Buchbesprechung – Jan Christopher Pries, Führung in Netzwerkorganisationen

Die Veröffentlichung von Pries beschäftigt sich mit dem größeren Kontext der Notwendigkeit von Organisationen, auf die zunehmende Umfeldkomplexität (siehe auch Mack, O. et al.(ed.) (2015), Management in a VUCA World) auch im Innen der Organisation reagieren zu müssen, so dass immer mehr Organisationen neben anderen Formen wie stärkerer Projektorientierung auch mit zunehmender Vernetzung in Form sogenannter Netzwerkorganisationen reagieren. Letztere und Führungsansätze im Kontext dieser Organisationsform sind der Fokus der Publikation, die gleichzeitig 2016 als Dissertation an der Universität Bremen an der Fakultät für Psychologie und Kognitionsforschung eingereicht wurde.

Konkret beschäftigt sich die Arbeit vor allem mit folgenden Forschungsfragen, denen Pries mit einem explorativen Ansatz nachgeht:

  • Was ist aus organisationspsychologischer Perspektive unter dem Begriff “Netzwerkorganisation” zu verstehen?
  • Welche Führungskonzepte erweisen sich in der Organisationsstruktur der Netzwerkorganisationen als adäquat?
  • Welche Führungskonzepte bringen Führungskräfte mit Netzwerkorganisationen in Verbindung?
  • Welche führungsspezifischen Kritikpunkte und Hoffnungen assoziieren Führungskräfte mit dem Organisationstyp der Netzwerkorganisation?

Pries gibt zunächst einen theoretischen Überblick über Theorien zu Netzwerkorganisationen und zugehörig adäquaten Führungskonzepten um dann tiefer aus organisationspsychologischer Sicht auf das Thema einzugehen. Dabei fokussiert er auf die Komplexitätstheorie der Führung. Anschließend arbeitet er drei unterschiedliche Führungsrollen heraus, die die Führung in Netzwerkorganisationen ausmachen: die administrative, adaptive und befähigende Führung. Alle drei zusammen ergeben in einer Art emergentem Phänomen die Führung in Netzwerkorganisationen. Gerade dieser Teil ist nicht nur für Wissenschaftler, sondern gerade auch für Praktiker relevant, die sich in Umfeldern dieser Organisationsform bewegen oder diese verstärkt einführen wollen. Er gibt wertvolle Hinweise und Ansätze zur Ordnung der eigenen Gedanken und Ausgestaltung der Führungsentwicklung in diese Richtung.

Im Anschluss erfolgt der empirische Teil der Arbeit, der mit Hilfe der RepGrid Methode umgesetzt wurde. Es wurden hierfür 250 deutsche Manager interviewed und deren Wahrnehmung von “Führung in Netzwerkorganisationen” erhoben. Auch dieser Teil ist für Praktiker interessant, da Assoziationen, Hoffnungen und Befürchtungen der Befragten zu verschiedenen Führungskonzepten gut zur Darstellung kommen und so auch als Basis zur Gestaltung von Führung und Führungsentwicklung dienen können. Das Buch schließt mit einer kritischen Würdigung.

Alles in allem aus meiner Sicht ein wertvolles und wichtiges Werk, das sich mit einer spezifischen “neuen Organisationsform”, der Netzwerkorganisation und deren Führung kritisch auseinandersetzt. Es hebt sich daher als wissenschaftliches Werk positiv von der aktuellen Vielfalt an Praktiker-Literatur zum Thema Agile Organisation und Neues Arbeiten ab. Es fokussiert in kompakter Weise auf theoriefundierte Aussagen in diesem Feld. Der enge Fokus auf Netzwerkorganisationen ist damit für Praktiker zugleich auch ein Nachteil, da andere neue Formen der Organisation aus der Untersuchung ausgegrenzt werden müssen, um eine ausreichende Tiefe zu erreichen. Die Lektüre der rd. 140 Seiten ist somit nicht nur für Wissenschaftler, sondern auch für Führungskräfte und HR Praktiker, die sich fundiert mit Führung in Netzwerkorganisationen befassen wollen wärmstens empfohlen.

Pries, J.Ch. (2017), Führung in Netzwerkorganisationen, Carl-Auer-Systeme: Heidelberg, 2017.