Hybrid Strategy Hybrid Team Hybrid Leadership Hybrid Culture - Dr. Oliver Mack - xm-instituteHybrid Work und das New Normal

Trotz aller Sorgen und Probleme, die die COVID Pandemie mit sich brachte, so brachte sie auch die Hoffnung und Euphorie, im Rahmen dieser Krise Veränderungen in der Arbeitswelt schneller umzusetzen, als dies in normalen Zeiten möglich wäre. Mehr Flexibilität, mehr Freiheit für die Mitarbeitenden und dies bei gleichen oder besseren Ergebnissen, so die Hoffnung der fortschrittlichen Unternehmer und Angestellten. Sie wurden zumindest teilweise nicht enttäuscht: Man trifft sich öfters “online”, spart sich lange Reisen, bleibt auch mal zu Hause, wo man (vielleicht) ungestörter oder bequemer arbeiten kann, geht in einen Co-Workingspace statt ins Office und macht es sich auch mal gemeinsam mit Kollegen aus aller Welt bei einem Bier auf der heimischen Couch gemütlich.

Obwohl sich viele Unternehmen wieder nach einer Arbeit im Office sehnen, planen doch 90% der Unternehmen laut McKinsey auch zukünftig mit einer Kombination aus Büro- und Heimarbeit. Grund genug, sich die Begriffe und Bereiche des Hybriden einmal genauer anzusehen:

Hybrid Strategy and Structure

Hybrid Strategy and Structure: Das strategische Bild, wie sich eine Organisation zukünftig in einer hybriden Arbeitswelt sieht und positioniert, im (Arbeitgeber-)Markt wie auch im Beschaffungs- und Absatzmarkt. Hybride Strukturen beinhalten hierbei das bewusste Design von Bereichen, Abteilungen, Stellen und Prozessen unter bewusstem Einbezug hybrider Arbeitsweisen.

 

Einerseits geht es für Unternehmen darum, attraktiv gegenüber Talenten im Sinne des Employer Branding zu bleiben. Hybrid Work wird inzwischen von vielen jungen Talenten gefordert. Dabei geht es weniger darum, zu Hause zu bleiben (auch junge Talente lieben den Kontakt), sondern vielmehr flexibler nach den eigenen Bedürfnissen arbeiten zu können.

Andererseits geht es darum, die Strategie und Strukturen klar auf eine hybride Arbeitsweise so auszurichten, dass diese nicht als “Not- und Zwischenlösung” verstanden wird, sondern ihre Stärken gezielt zur Erzielung von Wettbewerbsvorteilen genutzt wird. Hierzu bedarf es nicht nur der Klarheit in der Ausrichtung der Organisation mit einer entsprechenden Strategie, sondern vielmehr auch der systematischen organisationalen Gestaltung. So setzte ein Unternehmen bewusst auf rein hybride Führungsteams in einem spezifischen Marktsegment, um so leichter ein Top-Team zusammenstellen zu können, ohne dass dies einen Standortwechsel quer über den Globus oder enorme Reisetätigkeiten für einige Teammitglieder bedeutet hätte.

Hybrid Leadership

Hybrid Leadership: Die Führung von Unternehmen und von Mitarbeitenden, die nicht an einem oder mehreren physischen Standorten zusammen sind und dort zu arbeiten, sondern vielmehr physisch und virtuell zusammenarbeiten.

 

Einem Großteil der Unternehmen, die erfolgreich in der Pandemie im Homeoffice arbeiteten ist es gelungen, ihren Führungskräften deutlich zu machen, dass hybride Arbeit eine andere Art der Führung benötigt. Und sie haben sie auch dabei unterstützt, diese andere Art umzusetzen. (McKinsey Studie) Dabei geht es nicht nur um die adäquate und professionelle Nutzung der Technologie und Tools. In vielen unserer Hybrid Leadership Projekten der letzten Jahre wurde deutlich, dass es vor allem auf das Verständnis der Führungskräfte ankommt, wie diese Technologien nicht als Einschränkung und Hindernis, sondern vielmehr als Chance gesehen werden können, in anderer Art und Weise führen zu könne und zu müssen. Einerseits bietet der Setup die Chance, auf mehr Freiheit und Vertrauen in der Führung zu setzen. Andererseits, und dies wird häufig nicht gesehen, bieten die neuen Kommunikationsmedien hier neue Möglichkeiten. Mit einer neuen Haltung können völlig andere Kommunikation- und Arbeitsmuster etabliert werden, die in einem physischen Raum nicht möglich wären. Denkt man hybrid, erlaubt dies noch mehr Freiheiten, wenn man mit den beteiligten Mitarbeitern offen und klar über Erwartungen, Chancen und Risiken diskutiert und gemeinsam zu Vereinbarungen kommt.

Wir nennen diese Art der Führung “MEDIALES FÜHREN”, da Führungskräfte über die reine persönliche Führung face-to-face neue Formen der Führung über vielfältigste Medien neu lernen müssen. Team-Chats, Diskussionsforen, Blogs und Videokonferenzen werden gleichwertig zur Führung vor Ort im direkten Gespräch mit den Mitarbeitenden. Schlüsselfragen klären die gezielte Nutzung der besonderen Medienformen und die Zusammenstellung des gesamten Medienmixes.

Hybrid Teams

Hybrid Teams: Teams, die sowohl physisch als auch virtuell in immer neuen Kommunikationskonstellationen zusammenarbeiten, um eine gemeinsame Aufgabe in gemeinsamer Verantwortung zu bewältigen.

 

Auch hybride Teams werden zum “New Normal”. War es vor einigen Jahren in vielen Branchen die Ausnahme, dass Teams über weitere Strecken hinweg in kleineren Gruppen physisch und dann über weite Strecken hinweg virtuell zusammengearbeitet haben, ist es seit COVID die Regel. Raum- und Ländergrenzen verlieren an Bedeutung, doch die Herausforderung einer guten Vernetzung und Zusammenarbeit bleibt. Diese besondere Form von Teamarbeit hat einige Herausforderungen, die besonderer Beachtung bedürfen:

  • Kommunikationslücken: Denkt man hybride Teams wie klassische Teams, kann es schnell zu Kommunikationslücken zwischen den Remote Workern und den Vor-Ort-Teammitgliedern kommen. Hier bedarf es einer gemeinsamen Planung und Umsetzung einer für alle zugänglichen Kommunikation (z.B. Chats).
  • Fehlende technische Möglichkeiten: Auch besteht das Risiko, dass Remote Worker in ihrer Arbeit aufgrund technischer Begrenzungen eingeschränkt werden können. Werden nicht adäquate Tools von der internen IT zur Verfügung gestellt, die eine nahtlose gemeinsame tool- und dokumentenzentrierte Arbeit (s.u.) möglich machen, werden nicht präsente Teammitglieder schnell ausgeschlossen, da die Arbeit mit ihnen von den Mitgliedern vor Ort als langsam oder mühsam empfunden wird.
  • Aufgaben-/Rollenadäquates Setup: Nicht jedes Team ist gleich. Manche Teams eignen sich besser für eine hybride Struktur als andere. Vor allem Teams, die wenig haptisch zusammen arbeiten und die eher an virtuellen Produktion (Dokumenten, Designs, Software) arbeiten, sind für virtuelle Teams gut geeignet. Ich kenne kleinere Softwareunternehmen, die über den gesamten Erdball verstreut arbeiten und sich nur einmal im Jahr bei einem großen Event treffen. Auch in Teams selbst gibt es unterschiedliche Aufgaben und Rollen. Auch hier eignen sich einige Rollen besser als andere für die Remotearbeit. Gerade die Aufgaben, die wenig Interaktion oder eine Interaktion vor allem mit Personen benötigen, die eh außerhalb eines Standortes wären, können gut remote ausgeführt werden.

Hybrid Space

Hybrid Space: Die gezielte Gestaltung des öffentlichen und privaten Raumes zum optimalen Nutzen hybrider Arbeit.

 

Hybride Arbeitsweisen verlangen andere Räume, sei es zu Hause oder aber auch im Unternehmen. So lassen sich vor allem folgende Aspekte bei der Gestaltung von hybriden Räumen unterschieden:

  • Joint Office Space: Der klassische Office Space ist für die hybride Arbeit deutlich umzugestalten. So braucht es Raum für Menschen, die ins Office kommen, um in Ruhe zu arbeiten, da dies zu Hause aufgrund der familiären und räumlichen Verhältnisse nur schwer gelingt. Müssen diese dann zwischenzeitlich auch mal mit anderen Teammitgliedern in virtuellen Meetings kommunizieren, sollten nicht gleich alle KollegInnen gestört werden, aber auch nicht für jedes Meeting ein Umzug in einen weit entfernten “Communication Space” notwendig werden. Auch braucht es Raum für hybride Meetings, die es erlauben, mit KollegInnen innerhalb und außerhalb des Offices im gleichen Meeting zu kommunizieren. Der “Vorstands-Videokonferenzraum” mit für Aufsichtsratssitzungen mit 10 Bildschirmen wird hier nicht ausreichen. Vielmehr braucht es Lösungen, die in ausreichendem Umfangund ohne viel Vorausbuchung verfügbar sind und auch spontan genutzt werden können. Auch braucht es zukünftig neben den direkten Kontaktmöglichkeiten mit KollegInnen gute Gründe, ins Office zu kommen. Ein angenehmes Arbeitsumfeld, besondere Werkzeuge oder Raumausstattungen sind hier wichtige Elemente.
  • Home Office Space: Auch die Ausgestaltung des Home Office kann bei einer hybriden Strategie nicht mehr nur den Mitarbeitenden selbst überlassen werden. Unternehmen sind gefordert hier finanziell, wie konzeptionell unterstützend den Mitarbeitenden zur Seite zu stehen. Es geht hierbei um intelligente Lösungen, die verhindern, dass wie von mir selbst erlebt, Führungskräfte eine Videokonferenz in einer umgebauten Duschkabine durchführen müssen, das das Arbeitszimmer schon vom Ehepartner und der Küchentisch bereits durch das Homeschooling belegt sind. Neben einer zukünftigen wichtiger werdenden professionellen work-life coordination benötigt es auch Unterstützung bei der räumlichen Gestaltung von Anfang an.
  • Virtual Space: Ein Aspekt, an den man vielleicht bei Hybrid Space zunächst am wenigsten denkt, weil der vielleicht noch am ungewohntesten ist, ist die Gestaltung des Virtual Space. Hierunter verstehen wir alle virtuellen Räume, in denen hybrides Arbeiten abläuft. Noch eingängig sind hier die Videokonferenzen mit der Gestaltung von virtuellen Hintergrundbildern, die aktuell noch monoton im Company Brandung oder aber individualistisch-humoristisch mit eigenen Urlaubs-Strandbildern daherkommen. Eine gezielte Nutzung von Hintergründen, z.B. zur Unterschiedung von Rollen-, Abteilungs- oder Teamidentitäten habe ich seltener gesehen. Schwieriger aber deutlich wichtiger werden wird die Frage, wie Dokumenten- und Arbeitsablagen nutzbringend gestaltet werden können. Was ist hierbei zu beachten, wie findet man wo im Team und teamübergreifend die gesuchten Informationen? In der Arbeit mit unseren Klienten wurde uns hier deutlich, dass der Übergang von einer personen- und interaktionszentrierten hin zu einer dokumentenzentrierten aber neuen nichtbürokratischen Arbeitsweise entscheidend sein wird. Schließlich wird sich in naher Zukunft auch die Frage stellen, in welcher Form der virtuelle Raum gestaltet werden sollte in dem wir im “Metaverse” zukünftig zusammen arbeiten. Welche virtuellen Outfits tragen wir, wie sind die virtuellen Räume gestaltet, welche Funktionalitäten wird es geben.

Basiskompetenzen zur Raumgestaltung sind vor allem drei Komponenten:

  • Technische Expertise: Diese Dimension deckt das Wissen über Möglichkeiten und Nutzen verschiedener technischer Lösungen ab, die benötigt werden, um Räume hybrid bespielbar zu machen. Fragen angefangen von “Beamer oder Monitor?”, “Großdisplay oder kleine Bildschirme?”, “Laptop oder Desktop?” bis hin zu “Welche Kameras und Lichter und wo sollten wir sie platzieren?” sind bei der Einrichtung hybrider Arbeitslandschaften zu klären.
  • Architektonische Raumexpertise: Diese Dimension deckt Wissen zu Möglichkeiten und Grenzen intelligenter (Innen-)Architektur ab. Geräuschkulissen, Lichtverhältnisse aber auch funktionale effiziente Raumnutzung und die hierfür möglichen Raum- und Möbelkonzepte sind zu bedenken. Aber auch im virtuellen Raum wird es zukünftig virtuelle Gestaltungsexpertise benötigen, die sich von der klassischen Architektur unterschieden wird.
  • Arbeitsexpertise: Hierbei geht es weniger um rein gesundheitliche Aspekte des Arbeitens im Homeoffice oder am Computer. So habe ich viele Unternehmen gesehen, die vorrangig arbeitsmedizinische Expertise in die Gestaltung von Hybrid Spaces nutzten, dabei aber vergaßen, dass es auch eine inhaltliche Dimension des hybriden Arbeitens gibt. So braucht es zur Umsetzung von Hybrid Spaces auch das Wissen, welche Arbeiten wie und in welcher Form erledigt werden müssen, um ein gutes Ergebnis zu erzielen. Nach diesen Gesichtspunkten sind die Spaces ergonomisch, funktional und ästhetisch zu gestalten.

Hybrid Culture

Hybrid Culture: eine Unternehmenskultur, der es gelingt, die virtuellen und persönlichen Arbeitsarrangements gleichwertig zu verbinden.

 

Kilter ist ein Dauerbrenner und auch aktuell in aller Munde. Lässt sie sich nun aktiv gestalten oder ist sie eher nur ein beobachtbares Ergebnis, das sich aus der Struktur und dem angesteuerten Verhalten der einzelnen Akteure ergibt. Wie dem auch sein. In einer Hybrid Culture gilt es neben den allgemeinen Aspekten der Kultur vor allem folgende Aspekte besonders im Auge zu behalten: 

  • Gutes Onboarding ermöglichen: In einer Hybrid Culture stabilisieren sich schnell Kommunikations- und Interaktionsnetze, die weitestgehend unsichtbar bleiben können. Hier gilt es, gerade für neue Mitarbeitende Möglichkeiten zu schaffen, sich einen Überblick zu verschaffen und zu diesen Netzen Zugang zu bekommen. Ansonsten besteht das Risiko, dass neue MitarbeiterInnen nach kurzer Zeit frustriert aufgeben und kündigen.
  • Zugehörigkeit schaffen: Arbeitet man mehr in den eigenen vier Wänden braucht es andere Ansätze, eine gemeinsame Firmenidentität und Zugehörigkeit zu schaffen.
  • Soziale Events planen: Soziale Events werden wieder einen höheren Stellenwert in hybriden Kulturen einnehmen. Hat man durch Compliance-, Spar- und Steuerthemen in der Vergangenheit immer mehr auf Weihnachtsfeiern, Kinderfeste und den Tag der offenen Tür für die Familien verzichtet, müssen diese Elemente in der Zukunft wieder an Beachtung gewinnen. Wenn physische Zusammenkünfte in organisationen eher seltener werden, so gilt es, bei jedem physischen Zusammenkommen immer den sozialen Event-Charakter mit zu denken. Ich habe Kunden, die Tages-Workshops inzwischen bewusst am Nachmittag mit Übernachtung bis zum Mittag des folgenden Tages planen, um die sozialen Kontakte der Teammitglieder intensiv zu nutzen. So bietet dieses Format die Möglichkeit des gemeinsamen Abendessens und des entspannten Bargesprächs ebenso, wie der gemeinsame Frühsport oder das Frühstücksgespräch und das Abschlussmittagessen. Das Meeting wird so mehr zum social event als zum reinen Arbeitsmeeting.
  • Persönliche Zusammenarbeit fördern: Auch braucht es in hybriden Umfeldern mehr Anreize, auch persönlich zusammenzuarbeiten. Dies können attraktive Büroräumlichkeiten für Teams ebenso sein, wie interne Wettbewerbe oder Weiterbildungen, die gezielt aufpersönliche Interaktion setzen.
  • Diversity aktiv gestalten: Gerade in hybriden Umfeldern können schnell mal bestimmte Personengruppen untergehen. Wir wissen aus Studien, dass Mitarbeiter im Home-Office in der Regel langsamer und weniger befördert wurden im Vergleich zu denjenigen, die in der Vergangenheit im Office vor Ort sichtbar waren. Hier wird es in einem echten hybriden Unternehmen eine viel stärkere Beschäftigung mit den Thema Diversity benötigen. Hybrid Work kann aber auch beim Thema Diversity unterstützen, da es ermöglicht, Personengruppen zu integrieren, die sonst nicht ins Office gehen könnten, wie Menschen mit Behinderung, Eltern oder Talente aus ländlichen Gegenden, die dort gebunden sind.

Die Zukunft ist HYBRID… für einige Organisationen mehr als für andere. Doch wird sich das Rad nicht mehr zurückdrehen lassen. Zu offensichtlich sind die Vorteile echter hybrider Organisationen in unserer globalisierten und schnelllebigen Welt. Nur Organisationen, denen es gelingt, die dargestellten Elemente ganzheitlich intelligent miteinander zu verknüpfen werden zu hybriden Organisationen, die signifikante Wettbewerbsvorteile aus ihrem Setup erzielen können.