiligten Akteuren hilft, eine Orientierung zu erhalten und das Ökosystem aktiv zu gestalten. Lerwick definiert Business Ökosystem Design als “…die Realisierung von neuen, einzigartigen Angeboten für Kunden, die von verschiedenen Akteuren in einem System, dem Kunden bereitgestellt werden.”(Lewrick, 2021, S. 18) Im Buch geht es dem Autor vor allem darum, ein Framework bereitzustellen, das den Akteuren mit einem einfachen Framework, Tools und Prinzipien bei der Gestaltung von Ökosystemen zu helfen und diese besser zu verstehen. (Lewrick, 2021, S. 12)

Dass das Inhaltsverzeichnis nicht zu Beginn, sondern erst auf Seite 12 erscheint, ist ungewöhnlich, aber von Lewrick anderen Büchern gewohnt. Vorangestellt werden neben einem Vorwort auch Übersichten und Schlüsselaspekte des Buchs.

Strukturell gliedert sich das Buch in vier Hauptteile:

  • Teil 1 beschäftigt sich mit dem Begriff des Business Ökosystems sowie mit der Idee der Ökosystem-Strategie. Nach einer Beschreibung, worum es eigentlich bei Business Ökosystemen geht, diskutiert der Autor diese als eine strategische Option für Unternehmen. Mit einem Ecosystem Strategy Canvas und anderen Tools möchte der Autor dazu beitragen, Unterstützung zu liefern, dass Unternehmen den strategischen Nutzen von Ökosystemen besser einschätzen können und bei der strategischen Ausgestaltung des Ökosystems helfen. Aspekte wie “Where to play?”, “How to win?” Und “How to configure?” Werden ebenso in den Raum geworfen, wie das Thema Abidextire in Form von Explore und Exploit. 
  • Im zweiten Hauptteil geht es um die sogenannte Design Lenses Toolbox – Kernfragen und ausgewählte Tools von der Problemstellung bis zur Skalierung. Lewrick schlägt hierzu vier Lenses vor, nach denen Ökosysteme betrachtet und gestaltet werden können. Die Linsen folgen dem Problem to Groth and Scale Framework und auch hierzu bietet Lewrick zu jeder Lense entsprechende Canvases und Tools an. Lense #1 beschäftigt sich mit der “Design Thinking“ Brille und damit der Idee, das Ökosysteme eine klare Vision und einen Prototypen bedürfen. Lense #2 fokussiert auf die “Lean Start-Up” Sicht und die Idee eines Minimum Viable Products (MVP). Bei Lense #3 Ecosystem Design geht es um die Frage, wie ein Ökosystem gestaltet werden sollte und was ein Minimum Viable Ecosystem (MVE) sein könnte. Lense #4 mit dem Titel “Scale” schließlich kümmert ich dann um die Frage, wie eine exponentielle Skalierung aussehen könnte und so ein “Black Ocean” gestaltet werden kann. Jedes Unterkapitel beinhaltet viele Tools und Ideen, viele Beispiele und Visualisierungen. 
  • In einem kurzen Zwischenteil geht es dann um die “Reflexion Ökosystem Design”. Dies bezieht sich auf ein Tool, das ein kurzes Innehalten und Reflektieren während des Prozesses der Gestaltung von Ökosystemen unterstützt.
  • Im Abschließenden dritten Hauptteil schließlich liefert der Autor Einblicke in Beispiele zu Ökosystem Initiativen. Auf mehr als 20 Seiten gibt es Bekanntes aber auch viel weniger Bekanntes zu unterschiedlichen Arten, Vorgehensweisen und Reifegrad von “echten” Ökosystemen in der Praxis.
  • Das Buch schließt mit einem Index und Quellenverzeichnis.

Wie bereits beim Inhaltsverzeichnis angedeutet war es für mich ein gewöhnungsbedürftiges Buch. Es ist sehr kompakt, mit viel Inhalt – jede Seite zählt. Es strotzt vor praktischen Tipps und Tools und zeigt, dass der Autor sicherlich die Tools auch in seiner Beraterpraxis nutzt. Dennoch habe ich mich das eine oder andere Mal im Buch verloren gefühlt. Und dies trotz der immer sich wiederholenden strukturierenden Bilder etc. Das lag vielleicht zum einen daran, dass mir die Struktur des Buchs nicht völlig einsichtig war. Hier hätten tiefere oder zumindest klarere Untergliederungsebenen geholfen. Aber vielleicht braucht es auch einige Zeit, bis das Buch zu einem Liebling wird. Inzwischen, nach dem dritten Lesen finde ich alles, kenne mich gut aus und liebe es inzwischen. Man könnte auch sagen, dass es einfach unmöglich ist, eine komplexe Materie in eine lineare Form zu bringen. Daher: Nicht gleich aufgeben – es lohnt sich wirklich. Leider werden im Buch auch immer wieder verschiedenste Konzepte und Begriffe verwendet, die nicht näher erklärt werden oder ausreichend vertieft werden. Der Autor setzt damit schon die Beschäftigung mit dem einen oder anderen Thema aus der Welt des Design Thinking, Lean Start-Ups oder Scale Ups voraus. Also vielleicht erst mit den ersten beiden Büchern starten (lohnt ebenso!). Was ich wirklich bemängle, aber das kennen viele, die meine Rezensionen gerne lesen, ist der Umgang mit den Referenzen. Im Buch selbst finden sich kaum bis keine konkreten Quellenangaben bei den einzelnen Konzepten oder Themen. So fällt es schwer, einmal tiefer zu bohren oder zu sehen, was vom Autor stammt und was von anderen klugen Geistern. Da hilft auch das wirklich sehr umfassende Literaturverzeichnis wenig. Toll finde ich, dass die Templates  über Barcodes vom Web zum Download angeboten werden. Auch toll, der “nice and easy look und read”.

Trotz dieser kleiner Mängel und anfänglicher Orientierungsherausforderungen fand ich das Buch, besonders auch vor dem Hintergrund, dass ich aufgrund meiner Dissertation wohl zumindest “Kennerstatus” in dieser Materie habe, ein tolles und wirklich empfehlenswertes Werk. Durch seine sehr pragmatische und frische Art hilft es dem Praktiker, sich das Thema Business Ökosystems anwendungsorientiert zu erschließen.

Lewrick, Michael (2021). Business Ökosystem Design. Vahlen: München 2021.

Weitere Quellen: 

Mack, O. (2003), Konfiguration und Koordination von Unternehmungsnetzwerken – Ein allgemeines Netzwerkmodell, zugl. Diss. Universität Mainz, Gabler: Wiesbaden 2003.

Anmerkung zur Transparenz: Das Buch wurde dem Autor dieses Artikels vom Verlag kostenlos zur Rezension zur Verfügung gestellt. Die Meinung des Autors ist hiervon jedoch nicht beeinflusst.