Mike Walsh - Führen im Zeitalter des Algorithmus - xm-institute - Dr. Oliver MackIm heutigen Beitrag geht es um die deutsche Übersetzung eines amerikanischen Buches, das der Vahlen Verlag seit kurzem in seinem Programm hat. Es ist im Original bereits 2019 unter dem Titel “The Algorithmic Leader. How rot be smart when machines are smarter than you” erschienen.

Das Buch stellt sich die Frage, wie Führung in einem Zeitalter aussehen kann, in dem Algorithmen und Maschinen immer mehr Aufgaben von Führungskräften übernehmen. Hierzu bedient sich das Buch einer klassischen Herangehensweise amerikanischer Managementliteratur: Es beschreibt anhand vieler Fallstudien und Beispiele einzelne Facetten und Erlebnisse, die das Thema beschreiben und erklären. 

In der Einleitung startet das Buch zunächst mit der Beschreibung der aktuellen Veränderungen in der Arbeitswelt und dem Faktum, dass viele Führungskräfte heute ihre Führungskarriere zunächst noch als analoge Führungskräfte begonnen haben. Ferner beschreibt das Buch das Rhizom als Metapher, um die neue Situation nicht hierarchischer Führung näher zu beschreiben.

Das Buch gliedert sich dann in drei Teile und zehn Prinzipien, die im Verlauf der Kapitel näher erläutert werden. Jedes der Kapitel umfasst dabei 3-4 Prinzipien. Auch der Strukturierung merkt man den amerikanischen Einschlag an:

  • Teil 1: Ändern sie ihre Einstellung
  • Teil 2: (Ver)Ändern sie ihre Arbeit
  • Teil 3: Verändern sie die Welt

Zuerst ich, dann mein Betrieb, dann die ganze Welt ;-) Dennoch finde ich die Idee, zunächst an der eigenen Haltung zu arbeiten bevor man Anders verändern will, sehr befruchtend. Diese entspricht voll und ganz auch meinem Verständnis.

Teil 1 umfasst dabei die Prinzipien:

  • Denken Sie zurück aus der Zukunft
  • Streben Sie nach Verzehnfachung, nicht nach 10%
  • Denken Sie bahnbrechend
  • Begrüßen Sie Unwägbarkeiten

Auch wenn diese Prinzipien auf den ersten Blick recht trivial klingen und man nicht viel Neues erwartet, so bietet das Buch doch immer wieder überraschende neue Kontexte und Gedanken und beschreibt zahlreiche Beispiele, wie z.B. Alibaba oder Softbank, aber ebenso der Blick auf die eigenen Kinder, um Ideen zu bekommen, wie mit dem Thema Digitale Transformation individuell nutzbringend und gut umgegangen werden kann. SpaceX beschreibt das bahnbrechende Denken, Google und Netflix Unwägbarkeiten. Auch geht es um ein paar Ideen, wie man Algorithmen als Führungskraft als Unterstützer nutzbar machen kann.

Im Teil 2 werden folgende Prinzipien behandelt:

  • Machen Sie ihre Firmenkultur zum Betriebssystem
  • Arbeiten Sie nicht, gestalten Sie Arbeit
  • Automatisieren und Aufwerten

Auch hier finden sich wieder zahlreiche interessante Beispiele, auch wenn die ersten beiden Kapitel an sich nichts grundlegend Neues bieten. Das letzte Kapitel geht m.E. schon eher wieder auf konkrete Fragen der Digitalisierung ein.

Teil 3 umfasst schließlich die folgenden Prinzipien:

  • Wenn die Antwort X ist, fragen Sie Y
  • Im Zweifel fragen Sie einen Menschen
  • Arbeiten Sie zielorientiert, nicht profitorientiert

Für mich war dieser Teil einer der ergiebigsten des Buches. Der Autor geht hier auf verschiedene Auswirkungen ein, die die Zunahme von Algorithmen und Digitalisierung auf das Business und die Fühung von Unternehmen im Allgemeinen hat. Hier entstanden für mich die meisten neue Ideen und Gedanken, auch wenn Sinnorientierung (nicht wie leider falsch übersetzt Zielorientierung) kein neues Konzept darstellt.

Jedes Kapitel endet mit einer guten Kurzzusammenfassung und einer Frage, die man sich persönlich aus Sicht des Kapitel stellen kann.

Mein Fazit zur deutschen Übersetzung und zum Buch selbst:

Manchmal fallen deutsche Übersetzungen hinter das Original zurück und ich empfehle hier im Blog eher die Lektüre des englischen Buchs. Diese deutsche Übersetzung von Ute Mareik ist im Text jedoch angenehm und sehr gut zu lesen, auch wenn ich mir hier an der einen oder anderen Stelle noch eine pointiertere Übersetzung gewünscht hätte. Ein wenig schmerzlich sind einige Aspekte bei den 10 Schlüsselprinzipien, die ich mir eher in Denglisch oder aber anders übersetzt gewünscht hätte: So übersetzt sie das 10. Prinzip “Solve for purpose, not for profit” mit “Arbeiten Sie zielorientiert, nicht profitorientiert”. Verfolgt man die aktuelle Diskussion und Fachliteratur, würde diesem Prinzip “Kunden-Probleme lösen: Sinnorientierung, statt Profitorientierung” besser passen und dem Geist des Prinzips näher kommen. Auch beim 3. Prinzip, im Original “Think computationally” wäre aus meiner Sicht “Denke computerisiert” besser gewesen, als “Denken sie berechnend”, auch wenn vielleicht germanistisch nicht perfekt. 

Inhaltlich ist das Buch wie erwähnt sehr amerikanisch geprägt. Dies ist einerseits gut, da es mit vielen Beispielen und Fallstudien angereichert wurde, bei denen ich manche aus anderen Büchern noch nicht kannte. Andererseits vermisste ich hier und da die eine oder andere tiefere akademische Fundierung oder Vertiefung, die ich mir persönlich gewünscht hätte. Oberflächlich gesprochen sind die 10 Prinzipien des Buches nichts Neues und anderenorts, wo es nicht um Algorithmen geht, ebenso aufgegriffen. Doch in der Bündelung und Kombination für den Einsteiger oder mittelständischen Unternehmer, der sich mit dem Thema Digitalisierung auseinandersetzen möchte.

Walsh, M. (2020). Führen im Zeitalter des Algorithmus. Vahlen.

Anmerkung zur Transparenz: Das Buch wurde dem Autor dieses Artikels vom Verlag kostenlos zur Rezension zur Verfügung gestellt. Die Meinung des Autors ist hiervon jedoch nicht beeinflusst.