Die AutorInnen und das Buch

Werte in Führung - Renate Daimler - Rezension - Dr. Oliver Mack - xm-institute

In dieser Rezension beschäftigen wir uns wieder mal mit einem Buch aus der blauen Reihe „Systemische Management“ von Schäffer-Poeschel. „Werte in Führung“ trägt den Untertitel „Erfolgreiche Zusammenarbeit mit Vertrauen, Struktur und Vision“ und ist von Renate Daimler, einer erfahrenen systemischen Beraterin und Struktur-Aufstellerin aus Wien. In der Vergangenheit hat sie u.a. Bücher mit Matthias Varga von Kibed und Insa Sparrer vom Syst®-Institut zu systemischen Strukturaufstellungen veröffentlicht. Und so deutet der Titel (für mich zumindest) bereits auf das GPA-Schema (Glaubenspolaritäten-Dreieck) hin. Hören wir auf zu hypothetisieren und steigen wir in die Inhalte ein.

Die Inhalte

Das Buch umfasst gut 200 Seiten und ist in 12 Kapitel unterteilt. Die Hauptakpitel sind in weitere Unterkapitel bis auf 3 Ebenen untergliedert, was die Übersichtlichkeit erhöht. Leider verzichtet das Buch auf ein Stichwortverzeichnis ebenso wie auf ein umfassendes Quellenverzeichnis. Diese sind am Ende der einzelnen Kapitel aufgeführt. 

  1. Werte in Führung: kann als Vorwort zum Buch verstanden werden. Auf 2 Seiten beschreibt Daimler in der Übersicht das Wertedreieck mit den Ecken Vision/ Aufgabe, Struktur/Klarheit und Vertrauen/ Wertschätzung.
  2. Die Systemischen Grundsätze im  Unternehmensalltag: In diesem Kapitel beschreibt die Autorin zunächst die Herkunft der beiden Schlüsselkonzepte, die Systemprinzipien und das Wertedreieck und nennt hierzu auch ihren Bestseller (8. Auflage in 2024) gemeinsam mit Insa Sparrer und Matthias Varga von Kibéd „Basics der Systemischen Strukturaufstellungen“ als weitere Quelle. Sie steigt dann detailliert in die systemischen Grundsätze ein. Dabei geht sie zunächst auf die vielen Wurzeln  ein (bei SySt® werden diese Grundsätze heute als die SySt® Systemprinzipien bezeichnet). Nach den allgemeinen systemsichen Orientierungen werden die einzelnen Grundsätze mit vielen Beispielen und im Detail in den Unterkapiteln des Kapitels 2 behandelt. Hier geht es um die Nichtleugnugn von Vorhandenem, um Zugehörigkeit zum System, um die Anerkennung zeitlicher Reihenfolge und die weiteren Grundsätze. Daimler hat hierzu die Grundsätze auch stärker als das SySt®-Institut auf den Unternehmenskontext übersetzt. 
  3. Was sind systemische Strukturaufstellungen? Hier beschreibt Daimler in einfacher und unternehmenstauglicher Sprache, was sich hinter dem Begriff der systemischen Strukturaufstellungen verbirgt. Sie nennt sie „Raumsimulation“, geht auf die repräsentative Wahrnehmung ein, wie die wissenschaftliche Fundierung.
  4. Das Wertedreieck als schützender Rahmen: Hier beschreibt die Autorin ausführlich das Wertedreieck und betont bereits in der Einführung Vereinfachungen die sie zum besseren Verständnis im Gegensatz zum umfangreicheren Modell im gemeinsamen Buch mit Sparrer/ Varga von Kibéd macht. Sie geht dann auf die drei Ecken des Wertedreiecks konkreter ein und beschreibt auch die möglichen persönlichen Präferenzen des Einzelnen für bestimmte Ecken. Ebenso geht sie auf die Nutzung des Dreiecks in Teams ein. Alles wieder mit vielen konkreten Beispielen untermalt. Neben dem „Äußeren“ (Team und Organisation) gehst dann um den Raum der Werte im eigenen Inneren. 
  5. Sicheres Wachstum in Wertedreieck: Hier integriert die Autorin das Vier-Schritte Modell der Entwicklung von Organisationen von Glasl/ Lievegoed und bringt die Pionierphase, die Differenzierungsphase, die Integrationsphase und die Assoziationsphase in direkten Zusammenhang mit dem Wertedreieck und den Systemischen Grundsätzen.  
  6. Sprache verbindet oder trennt – wertschätzende Kommunikation: Dieses Kapitel nimmt die Kommunikation und Sprache in den Blick. Hier verbindet Daimler das Wertedreieck zunächstmit dem Konzept der Psychologischen Sicherheit von Amy Edmondson. Dann beschreibt sie nützliche Kommunikationsstrukturen auf Basis der systemischen Grundprinzipien. Ebenso wirft sie den Blick auf die Kommunikation im Konfliktfall und greift Marshall Rosenbergs Gewaltfreie Kommunikation auf, indem sie als Ergänzung zu den  systemischen Grundsätze und des Wertequadrats bschreibt. Schließlich geht die Autorin noch auf neurowissenschaftliche Erkenntnisse von Hanson/ Mencius und deren Auswirkungen auf unsere Kommunikation ein.  
  7. Die Familie am Konferenztisch – Überzeugungssysteme und Glaubenssätze: In diesem Kapitel geht es, wie der Titel sagt, um den Einfluss unserer Überzeugungssysteme und Glaubenssätze im Unternehmensalltag. Daimler beantwortet die Frage, wie unsere Glaubenssätze entstehen bzw. entstanden sind und wie sie wirken. Ach hier greift die Autorin wieder auf die systemeichen Grundsätze zurück und liefert mit ihrer Hilfe eine umfangreiche Fragenliste zur Selbstreflexion. Im 4. Unterkapitel liefert Renate Daimler dann verschieden Beispiele zu Glaubenssätzen und deren Effekten, die sie anhand ausführlicher Fallstudien beschreibt. Dann beschäftigt sie sich mit automatischen Reaktionen. Es folgt ein Unterkapitel zu Selbstbewusstsein, Selbstverantwortung und Selbstfürsorge.
  8. Destruktive Konflikte sind teuer: Dieses Kapitel macht deutlich, dass unerwünschte „giftige“ Konflikte mit hohen Kosten verbunden sind. Am Beispiel eines Veränderungsprozesses beschreibt die Autorin die Reflexion im Wertedreieck und anhand systemischer Grundsätze. Im Anschluss geht sie auf die verschiedenen Konfliktkostenkategorien im Detail ein. Hieraus wird deutlich wie schnell sich eine Beratung oder ein Coaching amortisieren kann. Dann geht Daimler auf sinnvolle Konflikte ein, dies sind Spannungen, die aus Sicht des Wertedreiecks nützlich sein können. 
  9. Von der Welt der Probleme in die Welt der Lösungen: Dieses Kapitel nimmt die Lösungsfokussierung in den Blick, wie sie von Insoo Kim Berg und Steve de Shazer stammen und auch beim SySt® Institut rege Anwendung finden. Die Autorin lernte noch direkt von de Shazer. In Unterkapiteln liefert sie einen kurzen Leitfaden mit Fragen für lösungsfokussierte Gespräche sowie Hinweise für die Arbeit mit Unterschieden. Auch das Thema „Wunder“ hat mit der Unterscheidung zu Zielen und der  Wunderfrage seinen Platz und mit Ideen auch als „Softversion“ für Unternehmen gangbar gemacht.
  10. „Know-how“ und „Know-why“ sind Geschwister: Hier weist Daimler in einem knappen Kapitel auf 2 Seiten darauf hin, dass es ebenso wichtig ist dass „Why“ und nicht nur Know-How im Blick zu behalten und verweist dabei auf Bodo Janssen.
  11. Innehalten ist gut investierte Zeit: Ein weiteres kurzes 6-seitiges Kapitel, das die Bedeutung des Themas „Innehalten“, das sich auch bisher durch das gesamte Buch gezogen hat, nochmals separat aufgreift. Dabei geht es auch um die Fragen der Achtsamkeit und Meditation. 
  12. Wozu brauchen Führungskräfte Wissen über Hirnforschung? Hier geht Daimler abschließend nochmal auf das Thema Hirnforschung ein und weist darauf hin wie viel sich hier in den letzten Jahren weiterentwickelt hat. Dabei fokussiert sie vor allem nochmals auf die beiden Grundbedürfnisse nach Verbundenheit und individuellem Wachstum. Ich würde noch um „Sinn“ ergänzen, den sie jedoch bereits im Kapitel 10 bearbeitet hat.

Das Buch endet mit „Eine Verbeugung vor meinen Lehrerinnen und Lehrern“, in der Daimler alle ihre Lehrer nochmals benennt und würdigt. Eine schöne Geste, die mit folgenden Worten endet: „Ich denke jedes Mal an sie, wenn in einer scheinbar hoffnungslosen Beratung Wunder geschehen. Und all das, was ich auf der »weltlichen« Ebene gelernt habe, hätte ich nie so klar ausgerichtet umsetzen können, wenn es nicht meine spirituelle Lehrerin und Freundin Irene Schida gäbe. Sie hat mich darin bestärkt, meinen »Kanal nach oben« zu öffnen und mich durch alle Stürme und Krisen meines Lebens begleitet. Unsere Freundschaft ist ein ständiger Quell der Inspiration, das »große Ganze« im Auge zu behalten. In meiner eigenen Meisterschaft öffne ich nun mit Demut und Dankbarkeit meine eigene Schatzkiste, für die, die nach mir kommen.“ (Daimler, 2024, 200).

Das Fazit

Renate Daimler ist aus meiner Sicht ein wundervolles Buch gelungen. Natürlich ist es mir deshalb nahe, weil wir am xm-institute mit ähnlichen Wurzeln der Lösungsfokussierung, der systematischen Strukturaufstellung und ihren Schemata wie auch der Gewaltfreien Kommunikation ach Rosenberg arbeiten und ich mit Elisabeth Ferrari, Insa Sparrer und Matthias Varga von Kibéd, KollegInnen und LehrerInnen hatte, die aus der gleichen Tradition entstammen. Auch war Renate Daimlers Buch „Basics der systemischen Strukturaufstellung“ zusammen mit Matthias und Insa eines der ersten Bücher war, die ich zu diesem Thema im Regal hatte.

Doch ungeachtet dessen finde ich das Buch aus vielerlei Hinsicht sehr gelungen: Daimler beschreibt in einfacher und doch klarer und prägnanter Art und Weise die beiden Schemata des Wertedreiecks bzw. Glaubenspolaritätendreiecks sowie der systemischen Grundprinzipien bzw. SySt®-Systemprinzipien und macht diese auch für den Unternehmenskontext gut anwendbar. Ebenso wird deutlich, dass die Autorin die Ansätze bereits sehr lange mit Herz und voller Energie in ihrem Beratungs- und Trainingsalltag einsetzt. Das Buch profitiert hier von sehr vielen praktischen Beispielen der erfahrenen Autorin. Der Titel ist für mich etwas irreführend, da das Buch weit über das Thema Werte hinausgeht und neben einen Grundabriss zu den auch am SySt®-Institut gelehrten GPA, den Systemprinzipien, der Lösungsfokussierung und Rosenbergs Gewaltfreier Kommunikation zusätzliche Erweiterungen in Richtung anderer Quellen, wie z.B. der Gehirnforschung, der psychologischen Sicherheit, des „Why“ und anderen Konzeptenbietet. Und so sei das Buch uneingeschränkt allen systemsichen BeraterInnen und HR Expertinnen ebenso empfohlen wie allen Führungskräften, die sich mit dem Thema Führung tiefer aber auch sehr praxisnah auseinandersetzen wollen. Danke liebe Renate Daimler jedenfalls für dieses Buch.  

Daimler, R. (2024). Werte in Führung. Schäffer-Poeschel. 

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Anmerkung zur Transparenz: Das Buch wurde dem Autor dieses Artikels vom Verlag kostenlos zur Rezension zur Verfügung gestellt. Die Meinung des Autors ist hiervon jedoch nicht beeinflusst.