Erster Vortrag der Business Breakfast Reihe

osb new work -xm-institute - Hellmut Santer, Oliver Mack, Frank Meitzner

v.l.n.r.: Hellmut Santer, Vorstand osb international; Oliver Mack, Gründer xm-institute und Netzwerkpartner osb international; Frank Meitzner, congena Wien

Am 4. September hat gemeinsam bei osb international das erste der drei geplanten Business Breakfasts zum Thema “Räume gestalten Kultur gestaltet Räume” statt. Als Gastredner war Frank Meitzner von congena Wien vor Ort, um den über 20 Teilnehmern einen Einblick in die Möglichkeiten zur Gestaltung neuer Büro- und Arbeitswelten zu geben. Der folgende Beitrag gibt ein paar Gedanken von meiner Seite zu diesem Thema wieder.

Lebendigkeit von Systemen

Ausgangspunkt und Annäherung zu diesem Thema ist die Frage – “Was macht eigentlich gute Räume und Büros aus?”. Einen interessanten Zugang hierzu, der gut zu unserem systemorientierten Verständnis passt, bietet Christopher Alexander, ein zeitgenössischer Architekt, der sich vor einigen Jahren ausgiebig mit der Frage beschäftigt hat, warum wir bestimmte Architektur als angenehm empfinden und manche Architektur eher nicht.

Alexander hat hierzu “Lebendigkeit” von Systemen neu und etwas gewöhnungsbedürftig aber nützlich konzeptualisiert. Lebendigkeit sieht er ein graduelles Konzept – Dinge können also mehr oder weniger lebendig sein und diese Lebendigkeit macht es aus, warum wir auch Dingliches unterschiedlich “lebendig” und angenehm empfinden. Das spannende dieses Konzepts ist es, dass es sich auf alle Systeme anwenden läßt: Lebewesen (biologische Systeme), soziale Systeme und materiell-gestaltete Dinge (technische Systeme).

Allen diesen lebendigen Systemen gemeinsam sind eine gewisse Ordnung, die erkennbar und teils gestaltbar ist und deren Lebendigkeit ausmacht. Diese Merkmale wendet Alexander auf die Architektur an und stellt entsprechende Muster vor, die eine gute Architektur von Flächen, Gebäuden und Räumen ausmachen.  An dieser Stelle kann leider nicht vertiefend hierauf eingegangen werden. Hierzu möchte ich auf die am Ende angeführte Literatur verweisen.

Gestaltung von Büroräumen

Vor dem Hintergrund dieser Lebendigkeit lassen sich Büro- und Arbeitswelten gezielt gestalten. Frank Meitzner stellte hierzu verschiedene Projektbeispiele vor, die unterschiedliche Raumnutzungskonzepte mit ihren jeweiligen Vor- und Nachteilen beinhalteten:

  • Zellenbüro: In diesem traditionellen Konzept sind geschlossene Büros mit 1-3 Mitarbeitern an Gängen aufgereiht. Diese Form ist unflexibel und nur beschränkt wirtschaftlich. Es trägt nur begrenzt zur Kommunikation und Teamarbeit bei, die Infrastruktur (Drucker, etc.) ist weitestgehend innerhalb der Büros. Auf der anderen Seite ermöglicht diese Form mehr Ruhe und ein ungestörtes Arbeiten.
  • Gruppenbüro: Dieses Konzept bietet offene Räume für verschiedene Teams, Teamwork mit hoher Kommunikationsmöglichkeit bei einer gleichzeitig hohen Flächenwirtschaftlichkeit. Konzentriertes Arbeiten ist eher schwierig möglich, Klima und Licht sind i.d.R. nicht individuell regelbar.
  • Kombibüro: Dieses Konzept kombiniert die Vorteile von Zellenbüro und Gruppenbüro. Dabei werden kleine Bürozellen mit Glaswänden zu einer Mittelzone hin transparent gestaltet. Die Räume ermöglichen ein ruhiges und individuelles Arbeiten, bei gleichzeitiger Möglichkeit gegenseitiger “Beobachtung” und Zusammentreffen in der Mittelzone, wo sich Gruppenplätze, Besprechungszonen oder Teeküche befinden.
  • Business Club: Der Business Club schafft verschiedene Arbeitszonen, die temporär durch unterschiedliche Mitarbeiter belegt werden können. So finden sich spezielle individuelle Arbeitsbereiche, Projektzonen, Silence Zonen oder Besprechungszonen, die unterschiedlich ausgestattet sind und unterschiedlichsten Charakter aufweisen können (Pflanzen, Licht, Größe, Abgrenzung/Rückzug, …) oft sind diese Zonen mit “Hotelling” Konzepten verknüpft, in denen ein Großteil der Mitarbeiter auf einen festen Arbeitsplatz verzichtet und sich jeden Tag entsprechend der Bedürfnisse einen neuen Platz sucht bzw. bucht.

Umsetzungs-Projekte neuer Bürokonzepte

Zweierlei Ausgangspunkte zur Gestaltung von Raum und Kultur

ApproachIn der Umsetzung kann der Anstoß für eine neues Arbeitsplatzkonzept von zweierlei Seiten erfolgen:

  • Unternehmensstrategisch/ -taktisch: Neue Bürokonzepte können durch strategische Impulse ausgelöst werden, wie z.B. neue Eigentümer, eine neue Geschäftsführung oder große Veränderungsprogramme. Allen gemeinsam ist die strategische Herangehensweise an das Thema sowie eine vorrangige Business Perspektive als Auslöser. Für die Projektdurchführung eines Vorgehens kann dies insofern Vorteile haben, als dass die Auftraggeber auf Topebene im Unternehmen angesiedelt sind und die die strategische Wirkung des Handelns durchaus bewusst und gewünscht ist. Oft sind hiermit Wünsche an die Veränderung der Unternehmenskultur oder Kooperation, Kommunikation und Arbeitsweise verbunden.
  • Raumgetrieben/ operativ: Andererseits können neue Bürokonzepte auch aus der operativen Notwendigkeit her getrieben sein. Der Umzug in ein neues Gebäude bei Wachstum oder die Zusammenlegung verschiedener Standorte sind Beispiele. Diese Projekte liegen oft in der Verantwortung des Facility Managements. Die Wirkung und strategischen Spielräume, die ein neues Bürokonzept bietet werden oft unterschätzt, nicht gesehen oder aber von der Geschäftsführung aus der Fachabteilung heraus nicht gehört.

Die Gestaltung neuer Büro- und Arbeitswelten hat, ob bewusst gestaltet oder nicht, immer eine Kultur- und Changekomponente und eine räumlich-architektonische Komponente. Beide gilt es in Projekten dieser Art zu adressieren, um einen möglichst hohen Wirkungsgrad mit dem Vorhaben zu erzeugen.

Das Gummibandmodell

Culture RoomSowohl die Unternehmenskultur wie auch das Arbeitsplatzkonzept sind in Projektvorhaben dieser Art nicht beliebig gestaltbar, es sind entsprechende Grenzen gesetzt:

  • Ist-Kultur und Ziel-Kultur: Mit der Neugestaltung der Bürolandschaft lässt sich, wenn ganzheitlich und richtig durchgeführt, eine signifikante Veränderung der Unternehmenskultur in die gewünschte Richtung erzielen. Veränderte Arbeitsplatzkonzepte können einen bedeutenden Einfluss auf die Kooperation und Kommunikation haben und damit auf die Zusammenarbeit zwischen Fachabteilungen oder auf den Erfolg in Projekten. Versteht man allerdings die aktuelle Unternehmenskultur zu wenig oder hat man keine klaren Vorstellungen in welche Richtung sich die Unternehmenskultur bewegen soll, so kann ein neues Bürokonzept auch erheblichen Schaden anrichten. Auch sollte die Zielkultur “richtig” gewählt werden und die bisher bestehende Kultur eher evolutionär entwickeln, als revolutionär verändern.
  • Ist-Arbeitsplatzmodell und Soll-Arbeitsplatzmodell: Auch sollten Ist und Sollkonzept beim Arbeitplatzmodell gut und klar abgestimmt sein. I.d.R. sind neue Arbeitsraum-Modelle mit einer Erhöhung der Flächenproduktivität verbunden und damit mit der Reduzierung des Raumes bzw. Anzahl der Arbeitsplätze pro Mitarbeiter. Werden hier die Planungsaufgaben nicht  professionell und von erfahrenen Planern durchgeführt, so kann es leicht vorkommen, dass Mitarbeiter, die erst um 8:00 Uhr zur Arbeit kommen bei Überbelegung leicht einmal auf einem Baumstamm im Garten oder in der Kantine Platz nehmen müssen, wenn alle übrigen Arbeitsplätze bereits belegt sind.
  • Ziel-Arbeitsplatzmodell und Ziel-Kultur: Wichtig ist es zum Dritten, die sich bisher eingespielte Balance zwischen dem alten aktuellen Arbeitsplatzmodell und der aktuellen Unternehmenskultur zwar in die richtige Richtung aufzurütteln, aber gleichzeitig auch im Zielmodell die entsprechende Balance zwischen dem Ziel-Raumkonzept und der Zielkultur zu finden. Es hilft wenig, wenn im guten Glauben an eine kommunikativere Unternehmenskultur viele offene Zonen zur Kommunikation und Kooperation geschaffen werden, aber gleichzeitig die tägliche Arbeit von einem Großteil der Mitarbeiter zu 80% am Telefon oder in kreativer Einzelarbeit zu erledigen ist.

Ganzheitliches Vorgehens-Projektmodell

New Work ModelZur Durchführung entsprechender Projekte sollte nicht nur der neuen Raumgestaltung Beachtung geschenkt werden, auch wenn neue Büromöbel, Tapeten, Decken und Deko oft dazu verleiten mögen. Vielmehr geht es darum, alle wichtigen Aspekte gleichberechtigt nebeneinander im Projekt zu berücksichtigen, um eine entsprechende Wirkung erzielen zu können.

Ein Projekt zu neuen Arbeitswelten sollte folgende Aspekte gleichberechtigt abdecken:

  • Place: Traditionell im Zentrum bei New Way of Work Projekten steht die neue Raum-Gestaltung. Hierbei geht es wie oben geschildert vor allem um die Raumaufteilung in Zonenkonzepte, quantitative Abschätzung und Gestaltung der notwendigen Arbeitsplätze sowie die Auswahl entsprechender Möbel, Materialien, etc.
  • Technology: Neben der Raumgestaltung an sich haben Projekte dieser Art immer auch eine Auswirkung auf die notwendige Technologie. Im einfachsten Falle kann die Frage, inwieweit Festnetz-Telefone noch notwendig sind oder aber Mobiltelefone und VoIP Lösungen am Laptop ausreichen, stellvertretend für Themen in dieser Rubrik stehen. Auch die Frage der Druckerinfrastruktur, der entsprechenden Sicherheitskonzepte, Zugangssysteme und Supportkonzepte fällt in diese Rubrik. So kann es ein geeigneter Zeitpunkt sein, gezielt über “Bring your Own Device” Konzepte nachzudenken, da der Bruch im Arbeitsraum auch genutzt werden kann um einen Bruch mit alten Gewohnheiten und der Schaffung neuer Optionen für die Mitarbeiter zu setzen. Der gezielte Einsatz und die Investition in  neueste Technologien kann helfen, die Effizienz der neuen Arbeitswelten signifikant zu erhöhen oder überhaupt erst zu ermöglichen.
  • Culture: Oft vergessen wird in New Way of Work Projekten oft die gezielte Steuerung der Veränderung der Unternehmens- und Führungskultur. Oft brauchen neue Räume auch andere Formen von Führungsverständnis und -verhaltensweisen. Hier sollten auch entsprechende Leadership Development Maßnahmen angedacht werden, um die volle Wirkung der neu gestalteten Arbeitswelt zu erzielen.
  • Processes & People: Neben Raum und Technik geht es bei der Neugestaltung von Arbeitswelten vor allem um den Menschen. Oft wird bei Umzügen und Neugestaltungen von Büros die Chance vergeben, auch Prozesse und Abläufe neu zu gestalten. Dies beginnt bei der Neugestaltung der Zusammenarbeit zwischen Abteilungen entlang von Prozessen und endet bei der Entscheidung zu Heimarbeitplätzen und Hotelling-Konzepten für bestimmte Mitarbeitergruppen. Auch gilt es darum, neben der Ebene der Unternehmenskultur auch den einzelnen Mitarbeiter im Blick zu haben und entsprechende begleitende Entwicklungs- und Trainingskonzepte aufzusetzen.

Alle vier Elemente gemeinsam können tiefgreifenden Einfluss auf Führungssystem wie auch Organisationsdesign des Unternehmens haben. Eingebettet sind alle vier Elemente in die beiden Ebenen der Zielfindung des Vorhabens:

  • Festlegung der strategischen Ziele, die mit dem Projekt erzielt werden sollen, wie der Grad an Kulturveränderung, das Ausmaß an Neupositionierung des Geschäftsmodells, etc.
  • Festlegung der operativen Ziele, wie Kosteneinsparungen durch Performance-Steigerung, Raumeffizienz, etc.

Unterstützt werden sollten Projekte dieser Art durch ein professionelles Projektmanagement und ein umfassendes Kommunikationskonzept, um alle Betroffenen, wie in allen Change-Projekten so auch hier, ausreichend zu infromieren und ggf. in einem Dialog in den Prozess einzubinden.

Weitere Vorträge

Die weiteren Vorträge zum Thema “Räume gestalten Kultur gestaltet Räume” finden am 21. Oktober 2014 und und 20. November 2014 in Wien statt. (…weitere Informationen…)

Literatur


Congena-Texte zu Neuen Arbeitswelten