Digital Learning Experience - Volker Nürnberg - Rezension - xm-institute - Dr. Oliver MackHeute geht es um ein Buch aus dem Programm von Haufe, das neu erschienen ist. Sein Untertitel “Betriebliche Weiterbildung durch Blended Learning zukunftsfähig gestalten”verspricht ein Buch zu einem aktuellen Thema, gerade vor dem Hintergrund der aktuell noch immer nicht völlig überstandenen COVID-19 Pandemie. So erlebe ich in den letzten nunmehr fast zwei Jahren eine immer größere Offenheit zu neuen Formen des Betrieblichen Lernens und Blended Learning verspricht aus meiner Sicht auch nach der Pandemie ein wirksames Format zu bleiben. So bieten auch wir immer mehr Blended Formate an und so war ich auch gespannt auf dieses Buch. Der Autor Volker Nürnberg ist ein Praktiker mit vielfältiger Erfahrung, der seit nunmehr 2014 als selbstständiger Berater und Trainer arbeitet. Das Buch umfasst etwas über 300 Seiten, zu denen Haufe ergänzend über eine “Augmented Reality App” oder mit einem Code auf einer Website digitale Zusatzinhalte anbietet. In diesem Fall sind dies Links zu versteckten Youtube Videos des Autors. Das Buch gliedert sich in sieben Hauptkapitel das um ein achtes Kapitel mit Anwendungsfällen und Erfolgsgeschichten, ein Schlusswort, einen Anhang, Literatur-, Stichwort- und weiteren Verzeichnissen ergänzt wird.

Die Inhalte

Kapitel 1 führt in das Thema Nützlichkeit betrieblicher Weiterbildung ein. Dabei geht der Autor auch bereits auf den ersten Seiten kurz auf die Evaluierung von Weiterbildungsmaßnahmen und mögliche Optimierungspotenziale der Betrieblichen Weiterbildung als Grundlage der weitere Ausführungen ein.

Im zweiten Kapitel gehts dann um die veränderten Rahmenbedingungen des Lernens, sowie die Bedeutung und Potenziale der digitalen Weiterbildung. Hierzu führt der Autor die Ergebnisse zahlreicher Studien auf und stellt ebenso den Konnex zur Corona-Pandemie her, zeigt anhand von Beispielen Kostenvorteile auf und identifiziert aktuelle Herausforderungen bei der Einführung digitaler Lernformate. Ein großes Manko scheint die fehlende individuelle Betreuung bei vielen digitalen Formaten, was sich durch ein Blended Konzept beheben lässt.

Kapitel 3 beschäftigt sich dann mit der Frage “Wie funktioniert Lernen?”. Hier werden die Lernmodelle des Behaviourismus, Kognitivismus, Konstruktivismus und Konnektivismus näher vorgestellt und mit persönlichen Erfahrungen des Autors hinterlegt. Weiter geht es mit den drei Lernstilen und damit verbundenen Möglichkeiten von Lernangeboten. Weiter geht es mit den Themen Lerndesign, wie z.B. dem bekannten ADDIE-Modell oder dem 70-20-10 Modell aber auch weiteren Ansätzen, mit Lernmethoden (inklusive einer Sammlung guter Links mit Methodensammlungen) und abschließend mit Lernumgebung und Lernkultur. Dabei differenziert der Autor Lernformen wie Präsenz-Distanz, synchron-asynchron und passiv-interaktiv, Makro- und Micro-Learning. Das Kapitel beinhaltet meines Erachtens alle wichtigen Inhalte und kann so als gute theoretische Gundbasis für die weiteren Kapitel dienen. Eine schöne Sammlung und Aufbereitung zu diesem Thema.

Das vierte Kapitel steht unter dem Titel “Integriertes Lernen durch den Einsatz von Technologie”. Dabei gehts zunächst um eine kurze Geschichte der Wissensvermittlung – vom Pergament und Buchdruck, über die Schulpflicht bis hin zur betrieblichen Qualifizierung. Im zweiten Unterkapitel wird dann zum ersten mal das Thema “Blended Learning durch Technologieintegration” aufgegriffen, durch einen historischen Abriss verschiedener Technologien und Standards für digitale Lerninhalte. Dann gehts in einem dritten Unterkapitel um das “Lernen über das Internet” und Dinge wie MOOCs, Moodle und co. Im vierten Unterkapitel schließlich um einen Überblick zu relevanten Lerntechnoligen im Internet – von virtuellen Klassenräumen über Videokonferenzsysteme, Webinarlösungen bis hin zu Kollaborationswerkzeugen. Auch wenn dieser Teil vielleicht schnell aufgrund der Dynamik am Markt veralten wird, so gibt er aktuell einen super recherchierten Überblick über die wichtigsten Lösungen. Das fünfte Unterkapitel beschreibt drei mögliche Evolutionsstufen von eLearning in Unternehmen: von synchron/online-live über asynchron bis hin zu kooperativ. Unterkapitel 6 liefert einem Überblick zu verschiedenen Autorensystemen zur Erstellung von Lerninhalten, Unterkapitel 7 Anmerkungen zu Lernmanagementsystemen und 8 zu Anbietern von Kurs- und Contentmanagement. Alles in allem ein aktueller umfassender Überblick – wie gesagt momentan. Hier wäre vielleicht ein digitaler Zusatz-Inhalt mit einer Liste angebracht gewesen (aber auch mit Pflegeaufwand verbunden).

Im fünften Kapitel gehts um LXP – um die Learning Experience. Learning Experience Systeme bieten eine personalisierte Lernerfahrung für den einzelnen Nutzer. Elemente und ausgewählte Aspekte werden in diesem Kapitel dargestellt. Auch Aspekten wie Skill Mapping, Lernökosystemen oder dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz oder Virtual Reality werden Unterkapitel gewidmet. Aber auch Aspekte wie Storytelling oder Gamification, People Analytics bis hin zum Adaptive Learning und Talent Marketplace  dürfen nicht fehlen, um nur einige zu nennen.

Kapitel 6 stellt einen Exkurs dar: “Entwicklung und Konzentrationsprozesse im E-Learning-Markt”. Hier untersucht der Autor aktuelle Marktentwicklungen.

In Kapitel 7 schließlich geht es um die Einführung von digitalem oder integriertem Lernen in eine Organisation. Aspekte wie sinnvolle Themenfelder, erste Schritte, die monetäre Bewertung oder Förderugnsmöglkichkeiten werden ebenso besprochen, wie die Einführung der Technologie mit ihren Tücken wie Beraterzusammenarbeit, Kommunikation und Change oder die notwendige Akzeptanzschaffung.

Kapitel 8 schließlich hält acht kurze Fallstudien aus unterschiedlichen Unternehmen, wie Bayer, Festo oder Visa bereit.

Das Fazit

Dem Buch merkt man die Fleißarbeit an. Viele Quellen, wie Studien, Tools und Ansätze wurden zusammengetragen und zu einem großen Ganzen zusammengefügt, das aus meiner Sicht fast ein Standardwerk zum aktuellen Stand des digitalen Lernens sein könnte.  Der Autor schreibt sachlich aber angenehm leicht und stellt bereitwillig alle seiner Quellen auch in Form zahlreicher Links bereit. Ich kann das Buch allen Studenten, Experten, Trainern und Beratern empfehlen, die sich intensiver mit dem Thema digitales Lernen auseinandersetzen wollen. Dabei geht der Autor auch für Leser*innen mit wenig Vorwissen auf viele Aspekte ein und bietet auch für erfahrene Experten in diesem Gebiet die eine oder andere Idee oder noch unbekannte Quelle. Für mich trotz oder gerade wegen der Länge und des Umfangs mit 300 Seiten eine Leseempfehlung. Die Struktur erleichtert das Auffinden verschiedener Themenfelder und ermöglicht so das Überblättern von Aspekten, die man als Profi vielleicht schon kennt. Ein kleiner kritischer Aspekt: Wie bei vielen anderen Büchern mit diesem Angebot bin ich mir nicht sicher, ob die digitalen Zusatzinhalte hier in dieser Form nützlich sind und vom Leser auch angenommen werden. In diesem Fall handelt es sich um recht einfach aber nett produzierte Videos. Sie haben keine Studioqualität, was nicht schlimm ist, dennoch hätte man auf mehr Abwechlungreichtum und eine bessere Audioqualität achten können. Für mich bietet das Buch schon so viele Inhalte dass ich gut auf die Zusatzelemente hätte verzichten können. Aber das mag vielleicht an meinem individuellen Lese- und Lernverhalten liegen. Hier wäre ich auf Anmerkungen anderer Leser*innen neugierig. Oft fühlen sich die Inhalte für mich noch zu sehr als zum Schluss noch zu produzierendes “Pflicht Add-on” für den Verlag an, deren positive Aufwand-Nutzen Relation für Autor und Leser meiner Einschätzung nach nicht immer gegeben ist.

Nürnberg, Volker. (2021). Digital Learning Experience. Haufe: Freiburg.

Anmerkung zur Transparenz: Das Buch wurde dem Autor dieses Artikels vom Verlag kostenlos zur Rezension zur Verfügung gestellt. Die Meinung des Autors ist hiervon jedoch nicht beeinflusst.