Der Autor und das Buch
Klaus Eidenschink ist kein Unbekannter. Als bekannter und sehr erfahrener Coach und Berater hat er bereits so einige nützliche Dinge in dei Welt gebracht. Wir haben von ihm bereits zwei Bücher unter die Lupe genommen (“Es gibt keine Narzissten!” sowie “Das Verunsicherungsbuch”) und bisher immer begeistert, so dass wir uns nun auch noch das (schön etwas ältere, Anfang 2024 erschienene) Buch “Die Kunst des Konflikts” vorgenommen haben. Das Buch beschäftigt sich, wie der Titel bereits verrät, mit dem Thema Konflikt und ist bei Carl Auer erschienen. Es umfasst gute 210 Seiten und ist in der Reihe “Beratung | Coaching | Supervision” veröffentlicht. Neben Vorwort, Schlusswort, Autoreninfo und 9-seitiger Literaturliste (nice) ist das Buch in 6 Kapitel mit teils zweistufigen Unterkapiteln unterteilt. Das schafft Übersicht und ermöglicht später auch ein schnelles Nachschlagen. Doch nun ab in die Inhalte.
Die Inhalte
Das Buch orientiert sich an Eidenschink’s “Metatheorie der Veränderung”, die er mit verschiedenen Leitdifferenzen neben Konfliktdynamiken auch auf andere Felder, wie z.B. Teamdynamik, Organisationsdynamik oder Psychodynamik anwendet. Die Grundstruktur liefern hier immer die Luhmann’schen Sinndimensionen Sachlich, Sozial und Zeitlich, die weiter heruntergebrochen und dann jeweils als Polpaar dargestellt werden. Dies findet sich auch auf Eidenschink’s Website zur “Metatheorie der Veränderung”.
Doch nun endlich zum Buch… Wenn wir uns die Struktur und die 6 Kapitel genauer anschauen, finden wir folgendes:
- Kapitel 1 beschreibt die Funktionen, die Konflikte haben können. Es untersucht die unterschiedlichen Funktionen von Konflikten und wie sie durch das Auflösen bestehender Ordnungen und das Schaffen neuer Stabilitäten beeinflusst werden. Es wird betont, dass Konflikte ein eigenes System darstellen, das unabhängig von menschlichem Leid oder verursachtem Schaden agiert. Der Autor zeigt, dass sowohl Eskalation als auch Deeskalation hilfreich sein können, um erfolgreiches soziales Miteinander zu ermöglichen.
- Im Kapitel 2 geht es um die Frage der Bildung und Erhaltung von Konfliktsystemen. Es wird beschrieben, wie Konflikte sich formen und stabilisieren. Der Autor betont, dass Konflikte als eigenständige Systeme betrachtet werden können, die unabhängig von den individuellen Beteiligten bestehen und agieren. Das Kapitel beleuchtet die Mechanismen, die dazu führen, dass Konflikte bestehen bleiben und sich entwickeln. Zudem wird erklärt, wie Konflikte bestehende Strukturen auflösen und neue Stabilitäten schaffen können. Es wird deutlich gemacht, dass sowohl Eskalation als auch Deeskalation als nützliche Instrumente zur Gestaltung sozialer Interaktionen dienen können.
- Kapitel 3 analysiert die verschiedenen Erscheinungsformen und “Verformungen” von Konflikten. Der Autor untersucht dabei, wie Konflikte ihre Gestalt annehmen und welche Mechanismen sie beeinflussen. Zudem wird beschrieben, wie unterschiedliche Kommunikationsformen, wie Vorwürfe oder Drohungen, in Konflikten verwendet werden. Das Kapitel bietet ein Theorieschema, das hilft, die Kommunikation in Konflikten zu analysieren und ihre spezifischen Formen zu erkennen.
- Kapitel 4 erläutert die notwendigen Fähigkeiten, um in Konfliktsituationen flexibel reagieren zu können. Der Umgang mit Konflikten erfordert eine Vielzahl von Kompetenzen, darunter kommunikative, emotionale, willentliche, kognitive und praktische Fähigkeiten. Der Autor beschreibt, wie man sich diese Fähigkeiten aneignet und in stressigen Situationen abrufen kann, um Konflikte effektiv zu bewältigen.
- Kapitel 5 und 6 behandeln Strategien zur Regulation und Gestaltung von Konflikten. Der Autor vergleicht die Führung eines Konfliktes bereits in der Einleitung mit dem Dirigieren eines Musikstücks, wobei sowohl die Beteiligten selbst als auch externe Vermittler diese Rolle übernehmen können. Diese Kapitel erläutern, wie man die Dynamik eines Konflikts beeinflussen kann, indem man verborgene Meinungen sichtbar macht und dominierende Stimmen abschwächt. Es werden praktische Ratschläge gegeben, wie man die einzigartigen Eigenschaften von Konflikten handhaben kann, ohne auf starre Regeln angewiesen zu sein.
Das Fazit
Auch wenn es bereits zahlreiche Bücher zum Thema Konflikte und Konfliktmanagement gibt: Dieses Buch ist wahrlich nicht noch eines zuviel. Grund sind meines Erachtens zwei Aspekte, die das Buch besonders machen: Einerseits werden Konflikte nicht rein negativ dargestellt. Vielmehr wird hergeleitet, dass Konflikte ein nützliches und notwendiges Mittel der Veränderung darstellen. Sie erfüllen somit einen wertvollen Zweck. Das simple “Weg mit den Konflikten” würde hier zu kurz greifen, so dass es vielmehr um das Spielen auf der Konflikt-Klaviatur geht als um das einseitige Lösen des Konfliktes. Andererseits ist sein Metamodell mit seinen 9 Leitdifferenzen zur Konfliktdynamik ein umfassendes Tool, um auf dieser Klaviatur gut zu spielen. Das Modell der 9 Leitdifferenzen polarisiert nicht Konflikte und das Handeln der Akteure simplifizierend in die eine oder andere Richtung. Vielmehr macht es deutlich, mit welchen der Pole in den Leitdifferenzen eher auf einen Konflikt eingezahlt wird und dieser stabilisiert wird. Und auf der anderen Seite zeigt sein Modell dann eben nicht die Pole, die den Konflikt lösen, sondern die bei den Parteien die Wahrscheinlichkeit erhöhen, auch, so es denn gewünscht ist, leichter aus dem Konflikt aussteigen zu können. Damit halten sie die Komplexität von Konflikten aufrecht und de Modell verkommt eben nicht wie viele andere einfache Konflikthandbücher zu einem „best practice“ Ansatz im Sinne eines einfachen „wenn-dann“-Rezeptbuchs zur Konfliktbeseitigung.
Im Kapitel 4 dekliniert das Buch die für alle 18 Positionen notwendige Kompetenzen und Selbstreflexionsfragen durch, die ein guten Umgang mit Konflikten stärken. Ähnliches wiederholt sich zu den Spielräumen und Kosten in Kapitel 5. Das systematische Durchdeklinieren schafft zwar Vollständigkeit, war beim Lesen für mich allerdings etwas ermüdend. Zum Nachschlagen (mit Hilfe des detaillierten Inhaltsverzeichnisses) bei konkreten Anlässen und Fällen allerdings scheint es mir äußerst wertvoll. Die leichte Ermüdungserscheinung, die sicherlich nicht am Autor liegt, wird durch einen sehr angenehmen und klaren Schreibstil wettgemacht. Die vielen Quellen in Fußnoten für ein vertiefendes Studium einerseits, sowie die vielen Praxisbeispiele aus der Konfliktmoderation andererseits schaffen perfekt einen gelungenen Spagat zwischen Theoriefundierung und Praxisorientierung. Die zahlreiche Reflexionsfragen laden zum Ausprobieren ein. Und so kann ich das Buch wärmstens und uneingeschränkt allen BeraterInnen und Coaches empfehlen. Auch für Führungskräfte beinhaltet das Buch wertvolle Ideen Anregungen und ist auch für diese besonders lohnenswert. Es hilft Ihnen nicht nur Konflikte als notwendiges soziales Phänomen der Veränderung zu deuten, sondern auch den einen oder anderen neuen Blick auf einen Konflikt zu ermöglichen.
Eidenschink, K. (2024). Die Kunst des Konflikts. Carl-Auer.Eidenschink, K. (2024). Die Kunst des Konflikts. Carl-Auer.
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Anmerkung zur Transparenz: Das Buch wurde dem Autor dieses Artikels vom Verlag kostenlos zur Rezension zur Verfügung gestellt. Die Meinung des Autors ist hiervon jedoch nicht beeinflusst.
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