Der Autor und das Buch
Das heutige Buch beschäftigt sich aus meiner Sicht mit einem interessanten, aber auch in der Praxis herausfordernden Thema: Resonanz. Das Resonanzkonzept wurde vom Soziologen Hartmus Rosa entwickelt. Ich kenne ihn noch sehr gut aus persönlichen Gesprächen aus meiner aktiven Vorstands-Zeit bei globart, einem österreichischen Think-Tank. Wir hatten Rosa zum Thema „Beschleunigung der Gesellschaft“ und „Resonanz“ mehrfach zu Vorträgen bei uns. Umso neugieriger war ich nun auf dieses Buch, das im Titel den Anspruch trägt, das Konzept auf Unternehmen umzusetzen. Es trägt den Untertitel „Menschliche Beziehungen als Schlüssel zur nachhaltigen Veränderung“, ist kürzlich bei Vahlen Versus erschienen und umfasst gut 200 Seiten. Der Autor des Buchs, Torsten Breden, ist Berater für Transformation und Change in Berlin. Zuvor war er unter anderem für Deloitte und als Vorstandsassistent für die Volkswagenstiftung tätig. Er hat zuvor Psychologie an der Freien Universität Berlin studiert und an der Universität Tübingen als Doktor der Philosophie promoviert.
Das Buch von Breden folgt der These, sass viele Transformationsprozesse scheitern, weil sie, in meinen Worten, zu sehr auf mechanistischen Prinzipien und den Einzelnen im Veränderungsprozess und zu wenig auf die menschlichen Beziehungen achten. Und so will das Buch als erstes seiner Art die Resonanztheorie von Rosa auf Unternehmen übertragen.
Ich bin gespannt. Steigen wir genauer ein.
Die Inhalte
Das Buch gliedert sich in Geleitwort, Vorwort und 5 Kapitel, die jeweils zwei weitere Kapitelebenen beinhalten. Es besitzt abschließend ein Literatur- und Stichwortverzeichnis.
Kapitel 1: Einleitung – Resonanz als zentraler Erfolgsfaktor für Unternehmen
In diesem Kapitel führt Breden in den Kontext ein, indem sich Unternehmen heute befinden. Besonders freut mich natürlich, dass er hier auf eine VUCA Welt referenziert und hierzu unseren Sammelband aus 2016 zitiert. Viel wichtiger jedoch sind die Beschreibungen des Autors zur steigenden Bedeutung des sozialen Raums und der veränderten vorherrschenden Organisationsprinzipen in Unternehmen aufgrund neuer Konzepte, wie New Work und Agilität, die als Voraussetzung eine gute Beziehungsqualität haben. Letztere wird jedoch von Organisationen in ihrem aktiven Handeln noch weitestgehend vernachlässigt.
Kapitel 2: Die Resonanztheorie und ihre Anwendung im Unternehmenskontext
Hier stellt der Autor zunächst das Resonanzmodell nach Hartmut Rosa näher vor. Für alle diejenigen, die das Konzept bisher nicht kennen: „Rosa definiert Resonanz als ein dynamisch interaktives Verhältnis zwischen einem Subjekt und seinen spezifischen Weltbeziehungen“ (Breden, 2025, S. 34). Es geht damit um eine Verbindung des Menschen zur Welt, die sich allerdings der aktiven Planbarkeit und Kontrolle entzieht (S. 37). Der Autor beschreibt dann, wie eine aktive Gestaltung dennoch in der Organisationssteuerung und -entwicklung gelingen kann: Durch Schaffung eines entsprechenden Kontextes und Umfelds, das die Wahrscheinlichkeit zur Resonanz erhöht und die Wahrscheinlichkeit zur Entfremdung reduziert (S. 39ff.). Breden vertieft dann die psychologischen Bedingungen für Resonanz, wie Menschliche Beziehungsqualität, Psychologische Sicherheit, Sinnerfüllung, Selbstwirksamkeit und Ambiguitätstoleranz. Ebenso stellt er mit der Resonanzskala ein Tool zur Operationalisierung und Messung des Status Quo auf Ebene des Selbst, des Teams und des Systems. Abschließend werden diese drei Resonanzachsen etwas weiter konkretisiert und vertieft.
Kapitel 3: Implikationen für unser Verständnis von Führung, Organisationsentwicklung und Transformation
Dieses Kapitel wirft einen Blick resonanz-bezogenen Blick auf die drei Felder Führung, Kommunikation und Change-Management/ Transformation. Resonanz Führung bezieht sich auf die Frage, wie es gelingen kann, die fünf eingeführten Faktoren (Menschliche Beziehungsqualität, Psychologische Sicherheit, Sinnerfüllung, Selbstwirksamkeit und Ambiguitätstoleranz) durch das eigene Führungsverhalten zu stärken. Auch geht es hierbei um eine entsprechend gestaltete Führungs(-kräfte)entwicklung.
Im Bereich der Unternehmenskommunikation behandelt der Autor Ideen, wie es gelingen kann, in der Kommunikation die Resonanz und Resonanzfähigkeit zu stärken. Bezugnehmend auf Otto Scharmer’s Theory U werden hierzu differenzierte Gedanken zum Thema Kommunikation entwickelt. Bei Thema OE und Transformation gehts dann um die schnelle Anpassung und Flexibilität sowie um das Thema Kulturtransformation, bevor dann der Autor den Begriff der „Resonanztransformation“ einführt. Er versteht hierunter die Transformation einer Organisation hin zu mehr Resonaz(-fähigkeit) und macht deutlich, wie sich diese von klassischen Transformationskonzepten unterscheidet. Neben einem gleichberechtigten Nebeneinander von inhaltlicher Veränderung und Transformation des sozialen Raums gehts vor allem um die Frage, wie die fünf eingeführten Faktoren nicht aus dem Blick kommen. Auch plädiert er für sogenannte „Resonanzkreise“, Stellvertreterkreise auf allen Ebenen der Organisation, die bei ständig wechselnden Veränderungsvorhaben der Organisation Stabilität und Kontinuität und damit Verbundenheit schaffen. Es geht dann noch um ein „Resonantes Change Management“. Hierzu zeigt der Autor Unterschiede zum bekannten ADKAR Modell auf, beschreibt, wie die Resonanzachsen gestärkt werden können, wie über Triaden Resonanz aufgebaut werden kann und wie ein resonanzorientiertes Stakeholdermanagement gelingen kann. Weiter gehts mit Mentalen Modellen, sozialen Praktiken und Körperarbeit und Einbildungsvermögen, die mit dem Resonanzbegriff im Change-Kontext verbunden werden.
Abschließend werden im 8. Unterkapitel noch Erfolgsprinzipien bei der Durchführung von Resonanztransformationen dargestellt.
Kapitel 4: Organisationen in Schwingung versetzen – die Praxis der Resonanztransformation
In drei Unterkapiteln wird in den drei Resonanzachsen Selbstresonanz, Gruppenresonanz, Systemresonanz und anhand konkreter Beispiele, sozialer Praktiken, der Interaktionsanalyse, Beispiel-Aktivitäten oder möglicher Messverfahren aufgezeigt, wie Resonanztransformation gelingen kann. Auf jeder Achse werden zunächst Fragen zur Messung dargestellt, dann konkrete Übungen und Formate erläutert, um auf dieser Ebene zu arbeiten.
Kapitel 5: Perspektiven zur Weiterentwicklung des Resonanzansatzes
Im letzten Kapitel liefert Breden Ideen, wie der Resonanzansatz weiterentwickelt werden könnte, sowohl auf praktischer, wie auch auf theoretischer Ebene.
Das Fazit
Wie bereits (auch auf dem Cover des Buchs) angedeutet, handelt es sich um das erste mir bekannte Buch zur Übertragung von Hartmut Rosa’s Resonanztheorie auf den Unternehmens- und Organisationskontext. Schon deshalb empfinde ich es als wertvolles Buch. Inhaltlich findet der Autor sowohl eine gute Balance zwischen Theorie und Praxis, wie auch im Umgang mit Einsteigern zum Thema und Experten. Das Buch liefert hier wertvolle Ideen und Hinweise für alle Zielgruppen, auch wenn ich vermutlich für den Einsatz das „Oberton-Singens“ im Workshop in vielen Kontexten nicht mutig genug sein werde. Spass beiseite: Torsten Breden gelingt es, das Thema kurz und prägnant zu vermitteln und viele Denkanstöße zu liefern. Es sei somit allen Führungskräften und Beratenden intern wie extern empfohlen, die sich mit einem umfassenderen Change- und Transformationsverständnis, besonders auf der Beziehungsebene auseinandersetzen wollen.
AMAZON Affiliate-Link: Breden, T. (2025). Resonanz im Unternehmen. Vahlen: München.
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Anmerkung zur Transparenz: Das Buch wurde dem Autor dieses Artikels vom Verlag kostenlos zur Rezension zur Verfügung gestellt. Die Meinung des Autors ist hiervon jedoch nicht beeinflusst.
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