Heute füllen wir diese Rubrik mit einer Buchbesprechung, die sich eher um “Grundlagen” zu den aktuell diskutierten neuen Formen von Organisation und Organisationsdesign dreht:

Brucker, Beatrice. Organisationales Vertrauen initiieren. Springer 2016

Brucker, Organisationales Vertrauen initiieren - Buchrezension - xm-institute - Dr. Oliver MackDie Dissertation von Beatrice Brucker beschäftigt sich mit einem insofern wichtigen Thema, als dass es sich um organisationales Vertrauen als Variable und Währung handelt, die in nicht-hierarchischen Führungsstrukturen und netwerkartigen Arrangements neben Macht eine bedeutende Rolle spielt.

Die Arbeit beginn zunächst mit Grundlagen zur Begrifflichkeit und Modellen zum Thema Vertrauen. Interessant ist die Herausarbeitung von wichtigen Eigenschaften von Vertrauen. Dies sind vor allem (Brucker, 2016, S. 7 ff.):

  • Risiko, das der Vertrauende eingeht, und das enttäuscht werden kann
  • Positive Zukunftserwartung des Vertrauensgebenden, dass der Vertrauensnehmer die Situation nicht ausnutzt.
  • Interaktion und Reziprozität der Beziehung sowie
  • die Reduktion von Komplexität durch Vertrauen.

In ihrer weiteren Darstellung wird deutlich, dass Vertrauen i.d.R. heute nicht mehr als personelle Eigenschaft, sondern vielmehr aus dem Zusammenspiel zwischen mindestens zwei Akteuren und dem Kontext/ der Situation gesehen werden kann. Schließlich trifft Brucker eine wichtige Differenzierung, die zwischen persönlichem Vertrauen und Systemvertrauen. Da oft die Person selbst nicht bekannt ist, z.B. macht sie dies an einer Zugfahrt und dem Zugführer deutlich, so kann in diesem Falle als Substitut ein Systemvertrauen in die Bahn als solche herangezogen werden, ohne bereits selbst individuelle Erfahrungen mit einer konkreten Person gemacht haben zu müssen. Unter dem Begriff des Organisationalesn Vertrauens fasst sie die personelle und systemische Elemente im Rahmen eines betriebswirtschaftlichen Fokus zusammen. (Brucker, 2016, S. 26)

In einem zweiten Teil geht es um itraorganisationale Vertrauenswürdigkeit als Konstrukt in Unternehmen. Dabei untersucht Brucker verschiedene Facetten intraorganisationalem Vertrauens als das Verauen der Mitarbeiter in ihr Unternehmen. Sie kommt zu dem Schluss, dass diese Thematik bisher in der wissenschaftlichen Literatur nur wenig Beachtugn gefunden hat.

Im empirischen Teil untersucht Brucker daher dann die Determinanten intraorganisationaler Vertrauenswürdigkeit in der frühen Beschäftigungsphase, also kurz: Welche Faktoren beeinflussen bei neuen Mitarbeiter die Vertauenswürdigkeit einer Organisation zu Beginn ihrer Tätigkeit. Ein wichtiger Aspekt, der durch die Studie bestätigt wurde, ist die Bedeutung dass das Unternehmen in frühen Phasen der Beschäftigung Vertrauen zeigt, aus dem heraus sich dann eine wechselseitige Vertrauensbeziehung aufbauen kann. (Brucker, 2016, S. 255 ff.) Die Übertragung vertrauensvoller Aufgaben kann hier ebenso beitragen, wie der Verzicht auf Überwachung der eingebrachten Arbeitszeit. Auch interessant an der Studie ist der Versuch einer temporalen Analyse des Vertrauens in Form einer Vertrauenskurve über die Zeit. Hier zeigt sich, dass sich die Vertrauenswürdigkeit bereits deutlich vor dem Eintritt in die Organisation bildet und sich direkt nach dem Eintritt in den ersten Wochen signifikant formt.

Das Buch ist in mehrfacher Hinsicht lesenswert: Zum einen nehmen die Akquisitionskosten von herausragenden Mitarbeitern immer mehr zu. Vertrauen in die Organisation kann, wenn es als wichtige Determinante der Loyalität von Mitarbeitern in der Organisation gesehen wird, entscheidend für die Verweildauer in einer Organisation sein, so dass die Untersuchung interessante Hinweise für HR bereithält. So gibt die Atorin Hinweise, in welchen Phasen der frühen Beschäftigung von Mitarbeitern welche Maßnahmen und Ideen hilfreich sein könnten, um die Vertrauensbeziehung zu stärken. Sie macht abschließend deutlich, dass Vertrauen zwischen Organisation nicht zufällig entsteht, sondern durch entsprechende Maßnahmen in Form personellen und systemischen Vertrauens nachhaltig gestärkt werden kann. Zum anderen liefert es in seinem Grundlagenteil kompakte Hinweise zum aktuellen Stand de Forschung im Bereich Vertrauen in Organisationen.