Thought Bites - Chathams Law - Oliver Mack xm-instituteChatham’s Law (Chatham House Rule) <> Chatmans Law

Chatmans Law (Thought Bite der letzten Woche) und Chathams Law oder besser Chatham House Rule sind leicht zu verwechseln, meinen aber etwas anderes…

In Transformationsprozessen, Strategie-Workshops oder kritischen Führungsklausuren ist ein Punkt immer wieder zentral: Wie schaffen wir einen Raum, in dem Klartext gesprochen werden kann – ohne Angst vor Reputationsschäden oder Eskalationen?

Die sogenannte „Chatham’s Law“, korrekterweise die Chatham House Rule, bietet hier einen bewährten Rahmen. Sie ist einfach, aber hochwirksam – und wird in Organisationen zunehmend als Werkzeug für Vertrauen, Reflexion und Innovation eingesetzt.

Begriffsdefinition: Was ist die Chatham House Rule?

Die Chatham House Rule lautet im Original:

“When a meeting, or part thereof, is held under the Chatham House Rule, participants are free to use the information received, but neither the identity nor the affiliation of the speaker(s), nor that of any other participant, may be revealed.”

Übersetzt:

Teilnehmer dürfen die Inhalte der Diskussion frei verwenden – aber ohne Nennung von Namen, Funktionen oder Organisationen.

Ziel: Vertraulichkeit ohne Informationssperre.

Die Regel schafft einen Schutzraum für offene Kommunikation und reduziert strategische Selbstzensur.

Die Regel wurde 1927 vom Royal Institute of International Affairs formuliert, besser bekannt als Chatham House in London. Ursprünglich entwickelt, um vertrauliche diplomatische Gespräche zu ermöglichen, hat sich die Regel über Jahrzehnte zu einem internationalen Standard für vertrauliche, aber nutzbare Dialoge entwickelt.

Sie ist besonders im Bereich der internationalen Politik, Wirtschaft, Diplomatie und strategischen Beratung etabliert – überall dort, wo Transparenz und Diskretion in Balance gebracht werden müssen.

Anwendung in Organisationen

1. Führungsklausuren und Strategieworkshops

Gerade bei sensiblen Themen – Restrukturierung, Führungskonflikte, Kulturwandel – hemmt formale Präsenzkommunikation die Offenheit.

Beispiel: Eine Geschäftsleitung diskutiert über die Nachfolge einzelner Führungskräfte. Unter der Chatham House Rule kann offener über Potenziale, Defizite und Optionen gesprochen werden – ohne dass Namen oder Meinungen später zitiert werden.

2. Feedbackformate auf höheren Ebenen

Oft ist es schwierig, auf C-Level eine ehrliche Rückmeldung zur Unternehmenskultur oder zum Führungsstil zu erhalten.

Lösungsansatz: Durchführung eines Roundtables unter Chatham-Regel, z. B. mit anonymisierten Leadership-Coachings oder Peer-Debriefings.

3. Externe Dialogformate und Think-Tanks

Unternehmen, die sich mit Stakeholdern aus Politik, NGOs oder Mitbewerbern austauschen, setzen auf die Regel, um gemeinsame Problemlösung zu ermöglichen, ohne dass daraus ein PR-Risiko entsteht.

Fazit: Vertraulichkeit ist eine Führungsentscheidung

Die Chatham House Rule ist kein rechtlicher Vertrag, sondern ein psychologisches Commitment zu Vertraulichkeit und Integrität. Sie setzt auf soziale Normen statt formale Regeln – und funktioniert deshalb vor allem dann, wenn sie von der Führung glaubwürdig eingeführt und getragen wird.

Für Berater ist sie ein wertvolles Instrument, um echte Dialogräume zu gestalten – jenseits politischer Rhetorik.

Für Führungskräfte ist sie ein Bekenntnis zu Vertrauen und Tiefe in der Kommunikation.

Denn: Nur wer sprechen darf, wie er denkt, kann beitragen, was wirklich zählt.