Claus Hüsselmann - Lean Project Management - Rezension - Dr.Oliver Mack - xm-instituteMit dem Untertitel “Hybride Methoden wertschöpfend anwenden” ist soeben ein Projektmanagement-Buch von Prof. Claus Hüsselmann im Schäffer-Poeschel-Verlag erschienen. Der Autor ist Professor und Leiter des PPM Labors der TH Mittelhessen. Vor seiner akademischen Lehr- und Forschungslaufbahn war er lange Jahre im Projektgeschäft tätig war und ebenso für 3 Jahre im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement engagiert.

Das Buch ist mit seinen rund 300 Seiten wohlstrukturiert und beinhaltet neben sieben Hauptkapiteln ein abschließendes Quellen und Stichwortverzeichnis.

Im Kapitel 1 beginnt Hüsselmann mit den Herausforderungen im modernen Projektmanagement, die er vor allem in einer zunehmenden Dynamik, Komplexität und Vielfalt in Einzelprojekten aber auch in der Projektlandschaft sieht. Diese ist laut Hüsselmann nicht zuletzt durch die zunehmende VUCA Welt (weiteres zu diesem Thema hier und hier) getrieben. Eine Lösung sieht er nicht in der agilen Projektmanagement-Methodik oder in immer häufiger anzutreffenden Hybriden PM-Ansätzen. Vielmehr sieht er die Chance, Gedanken des Lean Management noch stärker in das PM einzubetten und ebenso den Bedarf nach einem schlanken universell nutzbaren PM Ansatz: “Ein zeitgemäßer PM-Ansatz sollte das Beste aus diesen Welten generalisieren und in einem universelleren – einem Lean-Project-Management-Ansatz – vereinen und operationalisieren. Lean PM schafft dabei die Synthese im Sinn eines modernen, zielgerichteten und flexiblen PMs. (Hüsselmann, 2021, S. 24)

Im Kapitel 2 schafft der Autor die Grundlagen dieses Vorhabens, indem er in Unterkapiteln die Themen Projektmanagement, Lean Management, Agilität, SCRUM und den Umgang mit Komplexität thematisiert. Schön ist hierbei zunächst der Kurzabriss zum Thema PM gelungen, den Hüsselmann mit dem von ihm entwickelten Unified Project Management Framework (UPMF), das eine Art Integration bekannter PM Standards, wie PMI, PRINCE 2, IMPA, etc. darstellt, abschließt. Dem folgt eine Kurzdarstellung zum Thema Herkunft und Wesen des Lean-Management und Agilität, das auch Hybride Vorgehensmodelle kurz und prägnant adressiert. Im vierten Unterkapitel geht es dann um die Analyse von SCRUM als Projektmanagement-Methode sowie die Identifikation von Lücken in dieser gängigen agilen Methode. Hier macht der Autor aus meiner Sicht gut deutlich, wo die Stärken von SCRUM liegen und wo Lücken vorhanden sind, die durch andere PM Methodiken i.d.R. aufgefüllt werden (müssen). Unterkapitel 5 beschäftigt sich mit dem Umgang von Komplexität von dem Hintergrund des PM. Anstatt hier auf das immer wieder bemühte Cynefin-Framework von Dave Snowden zurückzugreifen (mehr dazu z.B. hier) nutzt der Autor einen ähnlichen Ansatz von Pomeranz, der aus dem Projektmanagementumfeld stammt und als “Kreuz der Komplexität” zwischen einfachen, komplizierten, komplexen und dynamischen Systemen unterscheidet. Anhand dieses Modells diskutiert Hüsselmann kompakt die Möglichkeiten des Projektmanagements hier auf die Art des Projektes einzuwirken.

Das dritte Kapitel ist mit “Kernprinzipien des Lean Project Management” überschrieben. Unter Lean-Project-Management versteht der Autor “…die weitreichende Adaption und Anwendung von Lean-Management-Prinzipien, -Methoden und Werkzeugen auf die Prozesse des Projektmanagements und die fachlich-fortschreitende Projektbearbeitung zur Steigerung der Effizienz und Effektivität in der Projektdurchführung.” (Hüsselmann, 2021, S. 77) Ausgehend von verschiedensten Arten der Verschwendung in Projekten überträgt Hüsselmann verschiedene Lean-Management-Gestaltungsprinzipien, wie Kundenbegriff, Fluss- und Pull-Prinzip und Perfektion auf die Projekt-Domäne. Abschließend beschreibt er als Handlungsmaximen des Lean Projektmanagement die 3P von Partizipation, Paretoprinzip und Passung.

Im Kapitel 4 geht es dann um konkrete Praktiken im Lean Project Management. Hierunter versteht der Autor einerseits Handlungsprinzipien und andererseits Methoden und Tools, die zur Durchführung bestimmter PM Prozesse beitragen. (Ebenda, S. 109) Der Autor fokussiert hier auf einige ausgewählte Praktiken:

  • Integrative Vertragsgestaltung
  • Atmender Scope
  • Zielorientierte Flexible Projektplanung
  • Prozessorientierte Steuerung
  • Weitere Tools, wie Voice of Customer/ User Story, Aufwandskalkulation, Fehlervermeidung, Ursachenermittlung, Arbeitserleichterung

Zum Abschluss dieses Kapitels liefert der Autor Gedanken zur Frage, wann eher agile, wann klassische Projektmanagement-Methoden eingesetzt werden sollten. Hierzu liefert der Autor einen nützlichen Kriterienkatalog, der weit über die oft für diesen Zweck herangezogene Stacey-Matrix hinausgeht und eine Anwendung sehr pragmatisch macht. Darauf folgt ein weiteres interessantes Tool, die Projektmanagement-Wertstromanalyse. Hier überträgt der Autor die Idee der Wertstromanalyse des Lean Management auf Projektmanagement-Prozesse. 

Im Kapitel 5 “Anwendung des Lean Project Management” beschreibt Hüsselmann ausführlich zwei Praxisfälle, die ausgewählte Praktiken am konkreten Projektbeispiel zeigen. Doch damit lässt es der Autor nicht bewenden, sondern fragt sich im dritte Unterkapitel, ob aus den Fallbeispielen generelle Systematisierungsansätze für die Anwendung abgeleitet werden können. Hierzu stellt er einen umfangreichen Kriterienkatalog zur Projektkategorisierung vor, aus der dann entsprechende PM-System Adaptionen abgeleitet werden können.

Im folgenden Kapitel 6 gehts um die “Implementierung des Lean Project Management”. Hier liefert Hüsselmann umfassende Gedanken zur erfolgreichen Implementierung und Nutzung von Lean Project Management, im Einzelprojekt oder als organisationale Einführung.

Kapitel 7 liefert einen Ausblick auf den Einsatz von Lean Project Management auf der Projekt-Portfolio Ebene. Hierbei geht es abschließend um die Frage der Steigerung von Agilität im Portfolio-Management sowie die Frage der Anwendung von Lean Konzepten und Methoden in diesem Bereich. 

Fazit: Aus meiner Sicht ein schönes, gut lesbares und prall gefülltes Buch zum Thema “modernes” Projektmanagement. Es richtet sich aus meiner Sicht weniger an Einsteiger, als an PM Profis, die ihren Horizont in Richtung aktuelle Entwicklungen erweiterter wollen. So finden sich erfahrene Projektleiter schnell in diesem Werk zurecht und können zahlreiche neuen Ideen mitnehmen. Auch wird im Buch deutlich, dass trotz akademisch sauberer Aufarbeitung viel Praxisexpertise und jahrelange Erfahrung beim Autor vorliegen. So sind die vorgestellten Ansätze einerseits sehr fundiert, andererseits aber auch sehr anwendungsorientiert aufbereitet. Auch Linien-Führungskräfte in einer Projektmatrix und Project Owner finden viele neue Ideen und Anregungen in diesem Buch. Alles in allem eine sehr gelungene uneingeschränkte Leseempfehlung!

Hüsselmann, Claus (2021). Lean Project Management. Hybride Methoden wertschöpfend anwenden. Schäffer-Poeschel: Stuttgart.

Anmerkung zur Transparenz: Das Buch wurde dem Autor dieses Artikels vom Verlag kostenlos zur Rezension zur Verfügung gestellt. Die Meinung des Autors ist hiervon jedoch nicht beeinflusst.