In der modernen Arbeitswelt gibt es eine Vielzahl von Organisationsformen, um unterschiedliche Aufgaben und Herausforderungen zu bewältigen. Drei der häufigsten und oft noch immer missverstandenen Strukturen sind Teams, Gruppen und Crews. Obwohl diese Begriffe oft synonym verwendet werden, gibt es signifikante Unterschiede in ihren Merkmalen, wie sie organisiert sind und wie sie zusammenarbeiten. In diesem Blogpost werfen wir einen detaillierten Blick auf die Eigenschaften, die diese drei Formen der Zusammenarbeit auszeichnen, und vergleichen ihre Rollen, Strukturen und Arbeitsweisen. Egal ob in der Unternehmenswelt, im Projektmanagement oder in hochspezialisierten Bereichen wie der Luftfahrt – das Verständnis dieser Unterschiede kann den Schlüssel zum Erfolg in der Zusammenarbeit bilden.
Um einzusteigen, wollen wir kurz die drei Strukturen ihrem Wesen nach definieren und das eine oder andere Beispiel besprechen. Sie unterscheiden sich vor allem in der Art und Weise der Koordination, der zu bewältigenden Aufgabe/ zu erreichenden Ziele und der Notwendigkeit zur Kooperation/ Interaktion /Kommunikation.
Merkmale, Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Gruppen, Teams und Crews
Starten wir mit Gruppen: Gruppen bestehen aus einer Ansammlung von Individuen, die ein gemeinsames Interesse oder Ziel teilen, aber oft unabhängig voneinander arbeiten. Die Rollen in einer Gruppe sind in der Regel nicht klar definiert, und die Zusammenarbeit kann locker oder wenig strukturiert sein. Gruppen neigen dazu, weniger formale Strukturen zu haben und sind oft flexibler in ihrer Arbeitsweise. So kann sich bereits beim Warten mehrer Individuen an einer Bushaltestelle durch die räumliche Nähe und das gemeinsame Ziel, den Bus zu besteigen, eine Gruppe bilden. In Organisationen sind Gruppen vor allem dann gegeben, wenn die einzelnen Mitglieder der Gruppe unabhängig arbeiten und nicht aufeinander angewiesen sind, wie dies bei Projektleiter-Pools, Call-Center Agents oder Experten-Pools der Fall ist, die in einer Abteilung gebündelt sind. Es gibt in diesem Falle zwar ein gemeinsames Interesse oder Thema, die Arbeit wird aber nicht gemeinsam und arbeitsteilig erbracht. Die Call-Center Agents betreuen jeweils einen Kunden, die Projektleiter werden auf eine bestimmte Zeit in ein bestimmtes Projekt entsandt und die Experten werden zur Lösung eines bestimmten Problems gerufen.
Crews sind hochspezialisierte Gruppen mit klar festgelegten Rollen und Abläufen. Die Zusammenarbeit basiert auf standardisierten Protokollen, und Entscheidungen werden oft hierarchisch getroffen. Crews arbeiten nach bewährten Verfahren, was besonders in routinierten oder kritischen Umgebungen, wie der Luftfahrt oder in Notfallsituationen, erforderlich ist. Flexibilität ist begrenzt, da der Fokus auf Effizienz und Genauigkeit liegt. So müssen beispielsweise Feuerwehrleute eng gemeinsam zusammenarbeiten und sich abstimmen, um einen Brand zu löschen. Dennoch ist hier die hierarchische Koordination und festgelegte Standards der Schlüssel für ein schnelles Handeln. Dies stellt auch sicher, dass sich niemand im Weg steht. Auch in einem OP-Saal kann man eher von einer Crew als von einem Team sprechen: Hier sind die Aufgaben klar verteilt, der Anästhesist sorgt für die Narkose, Überwachung und Stabilisierung von Atmung und Kreislauf, der OP-Assistent für die Instrumente und die Chirurgin führt den Eingriff durch. Schließlich weiß auch in einem Flugzeug jedes der Crewmitglieder was es zu tun hat. Die Abläufe sind mit Checklisten hoch standardisiert, die Rollen und Aufgaben klar definiert. So werden Fehler vermieden und hier wie im OP eine hohe Sicherheit und Zuverlässigkeit angestrebt.
Teams zeichnen sich ebenso durch eine klarer Struktur und Zusammenarbeit aus. Mitglieder eines Teams haben ebenso spezifische Rollen und arbeiten intensiv zusammen und sind auf gemeinsame Ziele oder eine gemeinsame Aufgabe fokussiert. Teams sind stark auf Kooperation und regelmäßige Kommunikation angewiesen, und Entscheidungen werden oft gemeinsam getroffen, da verschiedene Blickwinkel zur Lösung der Aufgabe notwendig sind. Teams sind in der Regel flexibler als Crews, da sie sich an neue Herausforderungen anpassen und kreative Lösungen entwickeln können. So bedarf es in der Softwareentwicklung veschiedener Entwickler, die gemeinsam arbeitsteilig ein Problem lösen oder als interdisziplinäre Teams aus Experten aus verschiedenen Bereichen, wie der Frontend-, der Backend-, der Datenbank-Entwicklung und des Testings bestehen. Es gibt zwar eine Rollenspezialisierung, welche sich aber im Bedarfsfall auflösen kann, um das gemeinsame Ziel zu erreichen. So kann der Datenbank-Entwickler falls notwendig dem Frontend-Entwickler zur Hand gehen oder umgekehrt. Das Team ist deutlicher selbstorganisiert im Sinne der Aufgabenverteilung als eine Crew.
Nach diesem ersten Blick können wir etwas differenzierter auf die einzelnen Merkmale der drei Strukturen schauen:
Merkmal | Gruppen | Teams | Crews |
---|---|---|---|
Struktur | Locker, oft wenig formalisiert | Strukturiert, mit klaren Rollen, aber flexibel | Stark formalisiert, klare Rollenverteilung |
Zielsetzung | Kann vage oder vielfältig sein | Gemeinsame Ziele, die dynamisch entwickelt werden | Feste, vorgegebene Ziele |
Rollenverteilung | Weniger spezifisch, Rollen können sich überschneiden | Klare Rollen, die sich situativ ändern können | Feste Rollen, wenig Flexibilität |
Entscheidungsfindung | Oft individuell oder durch den Gruppenleiter | Kollektiv oder partizipativ, Entscheidungen werden gemeinsam getroffen | Hierarchisch, Entscheidungen werden von Führungspersonen getroffen |
Kommunikation | Informell, nicht immer regelmäßig | Offene, kontinuierliche Kommunikation und Feedback | Strukturiert, oft formalisiert, klare Kommunikationswege |
Führung | Kann variabel sein, je nach Gruppenzweck | Situativ oder rotierend, oft flacher Führungsstil | Klare hierarchische Führung |
Zielerreichung | Nicht immer stark auf Ergebnisorientierung fokussiert | Stark ergebnisorientiert, kooperative Zielerreichung | Ergebnis- und effizienzorientiert |
Aufgabenverteilung | Lose organisiert, nicht immer klar definiert | Klar, aber flexibel, Aufgaben werden nach Fähigkeiten verteilt | Strikt und klar definiert, feste Aufgaben |
Zusammenarbeit | Kann locker sein, manchmal wenig Zusammenarbeit | Starke Kooperation, Zusammenarbeit ist entscheidend | Zusammenarbeit basiert auf standardisierten Abläufen |
Fehlerkultur | Weniger formell, Fehler sind möglich, ohne großen Einfluss | Fehler als Lernmöglichkeit, sie werden gemeinsam analysiert | Fehler müssen minimiert werden, da sie den Ablauf stören |
Flexibilität | Hoch, oft weniger gebunden an feste Regeln | Hoch, Anpassung an neue Herausforderungen | Gering, stark gebunden an feste Abläufe |
Dauer der Zusammenarbeit | Kann kurz- oder langfristig sein | Oft langfristig oder für die Dauer eines Projekts | Meist kurz- oder mittelfristig, projekt- oder aufgabengebunden |
Beispielhafte Kontexte | Interessensgruppen, soziale Gruppen | Projektteams, Entwicklungs- oder Kreativteams | Flugzeugbesatzungen, Rettungskräfte |
Training und Expertise | Variabel, oft keine spezialisierte Schulung | Hoher Grad an Spezialisierung und kontinuierlichem Lernen | Hohe Spezialisierung, starkes Training für standardisierte Abläufe |
Interdependenz | Gering, Mitglieder arbeiten eher unabhängig voneinander | Hoch, starke gegenseitige Abhängigkeit bei Aufgaben | Mittel bis hoch, abhängig von den Rollen im Ablauf |
Differenzierte Einsatzfelder von Gruppen, Teams und Crews
Die Differenzierung zwischen Gruppen, Teams und Crews ist entscheidend, da jede Struktur spezifische Stärken und Herausforderungen mit sich bringt, die sich auf die Effektivität der Zusammenarbeit auswirken. Organisationen, die diese Unterschiede verstehen und bewusst einsetzen, können ihre Ressourcen gezielter und produktiver nutzen. Gruppen bieten Raum für offene Diskussionen und lockeren Austausch, was ideal für kreative Prozesse oder unverbindliche Zusammenarbeit ist. Teams hingegen erfordern enge Abstimmung und Flexibilität, um komplexe Aufgaben gemeinsam zu bewältigen. Crews hingegen zeichnen sich durch präzise, standardisierte Abläufe aus, was besonders in sicherheitskritischen oder stark prozessgetriebenen Umgebungen von Vorteil ist. Die bewusste Auswahl der passenden Struktur für eine Aufgabe stellt sicher, dass die Arbeitsweise optimal zu den Anforderungen passt und so Effizienz, Kreativität oder Sicherheit maximiert werden können. Eine undifferenzierte Herangehensweise kann zu Missverständnissen, ineffizienter Zusammenarbeit oder fehlender Zielerreichung führen.
Systematischer begleiteter Prozess zur Strukturgestaltung
Bei der Auswahl und Festlegung der richtigen Strukturen hilft ein systematischer Prozess, der entweder organisations-intern, oder extern unterstützt stattfinden kann. Wir erleben, dass Organisationen hier gerne die externe Erfahrung und das Know How in Form einer Beratungs-Begleitung in Anspruch nehmen. Ideen und theoretisches Hintergrundwissen gibt es aus der Theorie der Gruppe, der Erfolgsfaktorenforschung von (Hochleistungs-)Teams oder dem Crew Resource Management (CRM).
Im Rahmen des Prozesses werden verschiedenste Fragen thematisiert, die dann eine sinnvolle Strukturauswahl möglich machen, z.B.
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Was ist das genaue Ziel der Zusammenarbeit, was die (gemeinsame) Aufgabe(n)? Handelt es sich um ein langfristiges Projekt, eine kreative Problemlösung oder eine stark strukturierte Aufgabe?
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Welche Art von Ergebnissen wird angestrebt (Innovation, Effizienz, Präzision, Wissensaustausch)?
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Wie komplex ist die Aufgabe? Gibt es klare Ursache-Wirkung-Beziehungen oder müssen kreative, dynamische Lösungen entwickelt werden?
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Handelt es sich um Aufgaben, die Routine und klare Abläufe erfordern, oder ist Flexibilität gefragt?
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Müssen klare, spezialisierte Rollen mit wenig Flexibilität besetzt werden, oder sollten die Mitglieder verschiedene Rollen übernehmen können?
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Ist eine hierarchische Struktur notwendig oder fördert eine flache, partizipative Entscheidungsfindung den Erfolg?
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Wird enge Zusammenarbeit und häufige Kommunikation gebraucht, oder reicht es, lose organisiert zu sein und individuell Beiträge zu leisten? Kann die Kommunikation standardisiert werden?
Nach Festlegung der geeigneten Struktur erfolgt die detaillierte Ausgestatung und Einbettung in die übergreifende Organisationsstruktur. Eine Testphase ermöglicht die Erprobung und ggf. Anpassung.
Über den Zusammenhang zwischen den Strukturtypen und dem Cynefin-Framework sprechen wir im 2. Teil dieses Beitrags.
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