196Forscher an der University of Southern California haben ein wiss. Paper veröffentlicht, das ein Phänomen untersucht, das wir alle kennen und bringen damit wohl ein wenig Licht ins Dunkel bei der Frage: Warum verbreiten sich in sozialen Netzwerken einige Dinge wie ein Lauffeuer, andere aber verpuffen im Nichts.

In ihrem Paper bei arXiv analysieren Kristina Lerman, Xiaoran Yan und Xin-Zeng Wu das Phänomen und kommen zu interessanten Ergebnissen, die auch für das Management von Change Prozessen eine große Bedeutung haben könnte:

Der Einzelne hat in einem sozialen Netzwerk i.d.R. nicht den Überblick über alle Akteure und das Geschehen im Netzwerk, sondern ist anstelle des globalen Überblicks stark auf das Geschehen und Informationen aus seiner lokalen Perspektive angewiesen. Die Autoren nennen dieses Phänomen die “Mehrheitsillusion”.

In sogenannten scale-free networks (Kleine-Welten-Netzwerke), die i.d.R. sehr gut die Struktur von natürlich gewachsenen sozialen Netzwerken beschreiben, wie sie auch in Kommunikationsstrukturen von Unternehmen vorkommen, sind die Verbindungen zwischen den Knoten bzw. Akteuren nicht gleichverteilt. Vielmehr gibt es einige wenige mit sehr vielen Verbindungen zu anderen und Viele mit sehr wenigen. Dies kennen wir auch aus eigener Erfahrung aus Unternehmen: Es gibt es in Unternehmen immer wenige wichtige, oft versteckte Schlüsselpersonen, die im Unternehmen sehr gut vernetzt sind. Diese sind oft nicht mit der offiziellen Hierarchie identisch.

Durch die Ungleichverteilung der Verbindungen entsteht eine Art Freundes-Paradoxon: Der Durchschnitt der Anzahl der Netzwerkpartner scheint höher als die tatsächliche Anzahl der eigenen Netzwerkpartner. Anhand von zwei Netzwerken mit 14 Knoten zeigen die Autoren das Phänomen und seine dahilterliegenden Mechanismen auf. In der Praxis ist dies insofern relevant, als dass es Situationen geben kann, in denen der Einzelne Meinungen und Aktivitäten im Netzwerk als bedeutend umfangreicher und deutlicher wahrnimmt, als dies tatsächlich der Fall ist. Dieses Phänomen kann für die gezielte Steuerung von Netzwerken als Risiko oder Chance verstanden werden.

Der Effekt der Mehrheitsillusion ist stark von der Netzwerkstruktur abhängig und lässt sich für Netzwerke bestimmen, um so das Risiko und Größe des Effektes abzuschätzen. In Changeorhaben in Organisationen ermöglicht dieses Wissen die Abschätzung ob sich Gerüchte aber auch die gewünschten zukünfitgen Zustände im Netz verbreiten und verankern.

Im xm-institute beschäftigen wir uns auch schon seit längerem mit der Organisationalen Netzwerkanalyse im Zusammenhang mit Change Management in Unternehmen. Die Erkenntnisse helfen uns Veränderungsprozesse schneller und wirksamer zu gestalten.

Quelle und weitere Details: Kristina Lerman, Xiaoran Yan und Xin-Zeng Wu, The Majority Illusion in Social Networks, arXiv:1506.03022