Die Autorinnen und das Buch

Exnovation und Innovation - Sandra Bils_Gudrun L. Töpfer - Rezension - Dr. Oliver Mack - xm-instituteMit dem zweiten Teil des Titels, der Innovation kann wohl jeder etwas anfangen. Doch was sich hinter Exnovation verbirgt, wissen wohl deutlich weniger. Und so kann man gespannt sein, was sich im Buch mit dem Untertitel „Synergie von Ende und Anfang in Veränderungen“ verbirgt. Das Buch der beiden Autorinnen Sandra Bils und Gudrun Töpfer ist 2024 bei Schäffer-Poeschel in der blauen Reihe Systemisches Management erschienen und umfasst gut 250 Seiten.

Dr. Gudrun L. Töpfer ist keine Unbekannte. Von ihr haben wir in 2021 bereits das Buch „Ambidextrie in Organisationen“ vorgestellt. Sie ist vom Hintergrund her Psychologin und als Beraterin für Organisationsentwicklung tätig. Ferner leitet sie den Thinktank „Ambidextrie“. Prof. Sandra Bils ist Theologin, forscht, lehrt und arbeitet vor allem im kirchlichen Umfeld. Dabei beschäftigt sie sich vorrangig mit Transformation, Innovation und Exnovation.

Das Buch gliedert sich in drei Teile und neun Kapitel. Es endet mit einem umfangreichen 15-seitigem Literaturverzeichnis und einem Stichwortverzeichnis. Schauen wir uns die Inhalte im Detail an und erkunden wir, was sich hinter Exnovation verbirgt…

Die Inhalte

Teil A: Exnovation – eine inhaltliche Annäherung

1 Hinführung zum Thema: Dieses Kapitel beginnt mit der provokanten Überschrift „Die Zeit der Innovation ist vorbei“ und mit der Bedeutung des Abschieds von Bestehendem, wenn Neues Raum finden soll. „Das »Innovator’s Dilemma« ist zum »Exnovator’s Dilemma« geworden: Es gilt, mit dem Aufhören anzufangen, nicht mit dem Anfangen aufzuhören.“ (Bils/ Töpfer, 2024, 14) „Die Exnovation ist – Stand heute – in der allgemeinen Debatte kein allzu verbreitetes Thema.“ (ebd., 17) Sie ist zwar schon unter anderem Namen da, findet aber auch irgendwie keinen richtigen Platz. Dennoch scheint der Verzicht oder das Aufhören ebenso wichtig, wie das Neue der Innovation.

2 Stand der Forschung im Bereich Exnovation: Zunächst werden eine Definition und die Merkmale von Exnovation geliefert. Dann folgen zahlreiche Synonyme und verwandte Begriffe, die in umfangreichen Überschichten vorgestellt werden. Dann folgt im 3. Unterkapitel die Geschichte der Exnovation. Im 4. Teil gehts dann um Veränderungen als einen übergreifenden Rahmen für Exnovation. Die Autorinnen machen deutlich, dass man Exnovation nicht für sich stehend, sondern immer nur im größeren Veränderungskontext verstehen kann. Hierzu führen sie das Konzept der „Multi-Level-Pers

3 Governance für Exnovationsprozesse: In diesem Kapitel gehts vor allem um die Initiierung und Steuerung der Exnovation. Hierbei differenzieren die Autorinnen zwischen verschiedenen Modellen zur Betrachtung von Veränderungsprozessen auf Makro- und Systemebene (exogene Exnovation) sowie auf Organisationsebene (endogene Exnovation). Bei der Exogenen Exnovation werden aus verschiedenen Modellen drei Exnovationsfacetten herauskristallisiert und näher beschrieben. Bei der endogenen Exnovation wird Ambidextrie als Rahmen für die Governance verwendet und mit der Exnovation verbunden. Dann werden die Risiken der Exnovation näher beleuchtet. 

Teil B: Transfer in die Praxis und Beispiele

4  Exnovation im kirchlichen Kontext: Bils/ Töpfer haben die Kirche stellvertretend für den Non-for-Profit Bereich als Beispiel gewählt. Wohl nicht zuletzt weil Bils hier tätig ist und Erfahrungen hat. Charmant finde ich den Einstieg: „Im kirchlichen Bereich gehört das Beerdigen zu den Kernkompetenzen.“ (Bils/ Töpfer, 2024, 109) Dennoch konstatieren sie nachfolgend: „Bisher hat sich im kirchlichen Bereich die Exnovationsthematik jedoch noch nicht breit durchsetzen können. Implizit oder explizit wird Exnovation in der theologischen Literatur nur als Seitenthema verhandelt und auch in Strategiepapieren und Konzepten der Organisationsentwicklung im kirchlichen Bereich (Kirchenentwicklung) hat sich der Terminus noch nicht breit durchsetzen können.“ (Ebd., 109). Zunächst wird eine Verbindung zwischen Exnovation und Theologie hergestellt, um dann den Wandel der evangelischen Kirche etwas näher zu erläutern. Dann folgen konkrete Praxisbeispiele zu Exnovation aus dem kirchlichen Bereich aus unterschiedlichen Ländern und Konfessionen. Abschließend wird die Relevanz der Exnovation im kirchlichen Bereich zusammenfassend beleuchtet.  

5  Via Negativa: Exnovation im Wirtschaftskontext: Dieses Kapitel widmet sich nun der Exnovation in der Wirtschaft. Der Titel des Kapitels geht auf Taleb zurück und drückt eine Verbesserung durch das bewusste Weglassen aus. Zur tieferen Betrachtung erfolgt zunächst ein Interview mit Prof. von den Eichen, einem Innovations-Experten. Dann gehts um die wichtigsten Exnovationsanlässe und konkrete Fallbeispiele. Von der Wedding AG, der Firma Droschke SIGN und der Zotter Schokolade GmbH. Abschließend wird eine Checkliste mit Reflexionsfragen vorgestellt. Abschließend gehts noch um die Personen, die mit einer Exnovation betraut werden, um die Finovators und Early Releasers.  

6  Erfahrungen mit Exnovation (Interviews mit Expertinnen und Experten): In diesen 9 Interviews gehts um konkrete Praxisfacetten der Exnovation aus den verschiedensten Bereichen, wie soziale Organisationen, Bildung, Bundeswehr, Deutsche Bahn, Beratung und viele mehr. 

Teil C: Methodischer Teil

7  Tools für den Exnovationsprozess: In diesem Teil werden 15 Tools vorgestellt, die für die Arbeit im Zusammenhang mit Exnovation Verwendung finden können. Dabei werden bekannte und weniger bekannte Tools vorgestellt und anwendungsorientiert beschrieben. Jedes Tool wird nach Ziel, Herkunft/ Quelle und Anwendbarkeit in den drei Exnovationsfacetten kategorisiert. Schade war hier, dass der Exnovation Canvas von Dennis Fischer bei den angegebenen Quellen verfügbar war. Ich hoffe, dies wird im Sinne des Buchs zeitnah behoben.

8  What we have learned so far: Abschließend gibts von Bils/ Töpfer noch eine Zusammenfassung, was sie bisher zum Thema Exnovation gelernt haben. Hier geben sie auf 2 Seiten u.a. auch einen kurzen Ausblick wo sie noch Forschungsbedarf sehen.

9  Fazit: The Exnovator’s Dilemma: In einem Schlusswort stellen die Autorinnen hier noch das „Exnovator’s Dilemma“ vor. Ein Gegenstück zum Innovator’s Dilemma von der Innovationsgröße Clay Christensen, das sie anhand von 5 Kernkonflikten kurz charakterisieren.   

Das Fazit

Ich konnte vor diesem Buch noch nichts mit dem Begriff Exnovation anfangen und bin daher dankbar, dass die beiden Autorinnen dieses Werk verfasst haben und so das Thema einer breiteren Öffentlichkeit nahebringen. Das Buch ist gut leserlich und systematisch strukturiert geschrieben. Es folgt der klassischen Erfolgs-Dreiteilung zwischen Theorieteil, Praxisbeispielen und Toolteil und besticht durch eine fundierte Recherche und viele Referenzen. 

Die Interviews und Praxisbeispiele zeigen Einzelaspekte des zu Beginn doch sehr trockenen Themas auf. Auch die Beispiele aus dem Kirchenbereich fand ich, der ich in diesem Bereich beraterisch bisher kaum tätig war als sehr bereichernd und inspirierend.

Empfohlen sei das Buch allen BeraterInnen im Bereich Veränderung und Innovation sowie Experten in diesem Feld. Auch die Wissenschaftscommunity wird eine Freude an diesem Buch haben. Inwieweit Führungskräfte und reine Praktiker sich an dem Werk erfreuen, möchten sie selbst entscheiden. Mir war das Buch jedenfalls ganz nach meinem Geschmack.   

Bils, S./ Töpfer, G. (2024). Exnovation und Innovation. Schäffer-Poeschel: Stuttgart.

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Anmerkung zur Transparenz: Das Buch wurde dem Autor dieses Artikels vom Verlag kostenlos zur Rezension zur Verfügung gestellt. Die Meinung des Autors ist hiervon jedoch nicht beeinflusst.