Pfläging, Hermann, Zellstrukturdesign - Buchrezension - xm-institute - Dr. Oliver MackNiels Pfläging hat sich gemeinsam mit Silke Hermann bereits mit mehreren kleinen Büchlein zum Thema Komplexität (z.B. Komplexithoden)  und neue Organisationsformen (“OpenSpace Beta”) einen Namen gemacht. Umso mehr Interesse hatte ich an der Rezension des heutigen Buchs “Zellstrukturdesign”. Auf dem Klappentext wird es als “Handbuch” und “Lernwerkzeug für wirksames Organisationsdesign in Gegenwart und Zukunft” vorgestellt, das gleichzeitig “wertschöpfungsfokussiert, komplexitätsrobust und mit der Natur des Menschen in Einklang ist.” (Pfläging/ Hermann, 2020)

Das Vorwort ist von keinem Geringeren als Friedrich Blaha geschrieben, der in Wien, Österreich und weit darüber hinaus als erfolgreicher Unternehmer eines Büromöbelherstellers und als Vorreiter der Praxis moderner Organisationsformen einen Namen hat. 

Das Buch selbst ist in einen Vorspann und vier Hauptteile gegliedert, ein kurzer Abschnitt über zusätzliche Ressourcen (vorrangig in Form eines Werbeblocks) schließt das Buch, oder besser Büchlein mit seinen knapp 140 Seiten im ca. DinA5 Format ab.

Der Vorspann beschreibt zunächst das Zellstrukturdesign und den Beta Codex als zwei Open-Source Sozialtechnologien. D.h. es gibt keine Nutzungseinschränkungen auf die Methodik. Dies hebt sich bereits sehr positiv von vielen anderen Beraterbüchern ab, die geschützte Methoden darstellen, die in ihrer Verwendung eher eingeschränkt sind und das Buch damit einen stärkeren Werbecharakter hat. Dies ist hier nicht der Fall. Dann erfolgt auf einer Doppelseite ein Überblick über die 12 Prinzipien des Beta-Kodex (www.betacodex.org), die 12 Zellstrukturdesign-Prinzipien (www.redforty2.com/cellstructuredesign) und 8 praktische Tipps zum Zellstrukturdesign. Diese Überblickseite gibt bereits einen guten Einblick, worum es im Folgenden gehen wird und lädt zum Weiterlesen ein. Es schein, als passt sich das Buch gut in andere ähnliche Konzepte, wie Oesterreich/Schroeder, Das kollegial geführte Unternehmen ein.

Im folgenden Teil 1 geht es dann um Zellstrukturdesign-Konzepte: Zunächst wird der Beta-Kodex als Basis der Idee etwas näher erläutert und dann auf die Wertschöpfungsstruktur in Unterscheidung zur formellen und informellen Struktur und als Basis des Zellstrukturdesigns näher eingegangen. Dabei werden auch die zentralen Elemente vorgestellt und die Gesamt-Struktur als Pfirsich-Organisation beschrieben.

Im Teil 2 geht es um die Zellstrukturdesign-Elemente, wie die Sphäre der Geschäftstätigkeit, Ziele, Teams und Rollen, etc. Die Konzepte und Ideen bleiben auch hier, wie bereits im ersten Teil sehr abstrakt und generisch. Leider gelingt es auch hier den Autoren m.E. nicht, das Konzept so mit ausreichend Beispielen zu füllen, dass der Praktiker eine ausreichend anwendungsorientierte Idee des Konzepts bekommt. Doch zu einer abschließenden Bewertung dieses Aspekts unten mehr im Resümee. 

Teil 3 trägt den Titel “Zellstrukturdesign: So geht’s!”. Hierbei geht es, wieder sehr generisch und abstrakt um den Aufbau der Zellstrikturen von außen nach innen sowie die Nutzung interner Märkte und die Gestaltung von Leistungs-Vereinbarungen zwischen Zellen.

Teil 4 schließlich ist überschrieben mit dem Titel “Ergänzende Hinweise für die Praxis”. Hierbei werden die Themen Weiterentwicklung der Strukturen, Vernetzung/ Vergütung sowie Lernen und Sprache behandelt. Kurz und knapp werden verschiedenste Aspekte hierzu beschrieben.

Das Buch endet mit einem schlanken Literaturverzeichnis und Links und Hinweisen zu weiteren eigenen Werken.

Alles in allem stellt das Buch das Konzept des Zellstrukturdesigns von Pfläging/ Hermann in sehr kompakter und abstrakter Art und Weise dar. Wie bereits erläutert bringt dies einige Nachteile: Praktiker können m.E. ohne weitere Beratung oder Unterstützung nur wenig direkt umsetzen. Aus dieser Sicht kann das Buch eher als Begleiter von Beratungsprojekten in diese Richtung verstanden werden und dient dabei dann als Nachschlagewerk und gemeinsame Basis. Auch setzt das Buch m.E. bereits einiges an Kenntnissen und Erfahrungen im Bereich neuer Organisationsformen voraus, so dass es in diesem Kontext nicht als stand-alone Lösung empfohlen werden kann.

Doch auch die andere Seite der sehr kompakten und generischen Art soll hier nicht zu kurz kommen: Bei Sozialtechnologien befinden wir uns in der Regel im Umfeld komplexer Systeme. Für diese lassen sich keine Patentrezepte vermitteln (in Form von “…wenn diese 3 Dinge konkret umgesetzt werden, dann wird alles gut”), wie dies häufig die amerikanische Managementliteratur noch immer vorgibt. Das Buch und Konzept kann daher, soll es wirksam sein, keine konkreten Empfehlungen geben, sondern nur abstrakte Schemata und Regeln, die dann im konkreten Kontext immer wieder aufs Neue ausgestaltet werden müssen. Dies unterstütze ich mit meinen Erfahrungen voll und ganz, arbeiten wir doch am xm-institute auch sehr stark mit Schemata und Syntax. Auf dieses Element der Abstraktheit verweist auch das Autorenduo in der Einführung, wenn es das Buch als praktischen Begleiter, nicht als Blaupause bezeichnet. Ich würde das Buch als “kompakten Begleiter” bezeichnen. Für die praktische Umsetzung hätte ich mir, immer den gerade beschriebenen Aspekt im Hinterkopf, etwas mehr Beispiele für die Umsetzung gewünscht. Auch schade ist, dass wesentliche Autoren, die ähnliche Konzepte verfolgen, wie beispielsweise Oesterreich/ Schroeder in der Literaturliste fehlen und damit die Chance vergeben wird, dem Leser diese Werke zu finden, die hierzu komplementär sehr nützlich wären.

Wer die kompakte Art Pfläglings mag und wer sich über die reine Website und die dort verfügbaren Informationen hinaus in strukturierter Art und Weise mit dem Konzept des Zellstrukturdesigns näher beschäftigen möchte, dem sei das Buch ohne Einschränkung empfohlen. Es stellt auch eine konsequente Folgeentwicklung der bisher von Pfläging zu diesem Thema erschienenen Bücher “Pfläging, Komplexithoden”, “Pfläging/Hermann, Organisation für Komplexität” und “Pfläging/ Hermann, Open Space Beta” dar. Wer sofort loslegen will, dem sei ans Herz gelegt, sich nicht sofort in die Umsetzung zu stürzen, sondern etwas konkreter über die beschriebenen Aspekte nachzudenken. Oder: Gerade sofort zu starten, aber dies gemeinsam in der Diskussion mit dem eigenen Führungsteams und/ oder einen guten systemeichen Berater.

Pfläging, Niels/ Hermann, Silke (2020): Zellstrukturdesign, Verlag Franz Vahlen: München

Anmerkung zur Transparenz: Das Buch wurde dem Autor dieses Artikels vom Verlag kostenlos zur Rezension zur Verfügung gestellt. Die Meinung des Autors ist hiervon jedoch nicht beeinflusst.