Heute möchte ich einen kleinen Gedanken loswerden, zum weiteren Nachdenken anregen kann. Es geht um einen Zusammenhang zwischen Schwarm-Verhalten, Emergenz und dem SySt GPA Glaubenspolaritätenschema.

Ein Zusammenhang zwischen den dreien wurde mir heute deutlich, als ich mich etwas intensiver mit Selbstorganisation und dezentraler Führungskultur beschäftigt habe. Doch zunächst einmal worum geht es…

SySt GPD SchemaDas GPA Schema nach SySt ist ein heuristischer Syntax (Details und und Praxisanwendung in Projekten in einem früheren Blogbeitrag), der als Fraktaldreieck mit drei Polen dargestellt werden kann: (1) Struktur/ Ordnung/ Trennung (2) Beziehung/ Verbindung und (3) Erkenntnis/ Ausrichtung. Diese Syntax kann dazu verwendet werden, Wertesysteme zu bearbeiten. Ohne in die Tiefe zu gehen kann man vereinfacht sagen, dass immer alle 3 Pole in ausreichender Balance zueinander stehen müssen, sollte ein System (Individuum, Soziales System, …) gut funktionieren. Es geht darum, in der Balance einerseits die Stabilität des Systems zu erhalten, andererseits aber auch ausreichend Raum zu schaffen, so dass sich ein System (weiter-)entwickeln kann. In SySt wird dies vor allem auf Individualebene angewendet, ist allerdings als alpgemeingültiger Syntax auch auf anderen Ebenen wie einer Organisation nützlich. Es gibt hierzu auch eine Weiterentwicklung von Mack/ Jungen (2015) mit 6 Polen, die explizit die Stabilisierung und Entwicklung mit einbeziehen und verschiedene Systemdimensionen/-ebenen parallel fraktal mitdenken (Individuum, Team, Organisation, Gesellschaft). Dennoch war es für mich bisher schwierig hierzu konkrete Parallelen in der Wissenschaft auf Ebene sozialer Systeme zu finden. Dies scheint mir heute gelungen.

Spannend ist, wenn man sich die Parallelen zum Schwarzverhalten, also dem Verhalten komplexer Systeme ansieht, die sich aus dem dezentralen Verhalten unabhängiger Akteure bezieht. Durch eine Synchronisierung mit einfachen Regeln entstehen wahrnehmbare Gesamtmuster und eine Gesamtgestalt in Form eines Schwarms. Als Beispiel kann hier ein Vogelschwarm genannt werden, wie er z.B. im folgenden Film zu sehen ist.

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Reynolds (1987) hat durch Simulationen gezeigt, dass sich dieses Verhalten in seiner einfachsten Form durch drei einfache Regeln nachbilden lässt:

  1. Vermeide den Zusammenstoß mit anderen Schwarzmitgliedern (Separation)
  2. Fliege in Richtung der durchschnittlichen Ausrichtung deiner umliegenden Schwarm-Nachbarn (Ausrichtung)
  3. Fliege zur durchschnittlichen Position deiner unmittelbaren Schwarm-Nachbarn (Zusammenhalt)

Man spricht hier von emergentem Verhalten oder Selbstorganisation. Hierbei wird aus sehr einfachen Einzelteilen ein komplexes Verhalten erzeugt, das sich durch top-down Steuerung so nur sehr eingeschränkt erreichen ließe.

Ein wunderbarer Film (mit weiteren Nachweisen zur Programmierung) der Simulation findet sich z.B. hier auf Vimeo:

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Interessant ist nun die Parallele der 3 Regeln zum GPA Schema. Vergleicht man die Bezeichnungen in Klammer, so wird die Verbindung deutlich. Drei einfache Regeln, die in ihrer Gänze das GPA abbilden, generieren so eine Art Selbstorganisation des Schwarmes. Diese einfachen Regeln können einerseits in bestimmten Situationen stabilisierend wirken, so dass der Schwarm zusammenbleibt und stabil in eine Richtung fliegt. In anderen Situationen, in denen der Schwarm z.B. eine plötzliche Richtungsänderung einschlagen muss, ermöglichen die simplen Regeln eine Verflüssigung und Veränderung.

Diese Sichtweise kann auch in Organisationen nützlich sein, wenn es um Gruppen geht, die in ihrem Handeln koordiniert werden sollen, ohne jedoch ihnen ihre individuellen und lokalen Entscheidungen und ihre Diversität zu nehmen. “Simple rules help with a flexible balance between the collective systems and the single actor because they support the choice of the individual while servinf the shared purpose of the whole.” (Eoyang/ Holladay, 2013, 95)

Über Diskussion, Ideen und Austausch zu diesem Thema würde ich mich wie immer freuen.

Quellen:

Eoyang, G.E.,& Holladay, R.J. (2013), Adaptive Action. Stanford: Stanford Business Books

Ferrari, E. (2011), Führung im Raum der Werte – Das GPA Schema nach SySt®, Aachen

Mack, O., & Jungen, M. (2016). Program Management in VUCA Environments: Theoretical and Pragmatical Thoughts on a Systemic Management of Projects and Programs. In Managing in a VUCA World (pp. 41-57). Springer International Publishing.

Reynolds, C. W. (1987). Flocks, herds and schools: A distributed behavioral model. ACM SIGGRAPH computer graphics21(4), 25-34.