Führungskräfte sehen sich bereits heute aber vielmehr auch in Zukunft einer immer höheren Umweltkomplexität ausgesetzt. Neue Technologien entstehen und entwickeln sich in rasender Geschwindigkeit und Entscheidungen sind immer schneller zu treffen. Doch auch innerhalb der Unternehmen nimmt die Komplexität weiter zu. Getreu Ashby’s Law “Only variety absorbs variety!” entwickeln sich zunehmend mehrdimensionale Tensor Organisationen (als Weiterentwicklung der zweidimensionalen Matrix), mit mehreren gleichwertigen Hierarchielinien oder auch durch eine zunehmende Projektorientierung immer mehr temporäre formale und informelle Netzwerke, in denen sich Führungskräfte zurecht finden müssen. Am xm-institute beschäftigen wir uns seit der Gründung mit der Frage, wie Führungskräfte auch zukünftig mit diesen Bedingungen gut umgehen können und welche Tools hierzu hilfreich sind.

Zum Umgang mit Komplexität gibt Dave Snowden, wohl einer der populärsten Wissenschaftler auf dem Gebiet des Wissensmanagements und der organisationalen Komplexitätsforschung und als Erfinder des “Cynefin Frameworks” (https://de.wikipedia.org/wiki/Cynefin-Framework) einige gute Hinweise zu Unterscheidungsmerkmale von offensichtlichen, komplizierten, komplexen und chaotischen Zuständen. Komplexität zeichnet sich dadurch aus, dass Ursache-Wirkungsbeziehungen von Systemen nicht mehr klar erkennbar sind und daher ein vollständiges Verstehen nicht mehr möglich ist. Und damit gelingen auch keine sicheren Vorhersagen des Systemverhaltens mehr. Führungskräfte kennen die Situation, da Unternehmen als lebendige sozio-technische Systeme von komplexer Natur sind.

Als Umgang mit dieser Art von Situationen kann nur Experimentieren zu Lösungen führen, was sich auch in allen gerade gehypeten neuen Methoden wie Design Thinking zeigt. Schnelles ausprobieren, machen, testen ist gefragt. Doch wissen wir auch, dass hierzu eine Art zugrunde liegendes Modell, ein Mind Model äußerst hilfreich ist, um Experimente systematisch anzugehen und auszuwerten. Man bildet Hypothesen über das System, die Situation und macht sich so ein Bild, auch wenn man es eigentlich gar nicht kann… Diese Modelle bauen wir ständig in uns auf, um uns in einer komplexen Welt zurecht zu finden. Peter Senge (1990) beschreibt diese mentalen Modelle wie folgt: “Mental models are deeply held internal images of how the world works, images that limit us to familiar ways of thinking and acting. Very often, we are not consciously aware of our mental models or the effects they have on our behavior”. Das Problem mentaler Modelle ist, dass sie nie “die Wahrheit” abbilden und oft angepasst werden müssen, wenn sie die Realität nicht mehr gut abbilden. Dies kann allerdings oft gar nicht so leicht sein. Ein Vergleich kann mit dem Übergang vom geozentrischen zum heliozentrischen Weltbild gezogen werden: Für rund 1800 Jahre war das geozentrische Weltbild, bei dem die Erde als Mittelpunkt des Universums gesehen wurde, vorherrschend. Lange wurden immer kompliziertere mathematische Modelle entwickelt, um die Planeten- und Sternenbahnen erklären zu können, bis es dann letztlich vom heliozentrischen Weltbild abgelöst wurde, welches viele Berechnungen deutlich vereinfachte und später auch (wie wir heute wissen) eher der Realität entspricht.

SyStDoch nach diesem Ausflug in die Astrophysik zurück zum Führungsalltag in Organisationen. Wie beschrieben spielen auch hier mentale Modelle eine wesentliche Rolle. Sie geben dem Individuum Führungskraft Stabilität und Fundierung und als kollektive mentale Modelle Teams die Grundlage für ein gemeinsames Voranschreiten und wirksames Arbeiten. Mentale Modelle erlauben das “geistige Durchspielen” von zukünftigen Entwicklungen, quasi die Simulation verschiedener möglicher Zukünfte. In der BWL haben Simulationen eine lange Tradition. System Dynamics, Modellierung von Produktionssystemen und ähnliches unterstützen als quantitative Simulationsverfahren schon länger die finanz- und produktionsnahen Bereiche. In den eher “softeren” Umfeldern, wie Führung sind sie eher nicht vertreten. Ein Instrument, welches im “soften” psychotherapeutischen Ansatz bereits seinen festen Platz hat, im organisationalen Umfeld jedoch leider noch immer ein Schattendasein führt, sind (Struktur-)Aufstellungen. (zu Details siehe auch Mack, O. (2015), https://xm-institute.com/xm-blog/wofur-systemische-strukturaufstellungen/) Diese ermöglichen es jedoch elegant und einfach komplexe (soziale) Systeme zu simulieren. Das Mauerblümchen-Dasein ist eigenartig, sind Aufstellungen doch relativ unaufwändig aber doch sehr effektiv, um Systeme aus Organisationen, wie Team-, Hierarchie-, Projekt- oder Abteilungskonstellationen nachzustellen, Handlungsoptionen zu erproben und mögliche Szenarien zu sondieren. Hierbei repräsentieren Menschen die Elemente der betrachteten Fragestellungen, wie Mitarbeiter, Peers, Ziele, etc., die im Raum aufgestellt werden und so das mentale Modell derjenigen Person, die eine Fragestellung näher betrachten will, für diese selbst und für andere im Raum in Form der Struktur des Systems sichtbar macht. Diese Struktur kann dann umgestellt werden und so verschiedene andere Modelle und Strukturen “simuliert” werden. “Nachteil” des Verfahrens war es bisher, dass es vorrangig für konkrete Fragestellungen eines Auftraggebers eingesetzt werden konnte und vor allem für diesen Auftraggeber für seinen konkreten Sachverhalt Sinn machte. Schwieriger anwendbar war die Methode, um für mehrere Personen im Raum und generelle Themen das Simulationsverfahren so zu nutzen, dass alle Beteiligten hieraus in einer Art Lernsituation ohne konkrete Problemstellung einen nutzen daraus ziehen.

Hierfür wurden dann von Matthias Varga von Kibed und Insa Sparrer (SySt(r) Institut) sogenannte “prototypische Strukturaufstellungen”  entwickelt. Diese dienen dazu, auch ohne konkrete Problemstellung immer wiederkehrende oder eher generelle Themen in Workshops und Coaching sichtbar zu machen und zu simulieren. Typische Fragen im Teamkontext, wie zum Beispiel: “Eine neue Führungskraft kommt ins Team” oder “Ein Mitarbeiter wird zum Teamleiter ernannt” oder “Zwei Teams werden zu einem integriert”, können mit dieser Methode gemeinsam betrachtet, analysiert und simuliert werden. Dies geht oft deutlich schneller als bei anderen Methoden und der Lernerfolg für die Teilnehmer an Workshops ist deutlich höher. Auch im Coaching können Themen oder Situationen “gefahrlos” vorab simuliert und getestet werden, was dann in der Realsituation zu einem hohen Erinnerungswert und damit nützlichem Handeln anregt. Das Tool ist somit für Berater wie Führungskräfte, die eine neue Methode suchen, wirksam und schnell komplexe soziale Konstellationen besser zu verstehen und nützlicher zu handeln, gleichermaßen geeignet.

Da wir uns am xm-institute schon länger mit diesen Themen und Verfahren beschäftigen, haben wir eine Beraterin und Praxis-Expertin für (prototypische) Strukturaufstellungen im Business Kontext zu einem zweitägigen Workshop nach Wien eingeladen (30.11.17-01.12.17). Elisabeth Ferrari ist langjährige Beraterin und Expertin zum Thema Strukturaufstellungen. Wer mehr über dieses innovative Verfahren der prototypischen Strukturaufstellungen im Geschäftsalltag erfahren möchte ist herzlich eingeladen. Es sind noch ein paar (wenige) Plätze frei. Weitere Informationen finden Sie auf der xm-institute Website hier: https://xm-institute.com/event/business-tool-lab-prototypische-strukturaufstellungen/

Da sich das xm-institute als Community für Management & Leadership in der nächsten Gesellschaft versteht, bieten wir den Workshop mit Kostendeckung zu einem attraktiven Teilnahmebeitrag an. Auch versuchen wir in Zukunft immer wieder spannende Referentinnen und Referenten aus aller Welt nach Österreich zu bringen und offen auf Resonanz von unserer Community. Sollten sie Personen kennen, die an diesem oder anderen Workshops Interesse haben können würden wir uns über eine Empfehlung sehr freuen, um unsere Idee auch in Zukunft weiterverfolgen zu können. Danke.

Rosner, S. (2014). Systeme in Szene gesetzt: Organisations-und Strukturaufstellungen als Managementinstrument und Simulationsverfahren. Springer-Verlag: Wiesbaden.

Senge, P.M. (1990). The Fifth Discipline: The Art and Practice of the Learning Organization, NY: Doubleday Currency

Sparrer, I. (2010). Einführung in die Lösungsfokussierung und Systemische Strukturaufstellungen, 2. Auflage, Carl-Auer Heidelberg 2010.

Mack, O. (2015). Wofür Systemische Strukturaufstellungen, xm-institute Blog, https://xm-institute.com/xm-blog/wofur-systemische-strukturaufstellungen/