Ein Beitrag von unserem Gastblogger Patrick Rammerstorfer

Dass Unternehmen gezwungen sind, sich mit ihrer gesellschaftlichen Verantwortung auseinanderzusetzen, ist nichts grundlegend Neues. Doch die aktuellen Umstände unserer Zeit und die divergierenden Anforderungen diverser Anspruchsgruppen gestalten es sehr herausfordernd für Organisationen, adäquate Antworten und Maßnahmen auf die Fragen zur Nachhaltigkeit zu finden.

Die gesamte Verantwortung für Nachhaltigkeit der Politik zuzuschieben, funktioniert nicht mehr. Profit-Organisationen sind durch den Strukturwandel der Globalisierung und der völligen Vernetzung von Politik, Gesellschaft und Wirtschaft mehr denn je in der Verantwortung. Unternehmen haben bei der Lösung von multinationalen Problemen im 21. Jahrhundert eine Schlüsselrolle. Und aktuelle und zukünftige Führungskräfte sitzen dabei an den Steuerhebeln.

Ökologisch, ökonomisch und sozial gerecht, arbeiten wohl nur wenige Tausend Unternehmen im deutschsprachigen Raum. Es drängt sich also die Frage auf, warum (noch) so wenige Unternehmen ihre gesellschaftliche Verantwortung wahrhaftig wahrnehmen.

CSR - Tripple Bottom Line

Nach dem aktuellen Sachstandsbericht des Weltklimarats bleibt nur wenig Zeit, um die globale Erwärmung in der noch beherrschbar geltenden Grenze von durchschnittlich zwei Grad zu halten. Dass diese massive ökologische Veränderung drastische Auswirkungen auf uns alle, aber auch auf die Ökonomie haben wird, ist kaum von der Hand zu weisen.

Der weltweit ungleich verteilte Wohlstand führt zu weiteren Spannungen, die sich nicht mehr Tausende Kilometer von uns entfernt entladen und uns somit gefühlt „nichts angehen“. Die Finanz- und Wirtschaftskrise der letzten Jahre hat diesen Umstand nach Europa verlegt und die (politischen) Krisen in Nordafrika und im arabischen Raum führen zu einem massiven Flüchtlingsstrom gen Europa, der zu weiteren Herausforderungen und Spannungen in unserem Wirtschafts- und Lebensraum führt. Krisenherde wie die Ukraine, Syrien, der Irak oder Eritrea und ihre nicht vorhersehbare Entwicklung sorgen für schweres menschliches Leiden und für eine verstärkte Dynamik in Europa. Das Wort Wirtschaftssanktionen ist wieder salonfähig geworden und die Auswirkungen auf viele Unternehmen und die europäische Energiesicherheit sind noch nicht abzusehen. Die Politik scheint mit diesen Herausforderungen überfordert, die Unternehmen müssen dazu in die Verantwortung gehen.

Darüber hinaus ist die Welt für Unternehmen auch so dynamischer, komplexer und unberechenbarer geworden (siehe die Blog-Artikel von Oliver Mack).

Die Globalisierung und ihre immense Wettbewerbsdynamik, die starken Innovationsschübe in den Informations- und Kommunikationstechnologien, die Auswirkungen des demografischen Wandels und weitere gesellschaftliche Umbrüche sind ein starker Nährboden für Unsicherheit, Unberechenbarkeit und Unplanbarkeit für Unternehmen.

Es ist somit erkennbar, dass der nicht unmittelbar wirtschaftsbezogene gesellschaftliche Kontext für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen viel bedeutsamer geworden ist. Das künftige Schicksal von Unternehmen liegt nicht mehr nur in der Wirtschaft alleine, sondern in der Bewährung in anderen gesellschaftlichen Kontexten, die mitentscheiden, ob man noch erfolgreich am Markt ist.

All diese unterschiedlichen Entwicklungen sind der Grund, warum seitens der Unternehmen der „Gesellschaftlichen Verantwortung von Organisationen“ viel mehr an  Aufmerksamkeit geschenkt werden muss. Und zwar nicht als „grünes Mascherl“, sondern durch glaubwürdiges und entschlossenes Handeln des Managements, um einen Beitrag zu einer nachhaltigen Zukunft und somit zur eigenen Zukunftsfähigkeit zu liefern.

Das Thema kann nicht an eine Stabstelle oder womöglich sogar ans Marketing ausgelagert werden, sondern muss als eine neue Disziplin des Managements verstanden werden, um damit selbst zum nachhaltigen Erfolg des Unternehmens beitragen zu können.

Damit die CSR-Aktivitäten eines Unternehmens nicht nur die Funktion eines „grünes Mascherls“ erfüllen, ist es vonnöten sich dem Thema auch über ein einfaches, theoretisches Modell anzunähern.

Das Vier-Ebenen-Modell wurde von Archie B. Carroll wurde bereits 1979 veröffentlicht und ist auch heute noch gut geeignet, um die Zusammenhänge der einzelnen Ebenen unternehmerischen Handelns aufzuzeigen. Und somit auch die Möglichkeiten für Unternehmen verantwortlich zu handeln.

CSR - Vier Ebenen Modell

  • Die ökonomische Verantwortung besagt, dass ein Unternehmen mindestens kostendeckend wirtschaften muss.
  • Gesetzliche (legale) Verantwortung besagt, dass ein Unternehmen keinen illegalen Tätigkeiten nachgehen darf und die gesetzlichen Bestimmungen befolgen muss.
  • Ethische Verantwortung beschreibt die Anforderung an das Unternehmen fair und ethisch über die bestehenden Gesetze hinaus zu handeln
  • Die vierte Ebene wird als philanthropische Verantwortung bezeichnet, sie beschreibt kreatives gesellschaftliches Engagement über die gesellschaftlichen Erwartungen hinaus.

Die ersten beiden Ebenen muss ein Unternehmen grundsätzlich einhalten, um bestehen zu können, diese sind gesellschaftlich gefordert. Die dritte Ebene des sittlichen Handelns ist notwendig, um gesellschaftlich akzeptiert zu sein, sie ist jedoch nicht zwingend erforderlich, also gesellschaftlich erwartet. Die vierte Ebene ist rein freiwillig, jedoch gesellschaftlich gewünscht.

Ein ganzheitlicher CSR-Ansatz für Unternehmen umfasst prinzipiell alle vier Stufen. Das Vier-Stufen-Modell differenziert jedoch nicht nach ökologischen oder sozialen Aspekten, darüber hinaus besteht die Problematik, eine gemeinsame Erwartungshaltung aus einer modernen Gesellschaft ableiten zu können.

Dennoch werden Unternehmen heute als aktiver Teil der Gesellschaft betrachtet, die zum Wohlstand beitragen und gleichzeitig von sozial stabilen Gesellschaften und einem stabilen Öko-System profitieren.

Und wir gehen davon aus, dass Unternehmen, die sich nicht intensiv mit der Materie beschäftigen, ökonomisch und sozial (z.B. beim Recruiting) weniger erfolgreich sein werden. Da eine große geschäftliche Chance im Bereich der Nachhaltigkeit liegt.

Dazu hilft vielleicht auch die Studie „The Innovation Bottom Line“ von MIT (Massachusetts Institute of Technology) und der Boston Consulting Group.

Die Kernaussage der 2013 veröffentlichten Studie  ist: „Nachhaltigkeit zahlt sich aus – Bereits 50 % der Unternehmen richten ihr Geschäftsmodell auf Nachhaltigkeit aus“.

Nachstehend einige interessante Erkenntnisse aus dieser Studie, die auf 2.600 Interviews mit Führungskräften von Unternehmen auf der ganzen Welt basieren:

  • 2012 gaben 37 % der Unternehmen an, von ihren Aktivitäten im Nachhaltigkeitsbereich zu profitieren, 2011 waren dies nur 23 %.
  • Die Hälfte der Unternehmen (20 % mehr als 2011) richten ihr Geschäftsmodell auf Nachhaltigkeit aus, weil sie darin ganz klare Chancen (“sustainability opportunities”)
  • 50 % gaben an, dass sie durch die nachhaltige Ausrichtung von 3 bis 4 Geschäftspraktiken profitierten, wohingegen 60 % angaben, erst durch die Integration von Nachhaltigkeit als fixen Managementbestandteil zu profitieren.
  • Nachhaltige Geschäftsstrategien dienen dabei der Einsparung von Kosten genauso wie der Erfüllung der Konsumentenbedürfnisse. Laut Studie achten besonders europäische Kunden beim Einkaufen auf Nachhaltigkeitsaspekte. Interner Druck kommt zudem von Seiten der MitarbeiterInnen.

Das Fazit der Studie lautet, dass Nachhaltigkeit für Unternehmen im Prinzip eine Notwendigkeit ist. Bei intensiver Beschäftigung und Integration in das Managementsystem ergeben sich aber zahlreiche weitere Chancen. Somit stützen die Studienergebnisse die Arbeiten von Michael Porter zur Sozialen Wertschöpfungskette.

Gefordert sind also die Führungskräfte eines Unternehmens sich dem Thema anzunehmen. Einerseits weil kein Unternehmen ein gallisches Dorf ist, das die Veränderungen in der ökologischen und sozialen Landschaft nicht zu spüren bekommt. Und andererseits, weil es in Zeiten vieler, gesättigter Märkte einen veritablen Vorteil im Wettbewerb bieten kann. Zumindest dann, wenn man sich intensiv damit auseinandersetzt und es schafft CSR in seine Wertschöpfungskette und auch ins tägliche Handeln integrieren zu können.


Quellen:

bcg perspectives: CSR & Innovation – Studie von Boston Consulting Group & MIT Sloan Management Review. The Innovation Bottom Line, 2013.

Carroll, Archie B.: Business & Society Ethics and Stakeholder Management, 9. Auflage, Cengage Learning, 2014