Der Autor und das Buch
Das heutige Buch ist kürzlich bei Haufe als Paperback erschienen und trägt den Untertitel „Wie Mitarbeitende, Teams und Unternehmen durch Empowerment ihre Konfliktfähigkeit stärken und Selbstwirksamkeit entwickeln“. Es umfasst gute 360 Seiten und wurde von Holger Heinze verfasst. Dieser ist langjähriger Berater, Trainer und Coach und vom Hintergrund her ursprünglich aus der Wirtschaftsinformatik kommend.
Das Buch selbst verfolgt ein interessantes Vorhaben: Jedem Menschen wohnt das Risiko inne, neben dem bewussten, gestaltungsorientierten Handeln auch ab und an einmal durch Stress in reaktives Überlebensmuster zu verfallen. Heinze möchte in seinem Buch zeigen, wie es gelingen kann, aus stressbedingten Drama-Dreiecken (Opfer-Täter-Retter) herauszukommen oder gar nicht erst hineinzugeraten. Doch steigen wir hierzu gleich etwas genauer in den Inhalte ein.
Die Inhalte
Das Buch ist in 4 Teile und 19 Kapitel gegliedert. Neben einem Geleitwort und Kurzüberblick zu Beginn gibt es am Ende des Buchs einen Ausblick, Danksagung, und ein 5-seitiges Literaturverzeichnis. Auf ein Stichwortverzeichnis wurde (leider) verzichtet.
- 1 – Orientierung liefert einen Überblick über Motivation, Ziele und den Aufbau des Buchs.
- Teil 1 – Schnellkurz Dramafreiheit: Hier wird zunächst auf 25 Seiten ein knapper Überblick über das Thema und den Ansatz des Autors gegeben.
- 2 – Die wissenschaftlichen Grundlagen zum Verständnis des Drama beschreiben von den Personen her kommend die Schlüsselkonzepte auf denen das Buch aufbaut, z.B: Freud, Adler, Berne und Karpman. Von Letzterem stammt das Drama-Dreieck (Opfer-, Schurken-, Retter-Rolle). David Emerald’s „Empowerment Dynamics“ drehte diese Rollen mit dem Gestalter, Herausforderer und Coach ins Positive. Weiters nutzt Heinze u.a. Carol Dweck, Folkman/ Lazarus oder Hahnemann, um in das Thema Empowerment einzuführen. Dabei fokussiert er in seinem Buch schließlich auf „Empowerment Dynamik – Selbstermächtigung durch Handwerk“. Es geht darum, Menschen Tools an die Hand zu geben, mit denen sie selbst tätig werden können um aus dem Dramadreieck auszusteigen ohne dass sie Dritte hierzu benötigen.
- 3 – Was ist Drama: Der Autor liefert hier ein Phasenmodell, wie ein Drama üblicherweise vom Reiz bis zur Reaktion abläuft und so das Drama-Schwungrad startet.
- 4 – Die besten 16 Werkzeuge und 3 Schlüsselfragen zum Drama-Ausstieg stellen dann anhand des Phasenmodells und der Situation, in der sich die Person befindet, also in Vorbereitung auf ein Drama (= Wahrscheinlichkeit verringern). Im Drama (= Ausstieg schaffen) und nach dem Drama (= Impact verringern) 16 Tools vor die hierbei helfen können. Jedes Tool wird hier knapp mit einem Absatz einführend erläutert.
- Teil 2 – Die 20 häufigsten Dramen erkennen und auflösen: Im 2. Teil geht es gleich praktisch in medias res. 20 Szenarien in 6 Schwerpunkten werden auf 120 Seiten vorgestellt und mögliche Ausstiege aus dem Drama skizziert. Hierbei deckt der Autor ein breites Spektrum an Themen ab, von denen sich sicherlich zumindest eines oft sogar zahlreiche für Praktiker recht andockfähig scheinen. Jedes Drama wird neben dem Hintergrund aus Sicht des vorab beschriebenen Modells auch je einmal anhand der Dramarollen und anhand der Empowerment Dynamics Rollen gegenübergestellt.
- 5 – Schwerpunkt: Konflikt
- Drama 1: Silokriege
- Drama 2: Wenn fehlende Performance nicht angesprochen werden kann
- 6 – Schwerpunkt: Führung
- Drama 3: Mikromanager und unfreiwillige Anarchisten
- Drama 4: Das Konsens-Sabotage-Ritual
- Drama 5: Dienst nach Vorschrift
- Drama 6: Dysfunktionale Teams
- Drama 7: Agiles Theater
- Drama 8: Abhängigkeitslähmung
- Drama 9: Dauerkrisenmodus
- 7 – Schwerpunkt: Lernen
- Drama 10: Kuscheln oder Eskalation
- Drama 11 (Teil 1): Die Lernende Organisation
- Drama 11 (Teil 2): Die systemdenkfeindliche Organisation
- 8 – Schwerpunkt: Innovations- und Changemanagement
- Drama 12: Innvoationstheater
- Drama 13: Heilsversprechen
- Drama 14: Change-Management-Ohnmacht
- Drama 15: Eisberg der Ahnungslosigkeit
- 9 – Schwerpunkt: Kundenorientierung
- Drama 16: Kundenzentrierungstheater
- 10 – Schwerpunkt: Arbeitsorganisation
- Drama 17: New Work
- Drama 18: Der Fachkräftemangel
- Drama 19: Der Meetinginfarkt
- Drama 20: Ticketsystem und informelle Organisationswege
- 11 – Fazit: Dramafreier Arbeitsplatz: Heinze fasst hier in einem Zwischenfazit die Bedeutung zusammen, existierende Dramen anzuerkennen und diese zu unterbrechen, da sich sonst durch wiederholtes Drama diese sich in der Organisation zur Dramakultur verhärten kann.
- 5 – Schwerpunkt: Konflikt
- Teil 3 – Theorie und Herleitung – Drama und Handlungsfreiheit
- 12 – Übersicht: 5 Drama-Phasen ruft nochmals das vorgestellte Phasenmodell auf 1 Seite in Erinnerung.
- 13 – Drama beschreibt vertieft im Detail die einzelnen Phase und deren theoretische Hintergründe – vom Reiz und dem hieraus möglicherweise entstehenden Stress, über die Problemorientierung als Überlebenstaktik, der Dynamik sozialer Problemorientierung im Drama Dreieck, bis hin zum reaktiven Verhalten.
- 14 – Dramafreiheit geht dann auf die Alternativen vertiefend ein: Growth Mindset, psychologisches Kapital und die Empowerment-Dynamik. Hier werden ebenso die drei Schlüsselfragen aus der Übersicht in Kapitel 4 genauer behandelt: (1) Wo liegt mein Fokus, (2) Wie trete ich in Beziehung und (3) Welche Maßnahmen ergreife ich?
- Teil 4 – Werkzeuge für den Dramaausstieg: In diesem Buchteil werden nun die einzelnen bereits in Kapitel 4 in einem Absatz dargestellten Tools entlang des Phasenmodells vertieft. Hierbei legt Heinze viel Wert auf sehr konkrete und pragmatische Umsetzungshinweise der Tools. Als Beispiel in der Reiz & Reaktionsphase 1&2 die Frage, wie ich meine Souveränität erhöhen kann. Ansätze sind hierzu z.B: das Anlegen eines konkreten „Triggerkatalogs“ oder die konkrete Vorbereitung auf Trigger. Bei der Stressregulation z.B. Atemübungen oder Interventionsfragen. Auf über 80 Seiten und 4 Kapiteln (15-19) entsteht so ein umfassender Werkzeugkoffer.
Das Fazit
Das Buch ist einfach geschrieben, ohne dass es Tiefe und Gründlichkeit vermissen lässt. Durch seinen Aufbau (Überblick, Praxis, theoretische Details, Praktische Tools) Schaft es einen Vierklang, der die LeserInnen abholt und der Orientierung bietet. Zahlreiche wirklich gute Diagramme helfen nicht nur beim Lesen zusätzlich die Orientierung zu behalten, sondern erleichtern auch beim späteren Durchblättern das schnelle Auffinden und Repetieren aller wichtigen Zusammenhänge.
Die Auswahl und Darstellung der 20 Dramen zeugt von der Praxis und Erfahrung des Autors. Sie decken viele immer wiederkehrende aktuelle „Probleme“ in der Organisations- und Führungswelt ab. Durch die Gegenüberstellungen von Dramadreieck und Empowerment-Dynamik zeigt er schön die Alternative zur Dramaspirale auf, die häufig auch bei meinen Klienten an der einen oder anderen Stelle sichtbar wird. Die Konzepte und Tools sind gut und sehr praxisnah dargestellt und mit der jeweiligen Theorie hinterlegt, sa dass man auch hier viele praktische Anregungen findet.
Das Buch sei aus meiner Sicht Führungskräften wie engagierten neugierigen Mitarbeitenden ohne Führungsfunktion ebenso empfohlen, wie BeraterInnen und Coaches. Erstere finden zahlreiche Hinweise und Tools zum Selbststudium, letztere viele Anregungen für Interventionen in Organisationen und bei Individual- und Teamcoachings.
Ich kann das Buch ohne Einschränkungen empfehlen und bin glücklich, dass es nicht auf die heute üblichen 200 Seiten zusammengestutzt wurde/ werden musste.
Heinze, H. (2024). Dramafreie Arbeitswelt. Haufe.
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Anmerkung zur Transparenz: Das Buch wurde dem Autor dieses Artikels vom Verlag kostenlos zur Rezension zur Verfügung gestellt. Die Meinung des Autors ist hiervon jedoch nicht beeinflusst.
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