Markus Müller - Change Playbook - Rezension - Dr. Oliver Mack - xm-instituteHeute geht es um ein neues Change Playbook aus dem Hause Haufe. Der Untertitel lautet “Veränderungen visuell und spielerisch begleiten”. Als das Buch auf meinem Schreibtisch lag, dachte ich zunächst ich hatte es bereits rezensiert, musste mir aber eingestehen, mich getäuscht zu haben. Wie viele andere Playbooks dieser Tage kommt das Buch im Querformat DinA5 daher. Der Autor, Markus Müller, ist Coach, Trainer und Berater.

Das Buch ist in 9 Hauptkapitel unterteilt, wobei die ersten drei Kapitel eine Art Einleitung und Rahmung darstellen. Zunächst startet es mit der Frage “Was sind Veränderungen”, Was ist Change Management” und “Was ist das Change Playbook”. Der Autor macht hierbei deutlich, dass es ihm nicht um eine neue Change-Theorie geht, sondern vielmehr um einen praxisorientierten Werkzeugkasten, dem “Change Playkit”.

Kern ist ein Canvas (Das Change Poster), der die Arbeit erleichtern soll und in den Hauptkapiteln (ab Kapitel 4) näher erläutert wird. Dann gehts in Kapitel 2 um VUCA als Problem (Volatility, Uncertainty, Complexity, Ambiguity) und als Antwort (Vision, Understanding, Clarity, Agility), leider ohne Quellenangaben. Letztere sollen auch im Change Playkit abgehandelt werden. Als größte Herausforderung im Change Prozess wird Empathie bzw. deren Fehlen identifiziert. Im 3. Vorkapitel geht es dann um verschiedene Arten von Changeprozessen, die der Autor mit linear-aktiv, parallel-aktiv und nicht-linear-reaktiv beschreibt. 

Da es im Playkit auch um “Agilität” geht, wird kurz auch das Thema “Design Thinking” umrissen. Je nach Art des Changeprozesses werden dann noch Szenario-Technik, Morphologischer Katen und Lego(r) Serious Play(r) als kreativmethoden beschrieben, um ein strategisches Zukunftsbild zu entwickeln. Die ersten theoretischen Gedankenschritte werden immer am Ende der Kapitel in der Beispielunternehmung “Exemplio AG” nachvollzogen.

Im 4. Kapitel gehts dann um das “Change Playkit”, eine Werkzeugbox für Change. Hierzu leitet der Autor zunächst sein Change Poster aus dem Business Model Canvas von Osterwalder/ Pigneur her. Das Poster besteht aus sieben Feldern, die nacheinander überblicksartig abgearbeitet werden:

  • Visionen & Ziele
  • Akteure
  • Akzeptanz
  • Pains
  • Botschaften
  • Maßnahmen, Kanäle und Plattformen und
  • Timeline

In den Folgekapiteln werden diese Felder vertieft und mit weiteren Tools angereichert. So gibt es z.B. eine Akteursanalyse oder ein Roadmap Template. Auch gibt es ein Kapitel zum Thema Prototyping im Change,  und Visualisierung, da der Autor diesen Aspekt als äußerst wichtig in Change Projekten ansieht.

Basisanleitungen im Kapitel Visualisierung, wie man Wolken, Pfeile oder eMail Symbole malt, hätte es für mich im Buch nicht gebraucht. Ein Verweis auf vertiefende Literatur zum Thema Sketching hätte vollkommen ausgereicht. Auch macht das Buch auf mich persönlich, gewollt (Werkzeugkasten) oder ungewollt (Sammlung von Einzelteilen),  teils den Eindruck, als ob das Buchkonzept nicht vollständig durchdacht wurde. So fragte ich mich manchmal (so beim Visualisierungskapitel als Beispiel), wonach die “Flugebene” und der Detailgrad der Darstellung verschiedener Aspekte ausgewählt wurde. Auf der Positivseite des Buchs findet sich jedoch eine gut nachvollziehbare Storyline, leichte Lesbarkeit, gute  Auswahl der sieben Felder des Change Posters wie auch einige schöne Ideen für die praktische Umsetzung im Change. War letzteres auch die Intention des Visualisierungskapitels, verstehe ich die Tiefe hier besser.

Noch einen Wermutstropfen: Ganz persönlich basiert mir das Buch zu sehr auf zwei Modellen, die zwar im Change äußerst gängig, für mich persönlich jedoch aber mit Problemen behaftet sind:

  • Die Veränderungskurve nach Kübler-Ross: Das Modell ist durch die Sterbeforschung von Elisabeth Kübler-Ross entstanden, die sich mit den mentalen Prozessen sterbenskranker Menschen beschäftigt hat, die ihrem Schicksal nicht entgehen können. Trotz der Standardnutzung in Change Prozessen sehe ich dieses Modell als eher schwer und zu wenig freudig an, um Change-Prozesse in Organisationen zu untermauern. Und dies ungeachtet der Übertragbarkeit.
  • Tuckman’s vier Teamphasen: Der Autor nutzt dieses Modell, um die Integration nach der Phase der Veränderung zu beschreiben. Er erkennt zwar und merkt kritisch an, dass das Modell ursprünglich für Teams entwickelt wurde und nicht für Change-Prozesse. Weit schwerer wiegt für mich ob der Idee der Messung des Integrationsfortschritts mit diesem Modell eine andere Frage. Immer häufiger wurde in der Forschung die strikte Linearität der Abfolge der Tuckman’schen Phasen – Forming, Norming, Storming, Performing, (Adjourning), in Frage gestellt. Vielmehr springen Teams zwischen diesen Phasen in unterschiedlichster Reihenfolge. Sollte dies zutreffen, würde die Nutzung des Modells zur Fortschrittsmessung einen geringen Aussagewert haben. Als Checkliste für einzelne Aspekte beim Übergang in den Regelprozessbetrieb allerdings sehr gut praktisch nutzbar!

Resümee: Alles in allem für Change-Neulinge aus meiner Sicht recht knapp, für Change-Profis (wie zu Beginn des Autors selbst beschrieben), kaum Neues an Theorie und Konzeption. Für den Change-Praktiker jedoch ein Buch, aus dem man die eine oder andere Idee für eine agile Umsetzung oder schöne Visualisierung zum Thema Change mitnehmen kann. Und dies ist ja auch die Kernidee des vorgestellten und im Zentrum stehenden Change Posters. Dieses und andere Materialien zum Ansatz finden sich auch auf der Website des Autors (https://www.changeplaykit.com) Einfach mal reinschauen. 

Martin Müller (2020). Change Playbook. Haufe, Freiburg/ München/ Stuttgart.

Anmerkung zur Transparenz: Das Buch wurde dem Autor dieses Artikels vom Verlag kostenlos zur Rezension zur Verfügung gestellt. Die Meinung des Autors ist hiervon jedoch nicht beeinflusst.